Anvenken
Vergünstigung mit einem Erinnerungsfähnchen oder einem Kunst-
druckblatt oder einem Büchlein oder sonstigem.
Vater Hermann und sein Vetter Bernhard waren auf ihren
-Wunsch gemeinsam untergebracht worden, denn im Laufe der vielen
Jahre ihres Landlebens waren sie doch ein wenig großstadtscheu ge-
worden. Sie wohnten im Bllrgerquartier bei ungemein netten Leuten.
Kamen sie abends heim, dann sortierte Vater Hermann seine Andenken,
und er steckte damit den Vetter Bernhard an, der nun gleichfalls sam-
melte. So entstand ein friedlicher, aber ehrgeizig betriebener Welt-
streit. Jeder wollte daheim mehr vorzeigen können als der andere.
Endlich waren sie dann wieder daheim bei ihren Lieben und
packten ans, erst die erwarteten Geschenke, dann auch ihre Andenken.
Nach ein Paar Tagen, als die Gemüter sich einigermaßen beruhigt
hatten, führte Vater Hermann seine Schätze dem gaffenden Fami-
lienkreise vor. Er erklärte Stück um Stück. Das gab schier endlose
Geschichten. Zum Schluß brachte er noch etwas ganz besonderes
zutage. „Ehrenkarte für die Festaufführung des Wallenstein," lasen
ehrfurchtsvoll und staunend die Angehörigen. „Ja," sagte Vater
Hermann, „alles andere, was ich euch gezeigt habe, das hat Vetter
Bernhard auch. Das hier aber, diese Ehrenkarte, die besitzt er nichtl"
And seine Augen leuchteten im Triumph. „Ich besitze also ein An-
denken mehr als er. Ich glaube, daß ihn das tüchtig fuchst, wenn
er sich's auch nicht merken läßt."
„Ja, warum hast denn aber du die Ehrenkarte gekriegt, und
Vetter Bernhard nicht?"
„O," lächelte Vater Hermann verschmitzt, „gekriegt hat er sie
auch, jeder hat sie gekriegt, bloß: das dumme Luder ist hineinge-
gangen, und da hat sie ihm der Portier natürlich abgenommen. Ich
aber bin draußen geblieben — na, und dafür habe ich nun das An-
denken, das er nicht hat. Aetschl"
276
Der neue Diener
Knobelmayer hat einen neuen Diener eingestellt, den er in seine
Obliegenheiten einweiht. Am Schluffe meint er: „And merken Sie
sich, wenn man sich nicht richtig ausdrücken kan», ist man ein Schafs-
kopf! Haben Sie mich verstanden?"
Grinst der andere treuherzig und meint: „Nein!"
Der Clown Andren Von Josef Robert Larrer
Durch meinen Schwager, den Schlangenmenschen, lernte ich den
Clown Andrea kennen. Seine Scherze und Kapriolen in der Zirkus-
manege unterhielten Abend für Abend das Publikum. Als wir dann
beisammensaßen, wunderte ich mich, daß Andrea auch außerhalb seines
Berufes lustig und zu Scherzen aufgelegt war. Kopfschüttelnd
meinte ich: „Ich dachte immer, Clowns seien privat sehr ernste, ja
griesgrämige Leute, die aussehen, als ob ihnen die Hühner das Brot
weggefressen hätten, oder als ob die Läuse in ihrer Leber Hochzeit
feierten."
Andrea lachte. »
„Nein, so bin ich nichtl Ob Sie es glauben oder nicht, ich habe
noch nie geweint oder auch nur eine finstere Miene gemacht!"
„Nie?" wunderte ich mich. „Auch nicht, sagen wir beim Zahnarzt?"
„Da schon gar nichtl Ich stelle mir einfach vor, wie grotesk es
wäre, wenn sich plötzlich die Situation umdrehte, und wenn ich in
den Zahnlöchern des Arztes herumbohren dürfte! . . . Das ist eine
meiner Methoden zur Erhaltung der Heiterkeit. Jedes Ding, jedes
Ereignis, das man sich um 180 Grade verschoben denkt, verliert seine
unangenehme, finstere Seite!"
„Eine beneidenswerte Lebensphilosophie! Ob sie sich aber auch in
allen Lagen wirklich anwenden läßt?"
Vergünstigung mit einem Erinnerungsfähnchen oder einem Kunst-
druckblatt oder einem Büchlein oder sonstigem.
Vater Hermann und sein Vetter Bernhard waren auf ihren
-Wunsch gemeinsam untergebracht worden, denn im Laufe der vielen
Jahre ihres Landlebens waren sie doch ein wenig großstadtscheu ge-
worden. Sie wohnten im Bllrgerquartier bei ungemein netten Leuten.
Kamen sie abends heim, dann sortierte Vater Hermann seine Andenken,
und er steckte damit den Vetter Bernhard an, der nun gleichfalls sam-
melte. So entstand ein friedlicher, aber ehrgeizig betriebener Welt-
streit. Jeder wollte daheim mehr vorzeigen können als der andere.
Endlich waren sie dann wieder daheim bei ihren Lieben und
packten ans, erst die erwarteten Geschenke, dann auch ihre Andenken.
Nach ein Paar Tagen, als die Gemüter sich einigermaßen beruhigt
hatten, führte Vater Hermann seine Schätze dem gaffenden Fami-
lienkreise vor. Er erklärte Stück um Stück. Das gab schier endlose
Geschichten. Zum Schluß brachte er noch etwas ganz besonderes
zutage. „Ehrenkarte für die Festaufführung des Wallenstein," lasen
ehrfurchtsvoll und staunend die Angehörigen. „Ja," sagte Vater
Hermann, „alles andere, was ich euch gezeigt habe, das hat Vetter
Bernhard auch. Das hier aber, diese Ehrenkarte, die besitzt er nichtl"
And seine Augen leuchteten im Triumph. „Ich besitze also ein An-
denken mehr als er. Ich glaube, daß ihn das tüchtig fuchst, wenn
er sich's auch nicht merken läßt."
„Ja, warum hast denn aber du die Ehrenkarte gekriegt, und
Vetter Bernhard nicht?"
„O," lächelte Vater Hermann verschmitzt, „gekriegt hat er sie
auch, jeder hat sie gekriegt, bloß: das dumme Luder ist hineinge-
gangen, und da hat sie ihm der Portier natürlich abgenommen. Ich
aber bin draußen geblieben — na, und dafür habe ich nun das An-
denken, das er nicht hat. Aetschl"
276
Der neue Diener
Knobelmayer hat einen neuen Diener eingestellt, den er in seine
Obliegenheiten einweiht. Am Schluffe meint er: „And merken Sie
sich, wenn man sich nicht richtig ausdrücken kan», ist man ein Schafs-
kopf! Haben Sie mich verstanden?"
Grinst der andere treuherzig und meint: „Nein!"
Der Clown Andren Von Josef Robert Larrer
Durch meinen Schwager, den Schlangenmenschen, lernte ich den
Clown Andrea kennen. Seine Scherze und Kapriolen in der Zirkus-
manege unterhielten Abend für Abend das Publikum. Als wir dann
beisammensaßen, wunderte ich mich, daß Andrea auch außerhalb seines
Berufes lustig und zu Scherzen aufgelegt war. Kopfschüttelnd
meinte ich: „Ich dachte immer, Clowns seien privat sehr ernste, ja
griesgrämige Leute, die aussehen, als ob ihnen die Hühner das Brot
weggefressen hätten, oder als ob die Läuse in ihrer Leber Hochzeit
feierten."
Andrea lachte. »
„Nein, so bin ich nichtl Ob Sie es glauben oder nicht, ich habe
noch nie geweint oder auch nur eine finstere Miene gemacht!"
„Nie?" wunderte ich mich. „Auch nicht, sagen wir beim Zahnarzt?"
„Da schon gar nichtl Ich stelle mir einfach vor, wie grotesk es
wäre, wenn sich plötzlich die Situation umdrehte, und wenn ich in
den Zahnlöchern des Arztes herumbohren dürfte! . . . Das ist eine
meiner Methoden zur Erhaltung der Heiterkeit. Jedes Ding, jedes
Ereignis, das man sich um 180 Grade verschoben denkt, verliert seine
unangenehme, finstere Seite!"
„Eine beneidenswerte Lebensphilosophie! Ob sie sich aber auch in
allen Lagen wirklich anwenden läßt?"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Es wird einem im Leben nichts geschenkt..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)