Die letzten Meldungen aus Germanh
Das Vertrauen des Deutschen Volkes tn seine Wäh-
rung ist schon aufs schwerste erschüttert. Während
der letzten Reichsstraßensammlung war eS erschüt-
ternd, zu sehen, wie die Bevölkerung oft vergeblich
versuchte, ihr Geld loszubekommen.
Die Ernährungslage verschlechtert sich mit jedem
Tag. Sämtliche Gaststätten des Reiches haben
bereits „Stamm'-Eertchte eingefiihrt, die allerdings
markenfrei find.
Zarter Wink mit dem Zaunpfahl
„Ich schreibe jetzt an meinen Memoiren!"
„So, so! Sind Sie vielleicht schon dort, wo
ich Ihnen die zwanzig Mark geliehen habe?"
Unmöglich
Dobermann erzählt Keuchert nicht ohne
Behagen: „Gestern Hab ich meinen Bengel
erwischt, wie er eine von meinen Zigarren
klaute. Laha!"
Keuchert ist entsetzt. „And darüber lachen
Sie noch? Das ist doch sehr betrübend!"
Dobermann muß den Kopf über Keuchert
schütteln. „Laben Sie sich doch nicht so! Ihr
Junge ist in gleichem Alter wie meiner; der
wird das auch schon versucht haben."
„Ausgeschloffen! Das kann bei meinem
Walter gar nicht Vorkommen."
„Aha — — tugendhafter Musterknabe!"
„Das will ich nicht behaupten. Aber ich
bin Nichtraucher."
Kleine Chronik
Im englischen Anterhause wurde die Frage erörtert, wie man sich
bei Fliegeralarm „parlamentarisch richtig" zu verhalten habe. Es wurde
beschloffen, daß während des Aufenthalts der Abgeordneten im Luft-
schutzkeller das goldene Zepter und das Amtszeichen des „Sprechers"
vor seinem Platze liegen bleiben sollen, um die Kontinuität der Ver-
handlung zu symbolisieren.
Das ist auch symbolisch für die ganze Arbeit zum Wohl des Lan-
des: das Wichtigste bleibt liegen. Aber warum sollen die Verhand-
lungen nicht im Keller weitergehen? Sie bewegen sich ohnehin auf
einem tiefen Niveau.
Der englische Rundfunk bringt jetzt täglich sechs Sendungen in
französischer Sprache. Damit soll, wie der parlamentarische Sekretär
des Außenministeriums, Nicolson, erklärt hat, bewiesen werden, daß
die Landlungsweise der französischen Regierung Englands warme
Gefühle für das französische Volk nicht geändert habe.
Diese Gefühle drücken sich besonders darin aus, daß England mög-
lichst viele wertvolle Andenken an Frankreich haben möchte.
In England ist die Lerstellung von Speiseeis verboten worden.
Dafür ist — mit Respekt zu sagen — umsomehr Grundeis da.
Angeachtet der Schädigung des
Anbaus sind in England überall
auf Feldern und Wiesen große
Gruben ausgehoben worden, um
die Landung von Flugzeugen zu
erschweren.
England sollte nach seinen Er-
fahrungen in diesem Kriege nicht
zu viel davon erwarten: Wer an-
dern eine Grube gräbt, fällt selbst
hinein.
Die Londoner Filialen der
französischen Banken sind in eng-
lische Verwaltung genommen
worden; jede Verbindung mit
ihren Stammhäusern ist ihnen
untersagt worden.
Vor allem telegraphische oder
telephonische Verbindung. Eng-
land hat den Draht mit Beschlag
belegt.
Das englischeInnenministerium
hat angeordnc daß bei Bedarf
an Männern die Insaffen der
Gefängnisse und Besserungsan-
stalten entlassen werden sollen.
Churchill, Eden und Konsorten
wollen zuletzt nicht einsam da-
stehen; sie möchten Gesinnungs-
genossen um sich haben.
England hat vor einiger Zeit
die ganze australische Wollproduk-
tion aufgekaust. Jetzt soll wegen
des Zellstoffmangels Zeitungs-
papier aus Wolle hergestellt
werden.
Bei der Entstehung englischer
Zeitungen werden also Lammel
und Schafe beteiligt sein. Aber
eigentlich ist das nichts Neues.
Ein Wort von Duff Cooper:
„Es ist schädlich, immer die Wahr-
heit zu sagen."
Man darf Duff Cooper das
Zeugnis ausstellen, daß er ohne
Grenzen bemüht gewesen ist,
Schaden zu verhüten.
Als der Pariser Rothschild
mit Familie aus Lissabon in New
'Jork ankam, trug Madame Roth-
schild um den Lals eine Perlen-
kette im Wertevon hunderttausend
Dollars und in einem Köfferchen
weiteren Schmuck für eine Mil-
lion Dollars.
Rothschild hat dann eine rüh-
rende Darstellung der Flucht der
unglücklichen Familie gegeben
und gesagt: „Wir haben nur das
Notdürftigste gerettet."
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Das Vertrauen des Deutschen Volkes tn seine Wäh-
rung ist schon aufs schwerste erschüttert. Während
der letzten Reichsstraßensammlung war eS erschüt-
ternd, zu sehen, wie die Bevölkerung oft vergeblich
versuchte, ihr Geld loszubekommen.
Die Ernährungslage verschlechtert sich mit jedem
Tag. Sämtliche Gaststätten des Reiches haben
bereits „Stamm'-Eertchte eingefiihrt, die allerdings
markenfrei find.
Zarter Wink mit dem Zaunpfahl
„Ich schreibe jetzt an meinen Memoiren!"
„So, so! Sind Sie vielleicht schon dort, wo
ich Ihnen die zwanzig Mark geliehen habe?"
Unmöglich
Dobermann erzählt Keuchert nicht ohne
Behagen: „Gestern Hab ich meinen Bengel
erwischt, wie er eine von meinen Zigarren
klaute. Laha!"
Keuchert ist entsetzt. „And darüber lachen
Sie noch? Das ist doch sehr betrübend!"
Dobermann muß den Kopf über Keuchert
schütteln. „Laben Sie sich doch nicht so! Ihr
Junge ist in gleichem Alter wie meiner; der
wird das auch schon versucht haben."
„Ausgeschloffen! Das kann bei meinem
Walter gar nicht Vorkommen."
„Aha — — tugendhafter Musterknabe!"
„Das will ich nicht behaupten. Aber ich
bin Nichtraucher."
Kleine Chronik
Im englischen Anterhause wurde die Frage erörtert, wie man sich
bei Fliegeralarm „parlamentarisch richtig" zu verhalten habe. Es wurde
beschloffen, daß während des Aufenthalts der Abgeordneten im Luft-
schutzkeller das goldene Zepter und das Amtszeichen des „Sprechers"
vor seinem Platze liegen bleiben sollen, um die Kontinuität der Ver-
handlung zu symbolisieren.
Das ist auch symbolisch für die ganze Arbeit zum Wohl des Lan-
des: das Wichtigste bleibt liegen. Aber warum sollen die Verhand-
lungen nicht im Keller weitergehen? Sie bewegen sich ohnehin auf
einem tiefen Niveau.
Der englische Rundfunk bringt jetzt täglich sechs Sendungen in
französischer Sprache. Damit soll, wie der parlamentarische Sekretär
des Außenministeriums, Nicolson, erklärt hat, bewiesen werden, daß
die Landlungsweise der französischen Regierung Englands warme
Gefühle für das französische Volk nicht geändert habe.
Diese Gefühle drücken sich besonders darin aus, daß England mög-
lichst viele wertvolle Andenken an Frankreich haben möchte.
In England ist die Lerstellung von Speiseeis verboten worden.
Dafür ist — mit Respekt zu sagen — umsomehr Grundeis da.
Angeachtet der Schädigung des
Anbaus sind in England überall
auf Feldern und Wiesen große
Gruben ausgehoben worden, um
die Landung von Flugzeugen zu
erschweren.
England sollte nach seinen Er-
fahrungen in diesem Kriege nicht
zu viel davon erwarten: Wer an-
dern eine Grube gräbt, fällt selbst
hinein.
Die Londoner Filialen der
französischen Banken sind in eng-
lische Verwaltung genommen
worden; jede Verbindung mit
ihren Stammhäusern ist ihnen
untersagt worden.
Vor allem telegraphische oder
telephonische Verbindung. Eng-
land hat den Draht mit Beschlag
belegt.
Das englischeInnenministerium
hat angeordnc daß bei Bedarf
an Männern die Insaffen der
Gefängnisse und Besserungsan-
stalten entlassen werden sollen.
Churchill, Eden und Konsorten
wollen zuletzt nicht einsam da-
stehen; sie möchten Gesinnungs-
genossen um sich haben.
England hat vor einiger Zeit
die ganze australische Wollproduk-
tion aufgekaust. Jetzt soll wegen
des Zellstoffmangels Zeitungs-
papier aus Wolle hergestellt
werden.
Bei der Entstehung englischer
Zeitungen werden also Lammel
und Schafe beteiligt sein. Aber
eigentlich ist das nichts Neues.
Ein Wort von Duff Cooper:
„Es ist schädlich, immer die Wahr-
heit zu sagen."
Man darf Duff Cooper das
Zeugnis ausstellen, daß er ohne
Grenzen bemüht gewesen ist,
Schaden zu verhüten.
Als der Pariser Rothschild
mit Familie aus Lissabon in New
'Jork ankam, trug Madame Roth-
schild um den Lals eine Perlen-
kette im Wertevon hunderttausend
Dollars und in einem Köfferchen
weiteren Schmuck für eine Mil-
lion Dollars.
Rothschild hat dann eine rüh-
rende Darstellung der Flucht der
unglücklichen Familie gegeben
und gesagt: „Wir haben nur das
Notdürftigste gerettet."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die letzten Meldungen aus Germany" "Sturmzeichen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1940
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1950
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 193.1940, Nr. 4959, S. 82
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg