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Fliegt der Vogel Strauß?

Von Ralph tlrban

Junges Glück. Angetrübt strahlte die Sonne, und zwar die elek-
trische neben dem Tisch, denn es war einer jener halbkühlen Tage,
an denen man es sich gerne mittels eines stromfressenden Leizkörpers
gemütlich macht.

Das junge Ehepaar, bestehend aus Robert und Lilde, hatte
eben das Mittagessen hinter und in sich und hielt Siesta, denn es
war Samstag, und der freie Nachmittag wollte genossen sein.

„Du, und heute vormittag, als ich einholen war," plapperte
munter das Frauchen, „da habe ich mir sooo eine Straußfeder ge-
kauft. Weißt du, für meinen grünen Lut, der sieht jetzt phantastisch
nett aus."

„Damit ihr euch eine Feder auf den Lut stecken könnt," meinte
der Mann, „müssen wieder unzählige dieser Tiere das Leben lassen."

„Das müssen die Lühner schließlich auch, bevor wir sie braten.
Aber warum soll denn der Vogel Strauß gleich sterben, wenn man
ihm ein paar Federn ausrupst? Er kann dann wohl nicht mehr
fliegen und geht ein?"

„Lahaha—" lachte Robert.

„Warum wieherst du so häßlich?" fragte Lilde leicht gekränkt.

„Weil der Vogel Strauß nicht fliegt — haha—"

„Mach mich nicht dumm, natürlich fliegt er. Er ist doch ein
Vogel."

„Ja, mein Kind," nahm der Mann eine ernstere und belehrende
Miene an, „er fliegt aber trotz-
dem nicht."

„Wieso ist er dann ein Vogel?"

„Lm, weil er Eier legt."

„Dann sind die Fische auch
Vögel."

„Rede doch keinen Ansinn,"
wurde der Mann ungeduldig,

„Fisch ist Fisch, und Vogel ist
Vogel."

„Ja, und der Vogel fliegt,
der Storch fliegt, der Schwan
fliegt, und der Vogel Strauß
fliegt auch."

„And der Walfisch legt Eier,"
höhnte Robert.

„Natürlich legt er Eier, aber
weil er kein Vogel ist, fliegt—"

„Lahaha— Der Walfisch legt
nämlich gar keine Eier, er bringt
lebende Junge zur Welt."

„Pfui! Du willst mich ver-
albern. Wenn du Bildungslücken
hast und dich bis auf die Knochen
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blamierst, brauchst du nicht deine dunklen Instinkte an mir auszu-
toben."

„Bildungslücken?" meinte der Mann eisig. „Dreh den Spieß
nicht um, liebes Kind, und nimm etwas an, wenn ich deine vernach-
lässigte Schulbildung ausrichten will. Der Vogel Strauß fliegt
nicht —"

„Der Vogel Strauß fliegt!" schrie Lilde, in Tränen ausbrechend,
hieb die kleine Land auf den Tisch und sprang auf. „Jetzt wirst du
brutal und gemein. La, und ich sehe dich ohne Maske —"

„Genug!" brüllte Robert und sprang gleichfalls auf. Die Sonne
verdunkelte sich, denn er hatte bei seiner heftigen Bewegung den
Stecker aus dem Kontakt gerissen.

„Ja, genug," rief die kleine Frau schluchzend und lief zur Tür,
„ich habe genug von deinen Mißhandlungen, ich gehe zu meiner
Mutter zurück —"

„Glückliche Reise!" höhnte der Mann hinter ihr her. Dann eilte
er ins Vorzimmer, griff nach Lut und Mantel und knallte die
Wohnungstür hinter sich ins Schloß. Erst nachdem er eine Viertel-
stunde gelaufen war, wurde er ruhiger. Schließlich blieb er stehen,
fühlte seinen Puls, schüttelte den Kopf, kehrte um und ging lang-
sam zurück. Bald ging er schneller, und bald lächelte er vor sich
hin. Anterwegs trat er in eine Blumenhandlung und kaufte einen
Strauß Rosen. Dann eilte er heim. Er traf Lilde fertig angezogen

und verheult mit einem Koffer
im Vorzimmer an.

„Mein liebes Kind," sagte
Robert, „verzeih mir, ich bin ein
Rüpel. Ich will nie wieder so
ungehobelt zu dir sein. Wieder
gut?"

Frau Lilde nahm zögernd
die Blumen, lachte ein paarmal
unter Tränen und sprach: „And
ich bin eine unartige kleine Frau,
aber ich will nie wieder hysterisch
werden und auch nie wieder das
letzte Wort haben. Lieber —"
Da nahm Robert sie in die
Arme und küßte sie. Lilde
schmiegte sich eng an ihn, faltete
ihre Lände um seinen Nacken,
zog seinen Kopf sanft zu sich
hinab, bis sie das männliche Ohr
vor ihren Lippen hatte, und
flüsterte: „Aber nicht wahr. Lieb-
ster, der Vogel Strauß fliegt
doch?"

Kaninchenzucht „Det Affziehen macht uns gar keene

Schwierigkeiten, meine Frau und ich sind ja ooch Rohköstler!"
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Kaninchenzucht"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Frank, Hugo
Entstehungsdatum
um 1940
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1950
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Kaninchenhaltung
Kaninchen
Kaninchenstall
Rohkost

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 193.1940, Nr. 4958, S. 62

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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