Strategie der Liebe
in einem Kolleg über allgemeine Lygiene. Nagle sie auf
dieses Thema fest, alter Junge. Sie beißt an, so sicher, wie
zwei mal zwei vier ist!"
*
„Guten Tag, Fräulein Peukert," sagte Oswald Schu-
macher schüchtern aus dem Flur der Universität.
„O — guten Tagl Wir haben uns ja lange nicht ge-
sehen! Wie blaß Sie sind! . . . Und wie fein Sie sich ge-
macht haben. Wollen wir nicht ein wenig an die frische
Luft gehen?"
Sie gingen spazieren. Kathrin hängte sich in seinen Arm.
„Jetzt handeln," dachte Schumacher, während er blind-
lings durch die Frühlingspfützen platschte.
„Sie sind ja heute so schweigsam," sagte Kathrin, nach-
dem sie sich auf einer Bank am Wege niedergesetzt hatten,
„sagen Sie doch irgend etwas."
„Die Gesundheit," begann Otto krampfhaft, — „ist ein
gewaltiger Faktor-"
„Ja," stimmte Kathrin zerstreut zu. „Aber da fällt mir
doch gerade ein: Sie sind mir heute Nacht im Traum er-
schienen und — merkwürdig — Sie ließen sich mit meiner
Freundin trauen ..."
„Eine Ehe ohne Lygiene ist undenkbar," fuhr Oswald
mit strenger Miene fort. „Der Gesundheitszustand von
Mann und Weib ist — ist — nun ja — ein gewaltiger
Faktor!"
Kathrin rückte etwas ab. „Sind Sie wirklich davon
durchdrungen, daß Gesundheit ein gewaltiger Faktor ist?"
fragte sie endlich mit leisem Spott.
„Vollkommen!" rief Oswald voller Aeberzeugung aus.
„Dann — gratuliere ich Ihnen! Auf Wiedersehen! —
Nein danke, nicht nötig, mich zu begleiten!"
„Sie beißt nicht an," sagte Oswald traurig zu Knut.
Nicht einmal reden wollte sie mit mir. Ging fort. Sagte,
ich solle sie nicht begleiten, und kämpfte doch, wie mir
schien, mit Tränen."
„Worüber hast du dich denn mit ihr unterhalten?"
„Aeber allgemeine Lygiene."
„Na, meinen Glückwunsch, Anseliger! Solch ein Esel, wie du es
bist, kann ein Mädchen ja auch nur zum Weinen bringen. Weißt du
auch, warum sie geweint hat? Deshalb, Bruder, weil ich heute in
ihren Länden ein Buch über das Liebesleben der Bienen sah, ein
Stoff, der sie augenblicklich ganz gefangen genommen hat. Du aber
faselst ihr etwas von Gesundheitsämtern vor!"
„Wie? — Das hast du gesehen? — Das las sie?"
„So wahr ich Augen im Kopfe habe!"
„Knut, ich muß schnurstracks in die Bibliothek, um mir das Buch
zu beschaffen."
Langsam glitt da? Boot vom Äser und schaukelte auf der sonnigen
Wafferbahn. Kathrin saß am Steuer, Oswald handhabte die Ruder.
Er schluckte ein paar Mal und begann: „Was ist Ehe? Ein Aeber-
bleibsel alter Ansitten, der Menschheit droht Gefahr an der dumpfen
Atmosphäre des häuslichen Lerdes zu ersticken. Ehe ist Liebe, ge-
knebelt durchs Standesamt..."
„Drehen Sie bei," befahl Kathrin trocken, „ich muß heim."
„Man muß die Blüten aussaugen, wie die Bienen, so lange sie
— — " murmelte der Student verwirrt, indem er gehorsam ans
Äser lentte.
„Leben Sie für immer wohl," sagte Kathrin mit Festigkeit, „und
bitten Sie mich niemals mehr, Wasserfahrten mit Ihnen zu unter-
nehmen. Gehen Sie nach Lause und befassen Sie sich mit den Ehe-
problemen von Australiern und Südseeinsulanern. Ihre gesammelten
Erfahrungen dürfen Sie mir hernach schriftlich unter Quellenangabe
zustellen. La, ha, ha!"
Philologe im Regen
„Nicht schimpfen, Lilli! Lumor heißt auf deutsch Feuchtigkeit."
„Na, ich bin mehr für trocknen Lumor."
And Kathrin rannte fort, unerklärlicherweise das Gesicht im
Schnupftuch bergend.
„Ich — ich — begreife nicht —" flüsterte Oswald, ihr nachschauend.
And da erblickte er — ja, jetzt sah er es: eine lange Flucht licht-
grüner Birken und ihr Spiegelbild im Fluß, einen Limmel voller
weißer Wolken und das weißflimmernde Kleid Kathrins... Da
ging ihm auf-daß Frühling war.
„Lols der Teufel!" rief er aus und stürmte ihr nach. „Noch ist
nicht alles verloren!"
„Fräulein Peukert," stammelte er atemlos, „hören Sie, Kathrin!
ich bin mit Ihnen ganz einer Meinung ... Fort mit der Lygiene!...
Zum Kuckuck mit der Naturwissenschaft! . . . Ich pfeife auf diese
Fesseln des häuslichen Lerdes! ... Ich — Fräulein Peukert —
liebe Sie! . . . Wollen Sie mich heiraten? . . . Kathrin, darf ich
dich küssen-?"
And da küßten sie sich im Frühling.
Kahenparadies
„Donnerwetter, habt ihr aber viel Katzen in eurem Laus!"
„Ja, es ist die reinste Miezkaserne."
„Ä)issen Sie, wo am meisten gelogen wird?"
„Rein." — „Bei den Wahrsagern!"
Emmy ist von dem schönen Ring im Schaufenster begeistert.
„Ach, bitte, Ernst, kaufe ihn mir doch!" bettelt sie.
„Ausgeschlossen! — And wenn du dich auf den Kopf stellst, ich
kaufe ihn nicht!"
Da sagt ein Lerr, der ebenfalls die Auslagen betrachtet: „Wenn
Sie das machen, meine Dame, kaufe ich Ihnen den Ring!"
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in einem Kolleg über allgemeine Lygiene. Nagle sie auf
dieses Thema fest, alter Junge. Sie beißt an, so sicher, wie
zwei mal zwei vier ist!"
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„Guten Tag, Fräulein Peukert," sagte Oswald Schu-
macher schüchtern aus dem Flur der Universität.
„O — guten Tagl Wir haben uns ja lange nicht ge-
sehen! Wie blaß Sie sind! . . . Und wie fein Sie sich ge-
macht haben. Wollen wir nicht ein wenig an die frische
Luft gehen?"
Sie gingen spazieren. Kathrin hängte sich in seinen Arm.
„Jetzt handeln," dachte Schumacher, während er blind-
lings durch die Frühlingspfützen platschte.
„Sie sind ja heute so schweigsam," sagte Kathrin, nach-
dem sie sich auf einer Bank am Wege niedergesetzt hatten,
„sagen Sie doch irgend etwas."
„Die Gesundheit," begann Otto krampfhaft, — „ist ein
gewaltiger Faktor-"
„Ja," stimmte Kathrin zerstreut zu. „Aber da fällt mir
doch gerade ein: Sie sind mir heute Nacht im Traum er-
schienen und — merkwürdig — Sie ließen sich mit meiner
Freundin trauen ..."
„Eine Ehe ohne Lygiene ist undenkbar," fuhr Oswald
mit strenger Miene fort. „Der Gesundheitszustand von
Mann und Weib ist — ist — nun ja — ein gewaltiger
Faktor!"
Kathrin rückte etwas ab. „Sind Sie wirklich davon
durchdrungen, daß Gesundheit ein gewaltiger Faktor ist?"
fragte sie endlich mit leisem Spott.
„Vollkommen!" rief Oswald voller Aeberzeugung aus.
„Dann — gratuliere ich Ihnen! Auf Wiedersehen! —
Nein danke, nicht nötig, mich zu begleiten!"
„Sie beißt nicht an," sagte Oswald traurig zu Knut.
Nicht einmal reden wollte sie mit mir. Ging fort. Sagte,
ich solle sie nicht begleiten, und kämpfte doch, wie mir
schien, mit Tränen."
„Worüber hast du dich denn mit ihr unterhalten?"
„Aeber allgemeine Lygiene."
„Na, meinen Glückwunsch, Anseliger! Solch ein Esel, wie du es
bist, kann ein Mädchen ja auch nur zum Weinen bringen. Weißt du
auch, warum sie geweint hat? Deshalb, Bruder, weil ich heute in
ihren Länden ein Buch über das Liebesleben der Bienen sah, ein
Stoff, der sie augenblicklich ganz gefangen genommen hat. Du aber
faselst ihr etwas von Gesundheitsämtern vor!"
„Wie? — Das hast du gesehen? — Das las sie?"
„So wahr ich Augen im Kopfe habe!"
„Knut, ich muß schnurstracks in die Bibliothek, um mir das Buch
zu beschaffen."
Langsam glitt da? Boot vom Äser und schaukelte auf der sonnigen
Wafferbahn. Kathrin saß am Steuer, Oswald handhabte die Ruder.
Er schluckte ein paar Mal und begann: „Was ist Ehe? Ein Aeber-
bleibsel alter Ansitten, der Menschheit droht Gefahr an der dumpfen
Atmosphäre des häuslichen Lerdes zu ersticken. Ehe ist Liebe, ge-
knebelt durchs Standesamt..."
„Drehen Sie bei," befahl Kathrin trocken, „ich muß heim."
„Man muß die Blüten aussaugen, wie die Bienen, so lange sie
— — " murmelte der Student verwirrt, indem er gehorsam ans
Äser lentte.
„Leben Sie für immer wohl," sagte Kathrin mit Festigkeit, „und
bitten Sie mich niemals mehr, Wasserfahrten mit Ihnen zu unter-
nehmen. Gehen Sie nach Lause und befassen Sie sich mit den Ehe-
problemen von Australiern und Südseeinsulanern. Ihre gesammelten
Erfahrungen dürfen Sie mir hernach schriftlich unter Quellenangabe
zustellen. La, ha, ha!"
Philologe im Regen
„Nicht schimpfen, Lilli! Lumor heißt auf deutsch Feuchtigkeit."
„Na, ich bin mehr für trocknen Lumor."
And Kathrin rannte fort, unerklärlicherweise das Gesicht im
Schnupftuch bergend.
„Ich — ich — begreife nicht —" flüsterte Oswald, ihr nachschauend.
And da erblickte er — ja, jetzt sah er es: eine lange Flucht licht-
grüner Birken und ihr Spiegelbild im Fluß, einen Limmel voller
weißer Wolken und das weißflimmernde Kleid Kathrins... Da
ging ihm auf-daß Frühling war.
„Lols der Teufel!" rief er aus und stürmte ihr nach. „Noch ist
nicht alles verloren!"
„Fräulein Peukert," stammelte er atemlos, „hören Sie, Kathrin!
ich bin mit Ihnen ganz einer Meinung ... Fort mit der Lygiene!...
Zum Kuckuck mit der Naturwissenschaft! . . . Ich pfeife auf diese
Fesseln des häuslichen Lerdes! ... Ich — Fräulein Peukert —
liebe Sie! . . . Wollen Sie mich heiraten? . . . Kathrin, darf ich
dich küssen-?"
And da küßten sie sich im Frühling.
Kahenparadies
„Donnerwetter, habt ihr aber viel Katzen in eurem Laus!"
„Ja, es ist die reinste Miezkaserne."
„Ä)issen Sie, wo am meisten gelogen wird?"
„Rein." — „Bei den Wahrsagern!"
Emmy ist von dem schönen Ring im Schaufenster begeistert.
„Ach, bitte, Ernst, kaufe ihn mir doch!" bettelt sie.
„Ausgeschlossen! — And wenn du dich auf den Kopf stellst, ich
kaufe ihn nicht!"
Da sagt ein Lerr, der ebenfalls die Auslagen betrachtet: „Wenn
Sie das machen, meine Dame, kaufe ich Ihnen den Ring!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Philologe im Regen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1940
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1950
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 192.1940, Nr. 4951, S. 291
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg