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Vorsicht! Ein Original!

Von Alfred Richter

„Wenn ihr die Aepfel haben wollt, kommt und holt sie!" schrieb
der Onkel meiner Frau aus seinem kleinen Neste da hinten. Da
war er Sanitätsrat seit anderthalb Menschenaltern. „Gut," sagte
ich, „fahren wir also mal hin!" — „Aber nehmt euch vor ihm in
Acht," warnte die Mutter meiner Frau, „er ist ein Original!"

„Nanu! Ist denn ein Original was Gefährliches?"

„Warte ab, bis du ihn kennen lernst! Ich sage noch einmal: seid
bloß vorsichtig!'

Wir fuhren guter Dinge hin und waren gar nicht weiter vor-
sichtig. Der Graubart gefiel uns recht gut bei der lauten Begrüßung.
Aus der Veranda krähte und knarrte eine Begleitstimme dazu immer
den gleichen Ton. „Du hast wohl einen Papagei, Onkel?" fragte
meine Frau. — „Natürlich," sagte er, „geheiratet habe ich doch nicht."
Pfumm, da saß also die erste Pflaume schon meiner Frau auf dem
Kopfe. Sie blickte mich etwas verdutzt an. Ich wollte schleunigst
ablenken und sagte: „Was sagt denn der interessante Vogel alles?" —
„Gott ja," meinte der Sanitätsrat, „eigentlich spricht er im Grunde
immerfort ein und dasselbe, wie das bei diesen Biestern so ist." —
„Lm. Und was spricht er?" — „Eigentlich," erklärte der alte Lerr
mit todernstem Gesicht, „immer bloß piep". Worauf auch ich darauf
verzichtete, ihn vorerst weiter auszufragen. „Laß nur," tröstete ich
bann oben auf unserem Zimmer meine eingeschüchterte Frau, „er
ist eben doch ein Original. Deine Mutter hatte ganz Recht. „Man
muß ihn nicht reizen. Dann bleibt er vielleicht gutartig." — „Ich
danke schön!" schalt meine Frau, „bast du überhaupt gesehen, wie
sein Landhaus heißt?" — „Wie es heißt? Wie soll es denn heißen?
Ich habe gar nichts gesehen. Es ist doch alles mit wildem Wein
überwachsen." — „Ja, aber ich habe auf das Türschild geschaut.

darauf steht's, und es lugen auch noch ein paar große Metallbuch-
staben durch den wilden Wein am Giebel." — „So? Was steht denn
da geschrieben?" — „Landhaus Götz von Berlichingen," sagte meine
Frau entrüstet. „Lm," machte ich verblüfft, ich schaute aus dem
Fenster. Drunten in seinem Garten stand der Onkel mit einer Lacke
und tat einen Korb Kartoffeln heraus. Er sah mich und hielt inne.
„Die sind für euch," rief er herauf. „Ja, hier habe ich im vorigen
Jahr zum erstenmal Kartoffeln gepflanzt. Kartoffeln, versiehst du?" —
„Zawoll!" brüllte ich gehorsam hinab, denn ich wollte ihn ja nicht
reizen. „Ja, also Kartoffeln," nickte er, „die habe ich gepflanzt. Aber
was glaubst du, was gekommen ist?" — „Vermutlich doch wohl
Kartoffeln," tastete ich vorsichtig. Da lachte er von Ohr zu Ohr.
„Nee, ein Wildschwein ist gekommen und hat sie mir bei Nacht aus-
gegraben," gröhlte das Original herauf, bückte sich und grub weiter. —
„Mach bloß das Fenster zu," bat meine Frau, „das ist ein ganz
gefährlicher Spaßvogel. Morgen reisen wir wieder ab. Mir ist es
hier unheimlich." Ich lachte, aber mir war' in Wahrheit selber auch
unheimlich zumute. Ich ging zum Onkel hinunter und sagte: „Du,
Onkel, ich verfolge hier noch einen Nebenzweck: in der Nachbarschaft
ist doch ein Gut des Kommerzienrats Meusfelder. Aus geschäftlichen
Gründen hätte ich da gerne mal angeklopft." — „Immer klopfe,"
sagte der Alte, ohne von seiner Arbeit aufzuschauen, „ich kenne die
Bande nicht, sie lassen sich von einem andern Idioten verarzten, was
eigentlich Intelligenz beweist und Achtung abnötigt. And also werde
ich dich bei der Rasselbande einführen." Ich guckte mit Augen, die
so lang waren wie bei einer Schnecke. „Einführen?" sagte ich, „ich
denke, du kennst sie selber nicht — — ?" — „Laß nur," sagte er,
„kümmere dich nicht um Details, das ist bei mir nicht nötig, freßt

Ein schöner Osterhut

„Ich bin so wütend, daß ich keinen „Ich habe Ihnen ein Osterei mit-
neuen Frühjahrshut habe, den gebracht, Fräulein Lotte. Es ist

ich Ostern aufsetzen kann!" zwar nur ein Ei aus Pappe ..."
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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ein schöner Osterhut"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 196.1942, Nr. 5044, S. 210

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