Geeigneter Augenblick „Lallo, Taverl, hallo! Wollen wir wette»,
daß du deine» Lerrn net hinaufbringst?"
Der höfliche Willibald
seinetwegen als Beleidigung ansehen. „Das freut mich," ant-
wortete Schmidt, „ich hätte mich sonst in meiner Menschen-
kenntnis sehr getäuscht." And hochmütig blickte er weg.
Schmidt kam zu der kleinen Gesellschaft, auf der er sich das
Ja-Wort von Aschi Vumm holen wollte. Er unterhielt sich
reizend mit ihr und glaubte, daß jetzt der Augenblick zu einem
kleinen Mondscheinspaziergang im Garten mit anschließender
Aussprache gekommen sei. Da trat ein fescher junger Mann
heran, der sich als alter Bekannter Aschis einführte und un-
beschwert den Wunsch aussprach, mit Aschi frische Luft zu
schöpfen. Als höflicher Man» sagte Willibald, daß er zwar
selbst schon diese Absicht gehabt habe, aber natürlich der An-
terhaltung alter Bekannter nicht im Wege stehen wolle. Aschi
schien diese Löslichkeit nicht recht zu verstehen. Sie ging
wort- und grußlos mit dem jungen Mann davon. Als sie
nach geraumer Zeit mit zartgerötetem Köpfchen zurückkam, und
Willibald sie nun seinereits zum Spaziergang aufforderte, er-
klärte sie kühl, daß sie sich soeben verlobt hätte.
Willibald verließ sofort die Gesellschaft. In einer schlaf-
losen Nacht unterzog er seine Anschauungen einer eingehenden
Revision, und noch Ol Morgengrauen verfaßte er ein Ein-
trittsgesuch in den wildesten Boxklub, der ihm bekannt war.
Alles »Wie fanden Sie das Klavierspiel meiner Tochter?"
„Wirklich, eine fabelhafte Lautstärke!"
Die mißlungene Anknüpfungsgelegenheit
oder: Der verlorene Handschuh
Sie saß im Stadtgarten, auf einer der weißlackierten, be-
quemen Bänke, mit der Tafel davor: „Nur für Erwachsene."
And las einen Roman: „Der verlorene Landschuh."
Das konnte der nette junge Mann konstatieren, da die
hübsche, etwa 20-jährige Blondine gerade das Buch so hielt,
daß der Titel zu lesen war, als jener sich gleichfalls auf die
Bank setzte, mit dem Gedanken, diesbezüglich einen Gesprächs-
anknüpfungspunkt zu haben — wie interessant doch: „Der ver-
lorene Landschuh"-wer ihn wohl fand? — — Beider
Lerzen, ihres und seines, fanden sich dann im Roman sicherlich!
Als sich der junge Mann gesetzt hatte, fühlte er etwas
Weiches unter seinem „Sitzboden"; vorsichtig fühlte er und zog
dann, von dem ins Buch vertieften Fräulein ungesehen, einen
— Landschuh hervor! Den „verlorenen," den rechten von seiner
hübschen Nachbarin, denn den linken hatte sie an. Diese Ge-
legenheit zur Anknüpfung hat aber doch ein guter Engel her-
beigeführt, dachte der Jüngling und räusperte sich bereits,
steckte aber den Landschuh zunächst in die Tasche.
„Verzeihung! Will Sie ja nicht lange und muß Sie nur
ungern stören, wertes Fräulein, aber ich kann Ihnen doch et-
was Interessantes unterbreiten —
„Ich bin beim Lesen!" Freundlich war der Blick der Lüb-
schen ja nicht!
„Nichts für ungut, aber Sie lesen, wie ich sehe, vom „ver-
lorenen Landschuh", und-ich könnte Ihnen vom gef-."
„Sie langweilen mich!" Sie zischte es förmlich, mit einem
verächtlich strafenden Blick, der sagte: wie kann man nur so
ungebildet sein!"
„Aber," versuchte der junge Mann, bereits in die Tasche
greifend, „und um die Sache kurz zu machen-."
Sie klappte energisch das Buch zu, stand noch energischer
auf und verließ ganz energisch den Platz.
Nun soll sie ein wenig zappeln, dachte er; sie wird gleich
wiederkommen, um ihren Landschuh zu suchen.
Nichtig, sie kam! Bis auf zwanzig Schritte. Ihr Blick fiel
auf und unter die Bank; dann drehte sie wieder ab, wütend.
Nun wird es Zeit, ihr nachzueilen, dachte der junge Mann,
um ihr den „Verlorenen" auszuhändigen, und stand auf. Ein
„Danke sehr" wird sie mir freundlichen Blicks doch sagen müssen!
„Ich bin immer mit dem zufrieden gewesen, was ich gehabt habe."
„Laben Sie mal Rheumatismus gehabt, Lerr Knobbe?"
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daß du deine» Lerrn net hinaufbringst?"
Der höfliche Willibald
seinetwegen als Beleidigung ansehen. „Das freut mich," ant-
wortete Schmidt, „ich hätte mich sonst in meiner Menschen-
kenntnis sehr getäuscht." And hochmütig blickte er weg.
Schmidt kam zu der kleinen Gesellschaft, auf der er sich das
Ja-Wort von Aschi Vumm holen wollte. Er unterhielt sich
reizend mit ihr und glaubte, daß jetzt der Augenblick zu einem
kleinen Mondscheinspaziergang im Garten mit anschließender
Aussprache gekommen sei. Da trat ein fescher junger Mann
heran, der sich als alter Bekannter Aschis einführte und un-
beschwert den Wunsch aussprach, mit Aschi frische Luft zu
schöpfen. Als höflicher Man» sagte Willibald, daß er zwar
selbst schon diese Absicht gehabt habe, aber natürlich der An-
terhaltung alter Bekannter nicht im Wege stehen wolle. Aschi
schien diese Löslichkeit nicht recht zu verstehen. Sie ging
wort- und grußlos mit dem jungen Mann davon. Als sie
nach geraumer Zeit mit zartgerötetem Köpfchen zurückkam, und
Willibald sie nun seinereits zum Spaziergang aufforderte, er-
klärte sie kühl, daß sie sich soeben verlobt hätte.
Willibald verließ sofort die Gesellschaft. In einer schlaf-
losen Nacht unterzog er seine Anschauungen einer eingehenden
Revision, und noch Ol Morgengrauen verfaßte er ein Ein-
trittsgesuch in den wildesten Boxklub, der ihm bekannt war.
Alles »Wie fanden Sie das Klavierspiel meiner Tochter?"
„Wirklich, eine fabelhafte Lautstärke!"
Die mißlungene Anknüpfungsgelegenheit
oder: Der verlorene Handschuh
Sie saß im Stadtgarten, auf einer der weißlackierten, be-
quemen Bänke, mit der Tafel davor: „Nur für Erwachsene."
And las einen Roman: „Der verlorene Landschuh."
Das konnte der nette junge Mann konstatieren, da die
hübsche, etwa 20-jährige Blondine gerade das Buch so hielt,
daß der Titel zu lesen war, als jener sich gleichfalls auf die
Bank setzte, mit dem Gedanken, diesbezüglich einen Gesprächs-
anknüpfungspunkt zu haben — wie interessant doch: „Der ver-
lorene Landschuh"-wer ihn wohl fand? — — Beider
Lerzen, ihres und seines, fanden sich dann im Roman sicherlich!
Als sich der junge Mann gesetzt hatte, fühlte er etwas
Weiches unter seinem „Sitzboden"; vorsichtig fühlte er und zog
dann, von dem ins Buch vertieften Fräulein ungesehen, einen
— Landschuh hervor! Den „verlorenen," den rechten von seiner
hübschen Nachbarin, denn den linken hatte sie an. Diese Ge-
legenheit zur Anknüpfung hat aber doch ein guter Engel her-
beigeführt, dachte der Jüngling und räusperte sich bereits,
steckte aber den Landschuh zunächst in die Tasche.
„Verzeihung! Will Sie ja nicht lange und muß Sie nur
ungern stören, wertes Fräulein, aber ich kann Ihnen doch et-
was Interessantes unterbreiten —
„Ich bin beim Lesen!" Freundlich war der Blick der Lüb-
schen ja nicht!
„Nichts für ungut, aber Sie lesen, wie ich sehe, vom „ver-
lorenen Landschuh", und-ich könnte Ihnen vom gef-."
„Sie langweilen mich!" Sie zischte es förmlich, mit einem
verächtlich strafenden Blick, der sagte: wie kann man nur so
ungebildet sein!"
„Aber," versuchte der junge Mann, bereits in die Tasche
greifend, „und um die Sache kurz zu machen-."
Sie klappte energisch das Buch zu, stand noch energischer
auf und verließ ganz energisch den Platz.
Nun soll sie ein wenig zappeln, dachte er; sie wird gleich
wiederkommen, um ihren Landschuh zu suchen.
Nichtig, sie kam! Bis auf zwanzig Schritte. Ihr Blick fiel
auf und unter die Bank; dann drehte sie wieder ab, wütend.
Nun wird es Zeit, ihr nachzueilen, dachte der junge Mann,
um ihr den „Verlorenen" auszuhändigen, und stand auf. Ein
„Danke sehr" wird sie mir freundlichen Blicks doch sagen müssen!
„Ich bin immer mit dem zufrieden gewesen, was ich gehabt habe."
„Laben Sie mal Rheumatismus gehabt, Lerr Knobbe?"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Geeigneter Augenblick" "Ich bin immer mit dem zufrieden gewesen, was ich gehabt habe"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1941
Entstehungsdatum (normiert)
1936 - 1946
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 195.1941, Nr. 5016, S. 182
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg