Warum so glücklich, Ferdinand?
Nein, das konnte nicht Ferdinand
sein! Und er war es doch! Er trat
ins Kaffeehaus, wie ein Lichtbote kam
er mit leuchtenden Augen an unseren
Tisch. Einer von uns, ein Larry Ptel-
Nachahmer, fragte:
„Nanu? Erbschaft gemacht, Fer-
dinand?"
Ferdinand schüttelte glückselig
lächelnd den Kopf.
„Einen Verleger deiner Sonate
für Cello und Blockflöte gefunden?"
Der glückliche Ferdinand schüt-
telte wieder den Kopf.
„Laupttreffer?" fragte ein nur in
Einzelworten Redender.
„Nein!" sagte Ferdinand, und er
legte in dieses eine Nein so viel
Glück, datz wir sofort wußten, es
müsse etwas viel Größeres sein, was
ihn gesegnet hatte.
Nach einem Mädchen zu fragen,
fiel uns nicht ein; denn Ferdinand
hatte trotz seiner 34 Jahre noch nie
eine Liebschaft oder auch nur an-
nähernd etwas mitgemacht, was mit
dem holden Geschlecht« zusammen-
hing. Er war Weltmeisterfeigling in
der Liebe.
„So rede, Ferdinand! Foltere
deine Freunde nicht! Last du einen
himmlischen Traum gehabt? Last du
das Perpetuum mobile entdeckt? Lat
dir ein unbekannter Gönner seine
Fleischmarken zugeschickt? Oder hast
du gar den mit einem schönen Vor-
schuß garnierten Auftrag zur Kom-
position einer Oper bekommen?
Rede doch!"
Ferdinand lächelte glücklich; so
lächeln die Schafe Lomers auf der
olympischen Wiese. Er nahm Platz,
er legte seine rechte Land auf die
Marmorplatte, er betrachtete sie wie
ein Wunder.
„Nanu? Bist du in deine Vor-
verflossen verliebt?"
62
Von Josef Robert Larrer
Große Damentaschen —
äußerst praktisch
Ferdinand rief, statt zu antwor-
ten, nach dem Kellner und bestellte
— um elf Ahr vormittags! — eine
Flasche Schaumwein.
Wir sahen einander mit hochge-
zogenen Brauen an. Wir nickten
stumm, wir verstanden unsere Ge-
danken. Armer Freund, dachten wir,
so feierst du Abschied von uns und
trittst der Gemeinschaft der Narren
bei, der ungefährlichen Narren.
Der Schaumwein kam. Ferdinand
leerte drei Gläser hintereinander.
Dann sah er uns der Reihe nach
an und sagte:
„Schaut euch noch einmal diese
Land an!"
Wir taten es; Narren muß man
jeden Wunsch erfüllen, damit sie ihr
friedliches Lächeln nicht verlieren.
„Dieser Land wegen, die heute
erstmalig geehrt worden ist, schlürfe
ich den Saft höchster Freude!"
Wir nickten; wir hätten auch zu-
stimmend genickt, wenn er seine Land
seinen Milchbruder genannt hätte.
„Wir gratulieren!" sagten wir.
„Gratulieren? Seid ihr verrückt?
Ihr wißt ja noch gar nicht, warum
ich auf meine Land so stolz bin!"
„Nanu? Sag es endlich!"
„Leute hat ein Mädchen freiwil-
lig, unaufgefordert zu mir gesagt:
,Darf ich um Ihre Land bitten, mein
Lerr?" ... Da schaut ihr!"
Wir machten wirklich Augen. Wir
freuten uns alle grenzenlos, daß end-
lich auch Ferdinand ein Mädchen
gefunden hatte, noch dazu eines, das
ihn heiraten wollte. Wir freuten uns
so sehr, daß wir jeder eine Flasche
Schaumwein kommen ließen. Bald
waren wir alle von der Seele des
Weines erfüllt. Endlich fragte einer:
„Ferdinand, wie ist es gekommen,
daß ein Mädchen um deine Land
gebeten hat?"
Nein, das konnte nicht Ferdinand
sein! Und er war es doch! Er trat
ins Kaffeehaus, wie ein Lichtbote kam
er mit leuchtenden Augen an unseren
Tisch. Einer von uns, ein Larry Ptel-
Nachahmer, fragte:
„Nanu? Erbschaft gemacht, Fer-
dinand?"
Ferdinand schüttelte glückselig
lächelnd den Kopf.
„Einen Verleger deiner Sonate
für Cello und Blockflöte gefunden?"
Der glückliche Ferdinand schüt-
telte wieder den Kopf.
„Laupttreffer?" fragte ein nur in
Einzelworten Redender.
„Nein!" sagte Ferdinand, und er
legte in dieses eine Nein so viel
Glück, datz wir sofort wußten, es
müsse etwas viel Größeres sein, was
ihn gesegnet hatte.
Nach einem Mädchen zu fragen,
fiel uns nicht ein; denn Ferdinand
hatte trotz seiner 34 Jahre noch nie
eine Liebschaft oder auch nur an-
nähernd etwas mitgemacht, was mit
dem holden Geschlecht« zusammen-
hing. Er war Weltmeisterfeigling in
der Liebe.
„So rede, Ferdinand! Foltere
deine Freunde nicht! Last du einen
himmlischen Traum gehabt? Last du
das Perpetuum mobile entdeckt? Lat
dir ein unbekannter Gönner seine
Fleischmarken zugeschickt? Oder hast
du gar den mit einem schönen Vor-
schuß garnierten Auftrag zur Kom-
position einer Oper bekommen?
Rede doch!"
Ferdinand lächelte glücklich; so
lächeln die Schafe Lomers auf der
olympischen Wiese. Er nahm Platz,
er legte seine rechte Land auf die
Marmorplatte, er betrachtete sie wie
ein Wunder.
„Nanu? Bist du in deine Vor-
verflossen verliebt?"
62
Von Josef Robert Larrer
Große Damentaschen —
äußerst praktisch
Ferdinand rief, statt zu antwor-
ten, nach dem Kellner und bestellte
— um elf Ahr vormittags! — eine
Flasche Schaumwein.
Wir sahen einander mit hochge-
zogenen Brauen an. Wir nickten
stumm, wir verstanden unsere Ge-
danken. Armer Freund, dachten wir,
so feierst du Abschied von uns und
trittst der Gemeinschaft der Narren
bei, der ungefährlichen Narren.
Der Schaumwein kam. Ferdinand
leerte drei Gläser hintereinander.
Dann sah er uns der Reihe nach
an und sagte:
„Schaut euch noch einmal diese
Land an!"
Wir taten es; Narren muß man
jeden Wunsch erfüllen, damit sie ihr
friedliches Lächeln nicht verlieren.
„Dieser Land wegen, die heute
erstmalig geehrt worden ist, schlürfe
ich den Saft höchster Freude!"
Wir nickten; wir hätten auch zu-
stimmend genickt, wenn er seine Land
seinen Milchbruder genannt hätte.
„Wir gratulieren!" sagten wir.
„Gratulieren? Seid ihr verrückt?
Ihr wißt ja noch gar nicht, warum
ich auf meine Land so stolz bin!"
„Nanu? Sag es endlich!"
„Leute hat ein Mädchen freiwil-
lig, unaufgefordert zu mir gesagt:
,Darf ich um Ihre Land bitten, mein
Lerr?" ... Da schaut ihr!"
Wir machten wirklich Augen. Wir
freuten uns alle grenzenlos, daß end-
lich auch Ferdinand ein Mädchen
gefunden hatte, noch dazu eines, das
ihn heiraten wollte. Wir freuten uns
so sehr, daß wir jeder eine Flasche
Schaumwein kommen ließen. Bald
waren wir alle von der Seele des
Weines erfüllt. Endlich fragte einer:
„Ferdinand, wie ist es gekommen,
daß ein Mädchen um deine Land
gebeten hat?"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Große Damentaschen - äußerst praktisch"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1941
Entstehungsdatum (normiert)
1936 - 1946
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 194.1941, Nr. 4984, S. 62
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg