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Treffpunkt Picks Mühle

Von Alfred Richter

Zufällig stieß ich einmal wieder auf meinen Schulfreund Klaus.
Mir sprachen von den Kameraden. „Was macht eigentlich Eberhard?"
fragte ich, „er hat sich wohl ganz in sein Schneckenhaus zurückgezogen?"

„Za, schüchtern ist er immer noch," bestätigte Klaus. „Aber der
arme Kerl hat ja auch wirklich Pech."

„Wieso? Lat er in der Lotterie verloren?"

„Das auch. Vor allem aber in der Lotterie der Liebe. Unlängst
hatte er Bekanntschaft mit einem ganz prächtigen Mädel. Aber —
na ja, er hat eben Pech. Obgleich ich ihn in jeder Weise unterstützt
hatte, als Freund."

„Du hast sie ihm wohl ausgespannt?"

„Unsinn, ich habe ihm sogar meine beste Krawatte geborgt.
Er glaubte nämlich, seine eigenen wären zu bunt. Dann hielt
er sie wieder für zu farblos. And schließlich geriet er in Zweifel,
ob er einen Selbstbinder überhaupt so binden könnte, daß er
damit vor Lieselotte nicht aufschmiß. Na, da habe ich ihn also
zurechtgestutzt, als handelte es sich um mich selber. Losen tadel-
los gebügelt, neue kunstseidene Obergarnitur, von mir selber aus-
gesucht für ihn, denn, wie gesagt, Lieselotte, sagte er, hätte un-
heimlich Geschmack. And du weißt ja, er ist eben immer ein
bißchen ängstlich, ob er nicht unangenehm auffällt. — Aber es be-
standen auch noch andere Lem-
mungen. Lieselotte nämlich war
zunächst nicht zu einem Stelldich-
ein zu bewegen. Du mußt wissen:
die wohnte im Nachbarstädtchen.

Na, und da passen die Leute auf
alles auf. Und die Mutter war
streng. And der Vater konnte
alles nicht leiden. Und die ältere
Schwester hatte noch keinen und
war eifersüchtig. Und bei der
jüngeren Schwester Lieselottes
war schon einmal eine Verlobung
zurückgegangen, das hatte die
Familienehre schwer beschattet;
der Papa war Beamter. Kurzum,
in dieser Atmosphäre war das
Mädel schließlich mißtrauisch
gegen sich selbst und sogar gegen
den arglosen Eberhard geworden.

Sie wollte nicht in unser Kaff
herüberkommen, verstehst du.

Eberhard aber sollte auch nicht
rüber in ihr Nest, denn dann
sähen ihn ja die Leute und klatschten
es den Eltern. Also, es war schwer."

„Ra, gab es denn da keinen
neutralen Ort, ihr Töpfer?"

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„Doch. Eben Picks Mühle. Liegt genau in der Mitte zwischen
den beiden Orten am Rand eines Wäldchens wunderschön idyllisch
und war für jeden von beiden in anderthalb Fahrradstunden zu
erreichen. Andere direkte Verbindung gab es zur Zeit nicht. Und
da Eberhards Rad ihm zu schäbig vorkam — Einbildung! Es war
noch ganz gut! — borgte ich ihm meines. Wie gesagt, ich habe dem

Kaffer in jeder Weise geholfen. Aber dieser Obertaps-"

„Warum ist er denn auf einmal ein Kaffer und ein Obertaps?
Vorhin zogst du ihm noch Lonig ums Mäu."

„Quatsch! Wenn man unter so schwierigen Umständen endlich so
weit ist und hat mühselig ein Stelldichein mit der Lolden zustande-
gebracht — was ihm ohne meine Ratschläge ohnedies niemals ge-
lungen wäre — dann fährt man vorher mal hin und sondiert das
Gelände und stellt alle Einzelheiten fest — —"

„Nanu, nanu, was gibt es denn da groß festzustellenI"

„Das wirst du gleich merken, du Optimist. Aber du bist ja
verheiratet und brauchst dich um solchen Kram nicht mehr zu
kümmern: Also auf einen Freitag hatten sie sich verabredet,
Lieselotte hatte alle Bedenken überwunden und alle familiären
Linderniffe überbrückt, beziehungsweise überlogen vermutlich, und
ihn, den dummen Gockel, hatte ich auch zurechtgestutzt, daß er

sich sehen lassen konnte, und ich
gab ihm noch einen Laufen Tips,
was er schwatzen und was er
nicht schwatzen sollte, und er
setzte sich endlich auf sein Rad
oder vielmehr, auf mein Rad,
und gondelte mit schwerem Bam-
mel los. Noch niemals hatte ich
gesehen, wie ein Mannsbild auf
Brautschau ein solcher Blökham-
mel war wie Eberhard."

„Ich ahne alles. Wie er hin-
kam nach so furchtbaren Ueber-
windungen, war die Treulose
nicht da."

„Ganz falsch getippt. Sie war
nicht nur da, sondern sie war
sogar fünf Minuten früher da
als er, und das eben war die
Katastrophe."

„Ist sie so pedantisch? Daß
sie ihm so eine Kleinigkeit übel-
nahm?"

„Man muß ihr zugute halten,
was auch sie alles für Berge
hatte eben machen müffen, bevor
es zu diesem kuriosen Stelldich-
ein kam, und nun war auf einmal

Vogel-Strauß-Politik

„Bitte, waschen Sie mir nochmal den Kopf, ich möchte von
dem Lerrn neben mir nicht erkannt werden."
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Vogel-Strauß-Politik"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Weltkrieg <1939-1945>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 196.1942, Nr. 5043, S. 194
 
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