Fliegende Blätter (196.1942 (Nr. 5031-5056) = 98. Jahrg.)

An der Normaluhr

Von Alfred Richter

Wie so viele Pärchen, hatten sie ein Zusammentreffen verab-
redet: an der Normaluhr.

Er war der wiffenschaftliche Lilfsarbeiker Edmund Pirzel, ein
langausgeschossener, hagerer junger Mann mit semmelblondem Laar,
einem Klemmer für stark kurzsichtige Augen und etwas vorstehenden
Zähnen, langen Armen und Länden und widerspenstigen Ohren, denn
sie standen von ihrem Inhaber ab.

Sie aber fand ihn trotzdem reizend. Er war so gescheit. Er wußte
schlechthin alles. And er hatte auch eine gute Laufbahn vor sich. Oben-
drein war er ein seelensguter Mensch.

Na also!

And sie? — Nun, sie war, wie alle weiblichen Partner bei Stell-
dicheinen, das entzückendste Geschöpf der Welt. Für ihn! Sonst hätte
er sich ja nicht mit ihr verabredet.

Normaluhren stehen nur in großen Städten herum, meist an viel-
belaufenen Plätzen. Es pflegen Gestelle von mehreren Metern Löhe
zu sein, die unteren Flächen für Reklame bestimmt. Oben wandern
die Ahrzeiger langsam ihren Kreisweg. Eigentlich sind Normaluhren
etwas furchtbar Langweiliges.

Noch langweiliger ist es, vor ihnen auf seine Partnerin zu warten.
Edmund Pirzel und Sabinchen Ohnetraut hatten sich auf Punkt
17 Ahr verabredet. Sabinchen hatte es sich ausgeschrieben. Edmund
hatte es korrekt notiert. Auch das Datum des Tages: der 17., und
seine Kennzeichnung innerhalb der Woche: ein Mittwoch, waren ge-
meinsam sestgelegt worden. Irrtümer waren ausgeschloffen. Es mußte
also klappen.

Da Edmund Pirzel ein Mann war, der schlechthin alles wußte,
und der vor allem in Naturgesetzen Bescheid wußte, so war ihm

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Patriotischer «ex appeal

.Wir können nicht auftreten, unsere Kombinationen sind zerrissen."
Das ist ja doch gerade hochaktuell! Die englisch-amerikanischen
Kombinationen sind doch auch von den Achsenmächten zerrissen."