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( )
Der Kiesel
Von Peter Robinson
Theater ist eine Diebshöhlei Mein Kiesel ist verschwundenl Futsch
ist er!"'
„Aber lieber Stolz, in meinem Theater wird doch nicht gestohlen!"
begütigt Direktor Puppel. „Da wird nur manchmal etwas unter-
schlagen — bei einem Klassiker oder bei einem Komponisten. And wer
wird einen Kiesel stehlen?"
„Aber er ist futsch! Leute Vormittag nach der Probe habe ich
ihn hier neben meinen Schminkkasten gelegt."
„Vielleicht hat ihn die Reinmachefrau weggenommen - was weiß
ich! Lieber Stolz, was liegt an dem Kiesel?"
„Oho, ohne den Kiesel kann ich nicht Richard III. spielen. Sagen
Sie die Vorstellung ab, Lerr Direktor!"
„Seien Sie doch nicht so abergläubisch, lieber Stolz! Der Kiesel
war wohl so eine Art Talisman, nicht wahr? Es wird auch ohne
gehn. Dann klopfen Sie eben an Lolz oder spucken dreimal aus oder
machen sonst eine Zauberei."
„Quatsch, ich bin nicht abergläubisch; von Talisman war nicht
die Rede," brüllt Emanuel Stolz. „Es war ein herrlicher Kiesel. Er
war nicht zu groß und nicht zu winzig; er war nicht scharfkantig —
Drei Jahre lang ist Emanuel Stolz Mitglied des „Stadttheaters".
Er kann etwas, er kann sogar viel, und deshalb ist er jetzt an eine
sehr bedeutende Bühne engagiert worden.
Leute tritt Emanuel Stolz zum letzten Male im „Stadttheater"
auf — als Richard III. Das Laus ist ausverkauft, denn die dankbaren
Kunstfreunde der Stadt wollen dem scheidenden Künstler — so wird
nachher die Ortspreffe schreiben — einen herzlichen Abschied bereiten.
Fünf Minuten vor Beginn wird Direktor Puppel, der erfahrene,
aber auch vielgeprüfte Leiter des „Stadttheaters", vom Spielleiter
alarmiert. „Die Vorstellung ist gefährdet, Lerr Direktor. Stolz tobt
in der Garderobe herum und brüllt, er könne nicht auftreten. Er
brüllt wie ein Ochse."
„Sagen wir: wie ein Löwe!" verbessert Direktor Puppel. Er ist
zwar überzeugt, daß diese Verbesserung kaum am Platze sei, aber er
will Vorbeugen, daß der Vergleich mit dem Ochsen noch einmal bei
den durch das Gebrüll als notwendig angemeldeten Auseinander-
setzungen gebraucht werde. Diese Auseinandersetzungen beginnen
damit, daß Emanuel Stolz, als der Direktor „sanft und milde, als
blicke Vollmond drein" bei ihm erscheint, ihm entgegenbrüllt: „Ihr
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Der Kiesel
Von Peter Robinson
Theater ist eine Diebshöhlei Mein Kiesel ist verschwundenl Futsch
ist er!"'
„Aber lieber Stolz, in meinem Theater wird doch nicht gestohlen!"
begütigt Direktor Puppel. „Da wird nur manchmal etwas unter-
schlagen — bei einem Klassiker oder bei einem Komponisten. And wer
wird einen Kiesel stehlen?"
„Aber er ist futsch! Leute Vormittag nach der Probe habe ich
ihn hier neben meinen Schminkkasten gelegt."
„Vielleicht hat ihn die Reinmachefrau weggenommen - was weiß
ich! Lieber Stolz, was liegt an dem Kiesel?"
„Oho, ohne den Kiesel kann ich nicht Richard III. spielen. Sagen
Sie die Vorstellung ab, Lerr Direktor!"
„Seien Sie doch nicht so abergläubisch, lieber Stolz! Der Kiesel
war wohl so eine Art Talisman, nicht wahr? Es wird auch ohne
gehn. Dann klopfen Sie eben an Lolz oder spucken dreimal aus oder
machen sonst eine Zauberei."
„Quatsch, ich bin nicht abergläubisch; von Talisman war nicht
die Rede," brüllt Emanuel Stolz. „Es war ein herrlicher Kiesel. Er
war nicht zu groß und nicht zu winzig; er war nicht scharfkantig —
Drei Jahre lang ist Emanuel Stolz Mitglied des „Stadttheaters".
Er kann etwas, er kann sogar viel, und deshalb ist er jetzt an eine
sehr bedeutende Bühne engagiert worden.
Leute tritt Emanuel Stolz zum letzten Male im „Stadttheater"
auf — als Richard III. Das Laus ist ausverkauft, denn die dankbaren
Kunstfreunde der Stadt wollen dem scheidenden Künstler — so wird
nachher die Ortspreffe schreiben — einen herzlichen Abschied bereiten.
Fünf Minuten vor Beginn wird Direktor Puppel, der erfahrene,
aber auch vielgeprüfte Leiter des „Stadttheaters", vom Spielleiter
alarmiert. „Die Vorstellung ist gefährdet, Lerr Direktor. Stolz tobt
in der Garderobe herum und brüllt, er könne nicht auftreten. Er
brüllt wie ein Ochse."
„Sagen wir: wie ein Löwe!" verbessert Direktor Puppel. Er ist
zwar überzeugt, daß diese Verbesserung kaum am Platze sei, aber er
will Vorbeugen, daß der Vergleich mit dem Ochsen noch einmal bei
den durch das Gebrüll als notwendig angemeldeten Auseinander-
setzungen gebraucht werde. Diese Auseinandersetzungen beginnen
damit, daß Emanuel Stolz, als der Direktor „sanft und milde, als
blicke Vollmond drein" bei ihm erscheint, ihm entgegenbrüllt: „Ihr
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Welch bezauberndes Land! Zu Hause könnte ich nur Waschmaschinen aufnehmen."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1940
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1950
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 192.1940, Nr. 4952, S. 302
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg