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Q

„Mit Geduld und Spucke"

Von Werner Granvtlle Schmidt

„Mit Geduld und Spucke" lautete Schloffermeister Krojankes Lieb-
lingsredensart. Wenn man ihn hörte, hatte er „mit Geduld und Spucke"
seine Meisterprüfung gemacht, „mit Geduld und Spucke" um sein
blondes Lottchen geworben, „mit Geduld und Spucke" ein schulden-
freies Anwesen erarbeitet. Er hatte also „mit Geduld und Spucke"
so einiges erreicht im Leben.

Nur die fünfzehn Mark, die ihm Lottermann für verschiedene Ar-
beiten schuldete, die konnte er auf diese Art anscheinend nicht ein-
bekommen.

Fünfzehn Mark sind kein Vermögen, erst recht nicht für einen
Mann wie Meister Krojanke, der einen Gesellen und zwei Lehrlinge
beschäftigte; aber ein Landwerker kann schließlich nicht bis auf den
Sankt Nimmerleinstag borgen, denn die Lieferanten wolle» auch
bezahlt werden — und überhaupt: Ordnung muß eben seinl

Krojanke versuchte es also zuerst, getreu seinem Wahlspruch, „mit
Geduld und Spucke".

Damit kam er aber bei dem dickfelligen Lottermann nicht zum
Ziel. Keiner hätte es ihm übelnehmen dürfen, wenn er schließlich
massiv geworden wäre; aber — und da lag der Lase im Pfeffer —
gerade mit diesem Kunden konnte er es nicht verderben. Lottermann
war nämlich Verwalter in einem großen Zinshausblock von zwei-
hundert Wohnungen. Da gab es sozusagen Reparaturen am lausen-
den Band, und der Lauseigentümer war ein pünktlicher Zahler.

Bei den fünfzehn Mark Han-
delte es sich nun um eine private
Arbeit, für die Lottermann selbst
zu zahlen hatte. Bei etwas
gutem Willen wäre ihm dies
auch möglich gewesen; aber, wie
gesagt, er gehörte zu den Dick-
felligen, denen die Landwerker
nachlausen mußten.

Allerdings, wenn die Parteien
im Lausgrundstück sozusagen
nicht auf die Minute mit der
Miete dastanden, riß er den
Mund vor Entrüstung bis an
die Ohren auf.

Eines Tages klingelte es bei
Lottermanns.

SchlossermeisterKrojankestand
mit dem Gesellen, seinem alten
Faktotum,vor derTür. Beide hat-
ten einen Rucksackauf demRücken.

„Lerr Lottermann zu sprechen?"
forschte Krojanke mit jener Kürze,
die verrät, daß der Frager aufs
Ganze zu gehen beabsichtigt.

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„Nein," sagte Frau Lottermann, die wohl schon ihre Weisungen hatte.

„Aber zu Lause ist er jedenfalls. Zch habe ihn ja von unten am
Fenster stehen sehen," meinte Krojanke sachlich.

Die Frau wurde unsicher. Zögernd entgegnete sie: „Gewiß, er
ist daheim; aber er hat noch Schriftliches zu erledigen. — Wichtige
Sachen, wissen Sie. Darauf werden Sie schwerlich warten wollen.
Vielleicht kommen Sie in den nächsten Tagen mal wieder vorbei."

Meister Krojanke machte sein treuherzigstes Gesicht. „Ach, ich
habe Zeit genug, zu warten. Wissen Sie, Frau Lottermann, mit
Geduld und Spucke geht auch die längste Wartezeit vorüber."

Wohl oder Übel mußte Frau Lottermann die beiden ins Wohn-
zimmer führen.

Dann begab sie sich zu ihrem Mann, um weitere Befehle einzuholen.

Krojanke hörte deutlich, wie Lottermann ausrief: „Zch wette,

daß ihm die Lust zum Warten schon vergehen wird."

„And ich wette um fünf Mark, daß ich solange hier warten kann,
bis ich mein Geld bekommen habe!" ließ sich Krojanke deutlich ver-
nehmen.

„Die Wette gilt!" rief Lottermann zurück, der einem Spaß nie
abgeneigt war. „Amalie, bringe den Leuten mal die Lesemappe mit
den neuesten Illustrierten, damit ihnen die Zeit nicht lang wird."

Frau Lotte^mann brachte den beiden Männern also die Lese-
mappe; doch Krojanke winkte ab und zog ein Päckchen Spielkarten

aus der Tasche.

„Lassen Sie nur. Ich spiele
mit meinem Gesellen ein bißchen
Sechsundsechzig; — dabei kann
—man sich schön die Stunden ver-
treiben."

Als die Abendbrotszeit heran-
kam, fragte Lottermann seine
Frau: „Sind die Kerle noch nicht
mürbe? — Sie müssen doch mal
hungrig und durstig werden."

Darin hatte erallerdingsrecht;
doch Krojanke, als vorausberech-
nender Landwerker,war gerüstet.
Meister und Gesell entnahmen
ihrem Rucksack ein achtunggebie-
tendes Stullenpaket. Auch die
Thermosflasche mit wärmendem
Getränk fehlte nicht.

Verstört machte Frau Lotter-
mann ihrem Ehegefährten von
der weiteren Entwicklung der
Dinge Mitteilung.

„Lasse dich nur nicht bluffen!"
lachte der. „Die beiden werden

„Wir geben unseren Kunden einige schmerzstillende
Tabletten gratis."
Bildbeschreibung

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"Wir geben unseren Kunden..."
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bauer, Max
Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 196.1942, Nr. 5032, S. 18
 
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