Zeichnung von M. Claus
Der
Untergang von London
Man glaube nicht, daß nur erdacht
Und unwahr folgende Geschichte.
Nein, wir entnehmen sie getreu
Dem zeitgenössischen Berichte.
Um Siebzehnhundertsechzig war’s.
In London bei den Grenadieren
Mac Turk aus Schottland stand. Geneigt,
Von Ahnungen zu fabulieren,
War er, wie’s Schotten öfter tun,
Und da zufällig auch geschehen
Ein paarmal, was er angesagt,
Ward als Prophet er angesehen.
Mac Turk stand Wache eines Nachts,
Als Leutnant Dodd ihn kontrollierte
Und fand, daß er nach Whisky stank
Und ganz besoffen vor sich stierte.
Verdammter Kerl, du kommst ins Loch!“
„Entschuldigt, Siri“ sprach da mit Lallen
Mac Turk. „Ich nahm nur einen Schluck,
Weil großer Schrecken mich befallen.
Ich habe ein Gesicht gehabt:
Heut in zehn Tagen wird’s geschehen:
Dann wird die Erde beben, und
Ganz London wird dann untergehen.“
Der Leutnant Dodd hat nachgedacht.
„Hast du vielleicht auch wahrgenommen,
Ob dabei viele Menschen tot,
Ob manche aus dem Graus entkommen?“ —
„Ja, Sirl Mir zeigte das Gesicht:
Es haben viele sich geflüchtet
Aufs Wasser noch und blieben heil,
Derweil ringsum die Stadt vernichtet.“
Der Leutnant Dodd hat überlegt.
„Daß du mir schweigsam bist für jedenl
Vier Tage, Kerl, hältst du das Maul,
Dann aber sollst du davon reden 1“ —
Der Leutnant war ein junger Hund
Mit Schulden, und am nächsten Tage
Ging er zu Weston, dem Bankier,
Daß er ihm heimlich etwas sage.
Bald nach vier Tagen konnte man
In London banges Raunen hören:
„Mac Turk, der Schotte, sah’s voraus:
Ein Beben wird die Stadt zerstören.“
Die Furcht griff um sich. Viele sind
Geflüchtet; die daheim geblieben,
Hat’s, als der Tag des Schreckens kam,
Zum Themseufer dann getrieben,
Weil, was ja zu verstehen war,
Der Fluß als ein Asyl betrachtet.
Doch war von Weston, dem Bankier,
Ein jedes Fahrzeug schon gepachtet,
Und starke Diener hielten Wacht
Und haben nur hinauf gelassen
Den, der was Strammes zahlen könnt’;
Es war ein wahres Aderlässen.
Der Tag verging, nichts war geschehn.
Man faßte wiederum Vertrauen
Und kehrte heim, jedoch Mac Turk,
Der wurde fürchterlich verhauen.
Der Leutnant Dodd hat vom Bankier
Den Anteil vom Geschäft erhalten.
Doch kamen, als das Geld verjuxt.
Bald neue Schulden zu den alten.
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Der
Untergang von London
Man glaube nicht, daß nur erdacht
Und unwahr folgende Geschichte.
Nein, wir entnehmen sie getreu
Dem zeitgenössischen Berichte.
Um Siebzehnhundertsechzig war’s.
In London bei den Grenadieren
Mac Turk aus Schottland stand. Geneigt,
Von Ahnungen zu fabulieren,
War er, wie’s Schotten öfter tun,
Und da zufällig auch geschehen
Ein paarmal, was er angesagt,
Ward als Prophet er angesehen.
Mac Turk stand Wache eines Nachts,
Als Leutnant Dodd ihn kontrollierte
Und fand, daß er nach Whisky stank
Und ganz besoffen vor sich stierte.
Verdammter Kerl, du kommst ins Loch!“
„Entschuldigt, Siri“ sprach da mit Lallen
Mac Turk. „Ich nahm nur einen Schluck,
Weil großer Schrecken mich befallen.
Ich habe ein Gesicht gehabt:
Heut in zehn Tagen wird’s geschehen:
Dann wird die Erde beben, und
Ganz London wird dann untergehen.“
Der Leutnant Dodd hat nachgedacht.
„Hast du vielleicht auch wahrgenommen,
Ob dabei viele Menschen tot,
Ob manche aus dem Graus entkommen?“ —
„Ja, Sirl Mir zeigte das Gesicht:
Es haben viele sich geflüchtet
Aufs Wasser noch und blieben heil,
Derweil ringsum die Stadt vernichtet.“
Der Leutnant Dodd hat überlegt.
„Daß du mir schweigsam bist für jedenl
Vier Tage, Kerl, hältst du das Maul,
Dann aber sollst du davon reden 1“ —
Der Leutnant war ein junger Hund
Mit Schulden, und am nächsten Tage
Ging er zu Weston, dem Bankier,
Daß er ihm heimlich etwas sage.
Bald nach vier Tagen konnte man
In London banges Raunen hören:
„Mac Turk, der Schotte, sah’s voraus:
Ein Beben wird die Stadt zerstören.“
Die Furcht griff um sich. Viele sind
Geflüchtet; die daheim geblieben,
Hat’s, als der Tag des Schreckens kam,
Zum Themseufer dann getrieben,
Weil, was ja zu verstehen war,
Der Fluß als ein Asyl betrachtet.
Doch war von Weston, dem Bankier,
Ein jedes Fahrzeug schon gepachtet,
Und starke Diener hielten Wacht
Und haben nur hinauf gelassen
Den, der was Strammes zahlen könnt’;
Es war ein wahres Aderlässen.
Der Tag verging, nichts war geschehn.
Man faßte wiederum Vertrauen
Und kehrte heim, jedoch Mac Turk,
Der wurde fürchterlich verhauen.
Der Leutnant Dodd hat vom Bankier
Den Anteil vom Geschäft erhalten.
Doch kamen, als das Geld verjuxt.
Bald neue Schulden zu den alten.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Untergang von London"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1941
Entstehungsdatum (normiert)
1936 - 1946
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 195.1941, Nr. 5011, S. 104
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg