Vorschlag
Es lebt das böse Krokodil
nur Reimes halber an dem Nil,
und wär’s zu finden an dem Kongo,
hieß’ es gewißlich Krokodongo.
Als Krokodongo aber war’
sein Name ein viel längerer
und paßte so bedeutend besser
zu diesem langen Menschenfresser.
Karl Friedrich
Paffend
„Verzeihen Sie, können Sie mir wohl fagen,
wo hier Vogels wohnen?"
„Ja, im dritten Stock! Aber die find heute
alle ausgeflogen I"
Das Gespenst
„Klar, Dicker, Wenns wieder Männer und echte Gummitiere gibt, wirst du abgebautl"
Copyright 1939 by Inferpress
Herr Feichtinger wird kuriert
Von Ralph Urban
Als Fräulein Tusnelda bei der Firma ein-
getreten war, hatte sie sich rasch mit ihrer
Kollegin Else angefreundet. Diese weihte sie
alsogleich auch in die persönlichen Bürogehetm-
nisse ein. Wie dies schon der Brauch ist, wurden
dabei der Chef, die Abteilungsleiter und die
männlichen und weiblichen Kollegen in ihre Be-
standteile zerlegt und ihre menschlichen Schwächen
ans grelle Licht des Tages gezerrt.
„Wir haben auch einen Don Johann in der
Firma," tuschelte Fräulein Else, „und zwar den
Abteilungsleiter Johann Feichtinger. Er fühlt
sich als Pascha, und da er zu seinem Anglück
noch nicht Soldat war, ist er restlos von sich
überzeugt. Ich wette mit Ihnen um ein
Monatsgehalt, daß er Sie nach dem dritten
Diktat für den Abend einladet. Das macht er
bei jeder Neuen. Lehnt man ab, wird man wochen-
lang schikaniert."
„Ein netter Zeitgenosse," warf Tusnelda
ein. „Nun, bei mir wird er sich kalte Füße holen."
„Das hat er sich bei mir auch," meinte lachend
Else. „Nach verschiedenen Ausflüchten nahm ich
endlich seine Einladung an. Den Tag vorher fastete
ich, und an jenem Abend aß ich die Speisekarte
durch, bis dem Kavalier Feichtinger die Augen
übergingen. Seitdem läßt er mich in Ruhe."
Fräulein Else hat ihre Wette gewonnen.
Schon beim ersten Diktat betrachtete Lerr Feich-
ttnger Tusnelda so eingehend, daß ihr die Röte
ins Gesicht stieg. Beim zweitenmal wurde er
persönlich, indem er ein kleines, aber wohlwol-
lendes Privatgespräch startete. Er saß dabei
leicht aufgeschwemmt und lässig in seinem Lehn-
sessel, bemühte sich, das Bäuchlein einzuziehen,
und blitzte abwechselnd mit den Zähnen, dem
Brillantring an seiner Land und mit den kleinen
Augen. Aber erst nach dem dritten Diktat sagte
er: „Run, kleines Fräulein Tusnelda, wollen
wir nicht heute abend zusammen ausgehen?"
„Leute kann ich nicht," meinte Tusnelda und
senkte schüchtern den Blick. „Meine alte Tante,
bei der ich wohne, ist heute eingeladen, und da
muß ich zu Lause bleiben."
„Ra, dann morgen?"
„Morgen kann ich auch nicht."
„Aber übermorgen, Samstag, da geht es
doch sicher?" — „Ja," flüsterte Tusnelda, „über-
morgen ginge es."
„Vielleicht so nach dem Abendessen?" meinte
Lerr Feichtinger vorbauend. — „Das ist zu spät."
„Aha, also dann vorher," wurde Don Jo-
hann großzügig. „Ich weiß da ein einfaches
aber sehr nettes Restaurant, tja, und auf eine
Flasche Wein soll es mir auch nicht ankommen."
Brühwarm unterrichtete Tusnelda ihre Kol-
legin vom Stand der Dinge.
„Sie haben also ohne weiteres nachgegeben?"
rief Fräulein Else leicht enttäuscht.
„Du meine Güte," meinte Tusnelda lächelnd,
„man will sich doch nicht schikanieren lassen."
Am Samstag wurde um eins Schluß ge-
macht, und die beiden Kolleginnen sahen sich da-
her erst am Montag wieder. Mit Ausnahme
ganz weißer Angoraschafe pflegen gewöhnliche
Lebewesen am Montag morgen etwas verspätet
im Büro zu erscheinen. So war es auch bei
den jungen Mädchen, die fast gleichzeitig zehn
nach acht an die Schreibmaschinen stürzten und
sofort wüst daraus los klopften, Geschäftslärm
vortäuschend. Dennoch erschien postwendend erst
das Bäuchlein des Abteilungsleiters Johann
Feichtinger im Rahmen der Glastür und dann
er persönlich. — „Meine sehr verehrten Damen,"
sprach er mit der eisigen Ironie eines mehr-
fachen Generaldirektors, „wir pflegen um acht
Ahr anzufangen." Bum — die Tür war zu,
und empörte Schritte entfernten sich.
„Nanu," meinte Else, „was hak er denn? Sind
Sie etwa nicht zum Stelldichein gekommen am
Samstag?" — „Doch!" sagte Fräulein Tusnelda.
„Ich hatte sogar meine alte Tante mitgebracht."
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Es lebt das böse Krokodil
nur Reimes halber an dem Nil,
und wär’s zu finden an dem Kongo,
hieß’ es gewißlich Krokodongo.
Als Krokodongo aber war’
sein Name ein viel längerer
und paßte so bedeutend besser
zu diesem langen Menschenfresser.
Karl Friedrich
Paffend
„Verzeihen Sie, können Sie mir wohl fagen,
wo hier Vogels wohnen?"
„Ja, im dritten Stock! Aber die find heute
alle ausgeflogen I"
Das Gespenst
„Klar, Dicker, Wenns wieder Männer und echte Gummitiere gibt, wirst du abgebautl"
Copyright 1939 by Inferpress
Herr Feichtinger wird kuriert
Von Ralph Urban
Als Fräulein Tusnelda bei der Firma ein-
getreten war, hatte sie sich rasch mit ihrer
Kollegin Else angefreundet. Diese weihte sie
alsogleich auch in die persönlichen Bürogehetm-
nisse ein. Wie dies schon der Brauch ist, wurden
dabei der Chef, die Abteilungsleiter und die
männlichen und weiblichen Kollegen in ihre Be-
standteile zerlegt und ihre menschlichen Schwächen
ans grelle Licht des Tages gezerrt.
„Wir haben auch einen Don Johann in der
Firma," tuschelte Fräulein Else, „und zwar den
Abteilungsleiter Johann Feichtinger. Er fühlt
sich als Pascha, und da er zu seinem Anglück
noch nicht Soldat war, ist er restlos von sich
überzeugt. Ich wette mit Ihnen um ein
Monatsgehalt, daß er Sie nach dem dritten
Diktat für den Abend einladet. Das macht er
bei jeder Neuen. Lehnt man ab, wird man wochen-
lang schikaniert."
„Ein netter Zeitgenosse," warf Tusnelda
ein. „Nun, bei mir wird er sich kalte Füße holen."
„Das hat er sich bei mir auch," meinte lachend
Else. „Nach verschiedenen Ausflüchten nahm ich
endlich seine Einladung an. Den Tag vorher fastete
ich, und an jenem Abend aß ich die Speisekarte
durch, bis dem Kavalier Feichtinger die Augen
übergingen. Seitdem läßt er mich in Ruhe."
Fräulein Else hat ihre Wette gewonnen.
Schon beim ersten Diktat betrachtete Lerr Feich-
ttnger Tusnelda so eingehend, daß ihr die Röte
ins Gesicht stieg. Beim zweitenmal wurde er
persönlich, indem er ein kleines, aber wohlwol-
lendes Privatgespräch startete. Er saß dabei
leicht aufgeschwemmt und lässig in seinem Lehn-
sessel, bemühte sich, das Bäuchlein einzuziehen,
und blitzte abwechselnd mit den Zähnen, dem
Brillantring an seiner Land und mit den kleinen
Augen. Aber erst nach dem dritten Diktat sagte
er: „Run, kleines Fräulein Tusnelda, wollen
wir nicht heute abend zusammen ausgehen?"
„Leute kann ich nicht," meinte Tusnelda und
senkte schüchtern den Blick. „Meine alte Tante,
bei der ich wohne, ist heute eingeladen, und da
muß ich zu Lause bleiben."
„Ra, dann morgen?"
„Morgen kann ich auch nicht."
„Aber übermorgen, Samstag, da geht es
doch sicher?" — „Ja," flüsterte Tusnelda, „über-
morgen ginge es."
„Vielleicht so nach dem Abendessen?" meinte
Lerr Feichtinger vorbauend. — „Das ist zu spät."
„Aha, also dann vorher," wurde Don Jo-
hann großzügig. „Ich weiß da ein einfaches
aber sehr nettes Restaurant, tja, und auf eine
Flasche Wein soll es mir auch nicht ankommen."
Brühwarm unterrichtete Tusnelda ihre Kol-
legin vom Stand der Dinge.
„Sie haben also ohne weiteres nachgegeben?"
rief Fräulein Else leicht enttäuscht.
„Du meine Güte," meinte Tusnelda lächelnd,
„man will sich doch nicht schikanieren lassen."
Am Samstag wurde um eins Schluß ge-
macht, und die beiden Kolleginnen sahen sich da-
her erst am Montag wieder. Mit Ausnahme
ganz weißer Angoraschafe pflegen gewöhnliche
Lebewesen am Montag morgen etwas verspätet
im Büro zu erscheinen. So war es auch bei
den jungen Mädchen, die fast gleichzeitig zehn
nach acht an die Schreibmaschinen stürzten und
sofort wüst daraus los klopften, Geschäftslärm
vortäuschend. Dennoch erschien postwendend erst
das Bäuchlein des Abteilungsleiters Johann
Feichtinger im Rahmen der Glastür und dann
er persönlich. — „Meine sehr verehrten Damen,"
sprach er mit der eisigen Ironie eines mehr-
fachen Generaldirektors, „wir pflegen um acht
Ahr anzufangen." Bum — die Tür war zu,
und empörte Schritte entfernten sich.
„Nanu," meinte Else, „was hak er denn? Sind
Sie etwa nicht zum Stelldichein gekommen am
Samstag?" — „Doch!" sagte Fräulein Tusnelda.
„Ich hatte sogar meine alte Tante mitgebracht."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Klar, Dicker, wenn es wieder Männer und echte Gummitiere gibt, wirst du wieder abgebaut!" "Das Gespenst"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1940
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1950
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 193.1940, Nr. 4953, S. 3
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg