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Die gelehrige Bäuerin

Werner Granville Schmidt

Nein, was man auch nicht alles in der Sommerfrische erleben
kann! Also mich hatte es nach Pfullenbach verschlagen, ausgerechnet
zum Lindenhofbauer, der die größten Aecker, die strammsten Gäule
und die milchreichsten Kühe besaß.

Allerdings, kein Paradies ohne Schlange, und wo viel Licht ist,
da ist auch reichlich Schatten.

So herrschte denn auch auf dem Lindenhof nicht eitel Glück. Der
Bauer war ein richtiger Querkopf, führte ein scharfes Regiment über
Frau und Gesinde und war im ganzen Dorf als Geizhals verschrien.

„Die Bäuerin ist ganz verschüchtert," vertraute mir der Krugwirt
an, „und obendrein ist sie auch
nicht die Gescheiteste; aber sie
hat halt einen tüchtigen Batzen
Geld mit in die Ehe gebracht."

Als ich eines Morgens das
Wohnzimmer zum gemeinsamen
Frühstück betreten wollte, hörte
ich drinnen des Bauern harte
Stimme, und was ich hörte,
ließ mich verdutzt lauschend inne-
halten.

Der Bauer fragte nämlich
gerade: „Also, Nanni, wann war
die Schlacht im Teutoburger
Wald?"

Fast schlagartig kam die Antwort der Bäuerin: „Neun nach
Christi, Sebastian!"

„Gut. — Wann begann denn die Völkerwanderung?"
„Dreihundertfünfundsiebenzig nach Christi, Sebastian."

„Jetzt sag' mir, wann Kolumbus Amerika entdeckt hat!"

„Vierzehnhundertzweiundneunzig, Seb-"

„Schon gut," unterbrach der Bauer sie kurz. „Zum Schluß noch
eine Frage: von wann bis wann dauerte der dreißigjährige Krieg?"

Wieder klang die schüchterne Stimme der Bäuerin: „Von sechzehn-
hundertachtzehn bis sechzehnhundertachtundvierzig, Sebastian."

„Vor oder nach Christi?"
„Nach Christi, Sebastian."
Ich war einfach platt. Da
behaupteten sie im Dorf, die
Lindenhofbäuerin sei keine Ge-
scheite, und dabei betete sie alle
Geschichtszahlen, die ich schon
fast vergessen hatte, nur so
herunter.

Da sah man wieder, wie
man sich in den Leuten täuschen
kann.

Als alles still blieb, trat ich
ins Zimmer und sah noch, wie
der Bauer einen dicken Wälzer
in den schön bemalten Eckschrank
stellte.

Der Osterhase „Es ist doch einfach empörend, liebe Kollegin,
wo er die Ware bloß her hat?"

Deutsche Ostern

Die Erde hat von allem Leid
sich wieder krafterfüllt befreit
und zeigt sich uns im neuen Kleid
der großen Lebensfröhlichkeit.

Die Liebe schlingt ein neues Band
um alle Dinge wegentlang,

Und durch das deutsche Vaterland
erbraust der Glocken Jubelsang.

Wir wollen ganz verbunden sein
mit dieser fluferstehungskraft,
die uns im hellen Frührotschein
den Weg ins Leben neu erschafft.

Als deutsche Menschen wollen wir
durch dieses Osterwunder gehn
Und immer wieder, dort und hier,
der Freude tiefes Wirken sehn.

Frani Cingia.

Danach hat der Bauer Geschichte Ge-
schichte sein lassen und sich über Wurst und
Brot hergemacht, und die Bäuerin hat von
der Kuh erzählt, die letztlich gekalbt hatte,
und daß die Lühner gut legten.

Es hat mir aber keine Ruhe gelassen,
und wie die Frau wieder in der Küche war,
Hab ich den Lindenhofbauer gefragt: „In-
teressiert sich Ihre Frau so für Geschichte?
Ich habe da zufällig gehört, wie sie gut be-
wandert ist in der Geschichte. Alle Loch-
achtungl"

Da verzog der Bauer sein hageres Ge-
sicht zu einer Grimasse. „Die und sich für
Geschichte interessieren? Daß ich nicht lach'!
— Aber sie hat sich da, wie ich mal fort
war, von einem schlauen Reisenden so ein
dickes Weltgeschichtsbuch andrehen lassen. —
Ein Weltgeschichtsbuch, Äerr, hier auf dem
Lindenhof I — Stellen Sie sich das mal vor!

170
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Osterhase" "Eine harte Nuss diesjahr!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Frank, Hugo
Croissant, Eugen
Entstehungsdatum
um 1941
Entstehungsdatum (normiert)
1936 - 1946
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Weltkrieg <1939-1945>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 194.1941, Nr. 4993, S. 170

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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