„Wenn ich recht piano begleite, find die beiden zufrieden; übertöne ich sie aber, ist mir
das Publikum dankbar. — — Ich denke, ich werde es mit der Mehrheit halten."
Die Explosion auf dem Zerstörer
Es sprechen Bürgermeister La Guardia und Lord Lalifax
zum Thema: ,Wie lange wird der Präsident noch zusehen?^
18.00 Uhr: La Guardia schreit: Litler vergießt unschuldiges ameri-
kanisches Blut! Rächt die acht Toten von der ,Sensible^!
20.00 Ahr: Botschaft Roosevelts an den Kongreß: Zerstörer ,Sensible"
gesunken. 12 Tote, 20 Schwer- und 56 Leichtverletzte.
Die amerikanische Regierung besitzt einwandfreie Unter-
lagen für die Schuld Deutschlands. Der Kongreß möge
zur Abstimmung schreiten...
Zwei Tage später: Unterredung im geheimsten Kabinett des Präsi-
denten. Prof. Frankfurter: Sind Se nicht zu weit ge-
gangen mit den einwandfreien Unterlagen für die Schuld
Deutschlands?
Roosevelt: Nein, ich habe einen Splitter!"
Frankfurter: Bon der Thermosflasche?
Roosevelt: Das braucht niemand zu erfahren, (lächelt.)
Aber lesen Sie, was draufsteht auf dem Splitter!
Frankfurter: liest und lächelt wissend zurück. Denn
auf dem Splitter steht: Made in Germany.
Brandstrupps haben
Prinzipien Von Werner Granville Schmidt
Als Äerr Brandstrupp das Zimmer
betrat, saß seine junge Frau schon wieder
über dem Kalender.
Äerr Brandstrupp stieß einen leisen
Seufzer aus und tat, als merke er nichts;
dennoch wußte er natürlich genau, daß seine
Inge jetzt wieder — zum soundsovielten
Male — das Verzeichnis der altdeutschen
Vornamen männlichen Geschlechts durch-
fibelte.
Dabei machte sie dauernd Notizen.
Als ob sie nicht längst begriffen hatte,
daß der Junge, den sie so sehnlichst er-
warteten — als ob nicht auch Mädchen
geboren werden! — Paul heißen mußte,
wie er selbst hieß, und wie sein Vater und
Großvater auch schon geheißen hatten. Es
war einfach Tradition, daß die Firma
„Paul Brandstrupp der Aeltere" signierte,
während sich der erstgeborene Sohn bis
zum Ableben des Vaters stets „Paul
Brandstrupp der Jüngere" nannte.
Schon annähernd zweihundert Jahre
war die kleine Verlagshandlung und Buch-
druckerei unter dieser Bezeichnung in Fach-
kreisen rühmlich bekannt — und jetzt sollte
der alte Name der Marotte einer jungen
Frau geopfert werden?
Kam ja gar nicht in Frage! Lier hieß
es: Landgraf, werde hart! Damals, als sie
heirateten, ahnte er noch- nicht, daß der
Vorname des Kindes, das noch nicht ein»
mal da war, einen Schatten auf das Glück
seiner Ehe werfen würde.
Frau Inge spürte wohl, daß ihr Mann
in der Nähe war. Sie hob den Kopf und
begann eifrig: „Ein paar Namen habe ich
schon in die engere Wahl genommen. Paul,
wie denkst du über Leribert, Manfred,
Äugdietrich, Bernward oder Germot?"
Äerr Brandstrupp schluckte heftig. Es
lag ihm auf der Zunge, festzustellen, daß
sein Entschluß, den Jungen Paul mit Ruf-
namen zu nennen, unabänderlich sei; doch
dann erinnerte er sich des Zustandes seiner
Frau und sagte mit mildem Vorwurf: „Aber Ingemaus, nun komme
doch endlich zur Einsicht und gib mir zu Liebe nach."
„So," begehrte die junge Frau auf, „wo steht denn das geschrie-
ben, daß gerade die Frau nachgeben muß? Wenn du Prinzipien
hast, habe ich eben auch welche, und mein Sohn bekommt prinzipiell
einen altdeutschen Namen. — Ausgerechnet den Namen Paul finde
ich überhaupt scheußlich!"
Äerr Brandstrupp verlor seine mühsam bewahrte Ruhe. „Ach
nee?" meinte er hohnvoll — „und dann hast du mich trotzdem geheiratet?"
„Wegen deines Namens gewiß nicht!"
Wer weiß, was sie sich noch für Bitterkeiten gesagt hätten, wenn
nicht Georg Brigge, der Freund des Laufes, gekommen wäre.
Natürlich sollte er wieder Schiedsrichter sein; aber er bedankte
sich wie bei früheren Gelegenheiten für diese undankbare Nolle.
Lächelnd wehrte er ab: „Wozu schon soviel Geschrei? Vielleicht wird's
ein Mädel, und dann würde es euch Kampfhähnen und Prinzipien-
reitern gerade recht geschehen.— Denkt daran: der Klügere gibt nach!"
„And wenn mich die ganze Welt für einen Dummkopf hält, ich
gebe nicht nach! Der Junge wird Paul getauft!" trumpfte Äerr
Brandstrupp auf.
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das Publikum dankbar. — — Ich denke, ich werde es mit der Mehrheit halten."
Die Explosion auf dem Zerstörer
Es sprechen Bürgermeister La Guardia und Lord Lalifax
zum Thema: ,Wie lange wird der Präsident noch zusehen?^
18.00 Uhr: La Guardia schreit: Litler vergießt unschuldiges ameri-
kanisches Blut! Rächt die acht Toten von der ,Sensible^!
20.00 Ahr: Botschaft Roosevelts an den Kongreß: Zerstörer ,Sensible"
gesunken. 12 Tote, 20 Schwer- und 56 Leichtverletzte.
Die amerikanische Regierung besitzt einwandfreie Unter-
lagen für die Schuld Deutschlands. Der Kongreß möge
zur Abstimmung schreiten...
Zwei Tage später: Unterredung im geheimsten Kabinett des Präsi-
denten. Prof. Frankfurter: Sind Se nicht zu weit ge-
gangen mit den einwandfreien Unterlagen für die Schuld
Deutschlands?
Roosevelt: Nein, ich habe einen Splitter!"
Frankfurter: Bon der Thermosflasche?
Roosevelt: Das braucht niemand zu erfahren, (lächelt.)
Aber lesen Sie, was draufsteht auf dem Splitter!
Frankfurter: liest und lächelt wissend zurück. Denn
auf dem Splitter steht: Made in Germany.
Brandstrupps haben
Prinzipien Von Werner Granville Schmidt
Als Äerr Brandstrupp das Zimmer
betrat, saß seine junge Frau schon wieder
über dem Kalender.
Äerr Brandstrupp stieß einen leisen
Seufzer aus und tat, als merke er nichts;
dennoch wußte er natürlich genau, daß seine
Inge jetzt wieder — zum soundsovielten
Male — das Verzeichnis der altdeutschen
Vornamen männlichen Geschlechts durch-
fibelte.
Dabei machte sie dauernd Notizen.
Als ob sie nicht längst begriffen hatte,
daß der Junge, den sie so sehnlichst er-
warteten — als ob nicht auch Mädchen
geboren werden! — Paul heißen mußte,
wie er selbst hieß, und wie sein Vater und
Großvater auch schon geheißen hatten. Es
war einfach Tradition, daß die Firma
„Paul Brandstrupp der Aeltere" signierte,
während sich der erstgeborene Sohn bis
zum Ableben des Vaters stets „Paul
Brandstrupp der Jüngere" nannte.
Schon annähernd zweihundert Jahre
war die kleine Verlagshandlung und Buch-
druckerei unter dieser Bezeichnung in Fach-
kreisen rühmlich bekannt — und jetzt sollte
der alte Name der Marotte einer jungen
Frau geopfert werden?
Kam ja gar nicht in Frage! Lier hieß
es: Landgraf, werde hart! Damals, als sie
heirateten, ahnte er noch- nicht, daß der
Vorname des Kindes, das noch nicht ein»
mal da war, einen Schatten auf das Glück
seiner Ehe werfen würde.
Frau Inge spürte wohl, daß ihr Mann
in der Nähe war. Sie hob den Kopf und
begann eifrig: „Ein paar Namen habe ich
schon in die engere Wahl genommen. Paul,
wie denkst du über Leribert, Manfred,
Äugdietrich, Bernward oder Germot?"
Äerr Brandstrupp schluckte heftig. Es
lag ihm auf der Zunge, festzustellen, daß
sein Entschluß, den Jungen Paul mit Ruf-
namen zu nennen, unabänderlich sei; doch
dann erinnerte er sich des Zustandes seiner
Frau und sagte mit mildem Vorwurf: „Aber Ingemaus, nun komme
doch endlich zur Einsicht und gib mir zu Liebe nach."
„So," begehrte die junge Frau auf, „wo steht denn das geschrie-
ben, daß gerade die Frau nachgeben muß? Wenn du Prinzipien
hast, habe ich eben auch welche, und mein Sohn bekommt prinzipiell
einen altdeutschen Namen. — Ausgerechnet den Namen Paul finde
ich überhaupt scheußlich!"
Äerr Brandstrupp verlor seine mühsam bewahrte Ruhe. „Ach
nee?" meinte er hohnvoll — „und dann hast du mich trotzdem geheiratet?"
„Wegen deines Namens gewiß nicht!"
Wer weiß, was sie sich noch für Bitterkeiten gesagt hätten, wenn
nicht Georg Brigge, der Freund des Laufes, gekommen wäre.
Natürlich sollte er wieder Schiedsrichter sein; aber er bedankte
sich wie bei früheren Gelegenheiten für diese undankbare Nolle.
Lächelnd wehrte er ab: „Wozu schon soviel Geschrei? Vielleicht wird's
ein Mädel, und dann würde es euch Kampfhähnen und Prinzipien-
reitern gerade recht geschehen.— Denkt daran: der Klügere gibt nach!"
„And wenn mich die ganze Welt für einen Dummkopf hält, ich
gebe nicht nach! Der Junge wird Paul getauft!" trumpfte Äerr
Brandstrupp auf.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Wenn ich recht piano begleite, sind die beiden zufrieden"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 196.1942, Nr. 5033, S. 38
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg