„Dein Kind weint ja, wenn man spielt, dann ist es nicht musikalisch."
„Im Gegenteil, sogar sehr, es weint über dein falsches Spielen."
Eine Gewohnheit seines Berufs
Neugier jetzt gern in eine Anterhaltung kommen möchte, die Erkun-
digung für erlaubt: „Ja, warum haben Sie denn nicht geheiratet?"
„Warum? Keineswegs aus einer bei manchen Männern in
jüngeren Jahren bestehenden Neigung zur Angebundenheit, auch
nicht wegen — wie heißt es doch oft in Leiratsgesuchen? — wegen
Mangels an Damenbekanntschaft. O nein, ich bin mehrere Male auf
Freiersfüßen gegangen, aber dann kam mir eine mit meinem Berus
oder, richtiger gesagt, mit der Leidenschaft für meinen Beruf zu-
sammenhängende, durchaus begreifliche, aber gräßliche Gewohnheit
zwischen diese Füße, so daß ich nicht weiterging. Ja, beim letzten
Mal, wo ich schon die beste Aussicht hatte, bin ich sogar elend mit
den Freiersfüßen ausgerutscht. Alles war schon in bester Ordnung;
ich war verlobt, aber dann — —" Die Rede schnappt ab. Ein neuer
Gast ist hereingckommen, ein großer Man» mit derbem Brustkasten
und blühendem Antlitz; sein Bild könnte als Reklame für eine Patenk-
medizin dienen. Der Tischgenosse nickt anerkennend. „80, mindestens
80! Meinen Sie nicht auch?"
Lehnert wundert sich; jener Mann kann höchstens 30 Jahre alt
sein. And nun fragt er: „Entschuldigen Sie — was meinen Sie denn?
Sie haben schon einige Male bei mehreren Leuten diese oder jene
Zahl genannt, ohne daß mir der Zusammenhang klar wurde."
„Ah so. Sie haben recht. Das mußte Ihnen freilichsonderbar Vorkom-
men. Aber es wird Ihnen gleich klar werden. Wenn ich bitten darf!"
Er holt seine Brieftasche heraus, reicht eine Karte hin, und
Lehnert liest: „Willy Wobbe, Generalagent der prucisntis st 8scu-
ritss, Lebensversicherungsgesellschaft."
Lehnert ist in Versuchung, milde ablehnend den Kopf zu schütteln,
doch Wobbe kommt ihm zuvor. „Aber bitte, das soll natürlich keine
Anknüpfung geschäftlicher Art sein. Eie würden ja ohnehin, wenn
116
ich mir die Bemerkung erlauben darf, nicht mehr eine Versicherung
abschließen; Sie sind darüber hinaus. Deshalb habe ich mich auch
zu Ihnen gesetzt. Ich mag beim Essen nicht ans Geschäft denken,
das stört die Verdauung."
Lehnert freut sich, jetzt etwas herausbekommen zu haben. „Aha,
darum also sagten Sie, als Sie mich sahen:,Kommt nicht in Frage!""
„Labe ich das? Dumme Angewohnheit von mir, meine Meinung
halblaut zu äußern. Doch selbst im andern Fall hätte ich Sie na-
türlich nicht mit einem Angebot belästigt. Das mache ich überhaupt
nicht mehr selbst; dazu habe ich meine Agenten. Aber Sie werden
jetzt leichter verstehen, was ich Ihnen erzählen will, und es ist so
tröstend, Verständnis zu finden.
Sehen Sie, ich habe bei unserer prucisntis st Securilss, die ich
Ihnen übrigens, falls Sie in Frage kommende jüngere Angehörige
haben, etwa Söhne oder Schwiegersöhne, als solides Institut bestens
empfehlen möchte — ach so, davon sollte ja nicht die Rede sein;
bitte um Entschuldigung! — ich habe da also einmal ganz klein an-
gefangen; im Außendienst bin ich als Agent herumgelaufen. Ein
verflucht schweres Geschäft, das werden Sie sich ja denken können.
Aber ich habe was Tüchtiges geleistet, wie Ihnen schon der Amstand
beweist, daß ich Generalagent geworden bin. O, ich habe eine Masse
Leute dazu herumgekriegt, einen Versicherungsantrag zu unterschreiben.
Aber natürlich — manche Anträge sind dann leider abgelehnt worden.
Denn unsere Gesellschaft ist, worauf ich Sie besonders aufmerksam
machen möchte, für den Fall, daß jüngere Angehörige — ah so, bitte
zu verzeihen! — unsere Gesellschaft ist, wozu sie ja auch im Interesse
der bereits bei ihr Versicherten und also an den Dividenden Betei-
ligten verpflichtet ist, sehr vorsichtig und gewissenhaft. Ein unter-
schriebener Antrag bedeutet noch lange keine abgeschlossene Versiche-
rung. Wann aber bekommt der Agent seine Provision? Erst wenn
„Im Gegenteil, sogar sehr, es weint über dein falsches Spielen."
Eine Gewohnheit seines Berufs
Neugier jetzt gern in eine Anterhaltung kommen möchte, die Erkun-
digung für erlaubt: „Ja, warum haben Sie denn nicht geheiratet?"
„Warum? Keineswegs aus einer bei manchen Männern in
jüngeren Jahren bestehenden Neigung zur Angebundenheit, auch
nicht wegen — wie heißt es doch oft in Leiratsgesuchen? — wegen
Mangels an Damenbekanntschaft. O nein, ich bin mehrere Male auf
Freiersfüßen gegangen, aber dann kam mir eine mit meinem Berus
oder, richtiger gesagt, mit der Leidenschaft für meinen Beruf zu-
sammenhängende, durchaus begreifliche, aber gräßliche Gewohnheit
zwischen diese Füße, so daß ich nicht weiterging. Ja, beim letzten
Mal, wo ich schon die beste Aussicht hatte, bin ich sogar elend mit
den Freiersfüßen ausgerutscht. Alles war schon in bester Ordnung;
ich war verlobt, aber dann — —" Die Rede schnappt ab. Ein neuer
Gast ist hereingckommen, ein großer Man» mit derbem Brustkasten
und blühendem Antlitz; sein Bild könnte als Reklame für eine Patenk-
medizin dienen. Der Tischgenosse nickt anerkennend. „80, mindestens
80! Meinen Sie nicht auch?"
Lehnert wundert sich; jener Mann kann höchstens 30 Jahre alt
sein. And nun fragt er: „Entschuldigen Sie — was meinen Sie denn?
Sie haben schon einige Male bei mehreren Leuten diese oder jene
Zahl genannt, ohne daß mir der Zusammenhang klar wurde."
„Ah so. Sie haben recht. Das mußte Ihnen freilichsonderbar Vorkom-
men. Aber es wird Ihnen gleich klar werden. Wenn ich bitten darf!"
Er holt seine Brieftasche heraus, reicht eine Karte hin, und
Lehnert liest: „Willy Wobbe, Generalagent der prucisntis st 8scu-
ritss, Lebensversicherungsgesellschaft."
Lehnert ist in Versuchung, milde ablehnend den Kopf zu schütteln,
doch Wobbe kommt ihm zuvor. „Aber bitte, das soll natürlich keine
Anknüpfung geschäftlicher Art sein. Eie würden ja ohnehin, wenn
116
ich mir die Bemerkung erlauben darf, nicht mehr eine Versicherung
abschließen; Sie sind darüber hinaus. Deshalb habe ich mich auch
zu Ihnen gesetzt. Ich mag beim Essen nicht ans Geschäft denken,
das stört die Verdauung."
Lehnert freut sich, jetzt etwas herausbekommen zu haben. „Aha,
darum also sagten Sie, als Sie mich sahen:,Kommt nicht in Frage!""
„Labe ich das? Dumme Angewohnheit von mir, meine Meinung
halblaut zu äußern. Doch selbst im andern Fall hätte ich Sie na-
türlich nicht mit einem Angebot belästigt. Das mache ich überhaupt
nicht mehr selbst; dazu habe ich meine Agenten. Aber Sie werden
jetzt leichter verstehen, was ich Ihnen erzählen will, und es ist so
tröstend, Verständnis zu finden.
Sehen Sie, ich habe bei unserer prucisntis st Securilss, die ich
Ihnen übrigens, falls Sie in Frage kommende jüngere Angehörige
haben, etwa Söhne oder Schwiegersöhne, als solides Institut bestens
empfehlen möchte — ach so, davon sollte ja nicht die Rede sein;
bitte um Entschuldigung! — ich habe da also einmal ganz klein an-
gefangen; im Außendienst bin ich als Agent herumgelaufen. Ein
verflucht schweres Geschäft, das werden Sie sich ja denken können.
Aber ich habe was Tüchtiges geleistet, wie Ihnen schon der Amstand
beweist, daß ich Generalagent geworden bin. O, ich habe eine Masse
Leute dazu herumgekriegt, einen Versicherungsantrag zu unterschreiben.
Aber natürlich — manche Anträge sind dann leider abgelehnt worden.
Denn unsere Gesellschaft ist, worauf ich Sie besonders aufmerksam
machen möchte, für den Fall, daß jüngere Angehörige — ah so, bitte
zu verzeihen! — unsere Gesellschaft ist, wozu sie ja auch im Interesse
der bereits bei ihr Versicherten und also an den Dividenden Betei-
ligten verpflichtet ist, sehr vorsichtig und gewissenhaft. Ein unter-
schriebener Antrag bedeutet noch lange keine abgeschlossene Versiche-
rung. Wann aber bekommt der Agent seine Provision? Erst wenn
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Dein Kind weint ja, wenn man spielt...
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 196.1942, Nr. 5038, S. 116
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg