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Meiers Bello

Von Alfred Richter

Lunderassen sind manchmal Glücksache. Bei Meiers Bello wenig-
stens war es so. Vater Meier nannte seinen Bello eine dänische
Dogge. Nachbar Brinke sprach von einem Fleischerhund. Kantor
Birr, den Bello einmal auf der Straße beinahe umgeworsen hatte,
erklärte, dieser Köter wäre eine Kreuzung zwischen einem Schaukel-
pferd und einem Nilpferd. Lundezüchter Bielemann aber lachte bloß,
wenn in seiner Gegenwart von Bello die Rede war.

Eines Abends hörte Meier in der Ferne einen Schuß fallen. Die
Jagdzeit war aufgetan. Nachbar Brinke war seit neuestem unter
die Nimrode gegangen und vollbrachte vielleicht an diesem Abend
seine erste jagdliche Leldentat. Meier schmunzelte, denn er hielt
Brinke für einen Schlumpschützen.

Aber vom nächsten Morgen ab schmunzelte er nicht mehr, denn
Bello fehlte.

Bello fehlte auch fernerhin. Er kam nicht wieder. Bello war
verschwunden. Meier überlegte lange, wie er sich verhalten sollte.
Es waren fremde Kerle gesehen worden. Die konnten Bello an sich
gelockt und entführt oder auch verzehrt haben. Auf jeden Fall war
es ausgeschlossen, kurzerhand den Nachbar Brinke als Erschietzer
Bellos zu bezichtigen. Zuerst einmal mußte man ein bissel umher-
fahnden, bevor man etwas unternahm.

Der Fall verwickelte sich noch erheblich dadurch, daß drei Tage
nach dem Verschwindeü Bellos jemand — und dieser jemand war
hintennach nicht mehr festzustellen — dem sechsjährigen Söhnchen
Meiers auf der Straße vor dem väterlichen Grundstück einen Brief
für den Papa übergeben hatte. Dieser Brief hatte einhundert Mark
in Papierscheinen und einen Zettel enthalten mit der Aufschrift:
„Für den Lund". Diese drei Worte waren aus verschiedenen Zei-
tungen herausgeschnitten und
aufgeklebt. Niemand konnte
aus ihnen den Täter erkennen.

— Meter betrachtete lange
den rätselhaften Zettel, noch
länger aber die fünf Zwan-
zigmarkscheine, und plötzlich
begann er vergnügt vor sich
hinzupfeifen: Der Bello, das
olle, ehrliche, stets ungehor-
same und freßgierige Mist-
vieh, wär mit einhundert
Mark weit, weit über den
Wert bezahlt, und man
konnte also mit der Sache
ganz zufrieden sein.

Meier war es schließlich
auch. Aber den Täter hätte
er eben doch gar zu gerne
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gewußt. Am Sonntag beim Abendschoppen setzte er sich im ,Grünen
Baum" hart neben seinen Nachbarn Brinke, der schon dahockte, brachte
sehr bald das Gespräch auf die Jagd und verlangte laut in die
Runde, just, als Brinke gerade das Glas zum Trinken ansetzte:
„Singen wir doch mal das schöne und altbekannte Lied:

Ich schieß den Lirsch im wilden Forst,

Den Lund auf der Chaussee-"

Brinke verschluckte sich derartig, daß er das halbe Glas sich in
den Lalskragen goß. „Aha," schmunzelte Meier vor sich hin, „aha I"
Sagte aber weiter nichts. Er dachte an die vereinnahmten hundert
Mark und trank Brinke freundschaftlich zu. Der überhörte es und
hustete weiter.

Sie gingen dann zusammen heim, als treue Nachbarn, und erst
wollte Meier dem Brinke die Sache mit Bello auf den Kopf zu-
sagen, hielt sich aber doch zurück, denn noch fehlte jeglicher sachliche
Beweis. Meier stand dann noch lange am Fenster seiner Stube und
schaute, den Fall erwägend, in Brinkes Garten hinüber. Lart am
Zaun lag Brinkes Komposthausen. Der Zaun war an jener Stelle
schadhaft. Brinke war darin ein bißchen liederlich. Meier beobach-
tete plötzlich bei dem Komposthaufen Bewegung, holte sein Fern-
glas, da es schon dämmerte, und erkannte, daß Brinkes Lund und
Meiers neuangeschaffter Bello-Ersatz-Dackel mit Bergmannseifer
wühlten und gruben. Meier riß das Fenster auf und pfiff seinem
Lund. Der Lund, als echter Dackel, hörte nicht. Meier pfiff lauter.
Da erschien von seinem Lause her Brinke. Als er die Biester bud-
deln sah, erwischte er, was er gerade zu fassen kriegte, und stürmte
auf die Köter los. Sie entkamen ihm noch glücklich; der Dackel, als
der kleinere, benutzte zum Ausreißen das Loch im Zaun und rettete

sich auf seines Lerrn Grund-
stück. Aber er hatte seine aus-
gegrabene Beute nicht fah-
ren lassen: Bellos Schwanz.
Brinke sah es, wenn auch
zu spät. Er sah auch den
Nachbarn Meier mit dem
Fernglas, und auch dieses
zu spät.

And da ging er einfach zu
ihm hinüber und sprach sich
mit ihm aus. Meier war auch
gar nicht beleidigt. Er hatte
ja die hundert Mark. Der
Dackel, den er an Bellos
Statt in Dienst gestellt hatte,
war ihm nur auf zwanzig
Mark zu stehen gekommen.
Achtzig Mark waren Rein-
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Hör uff mit deinem Talent, Mensch..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Frank, Hugo
Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 196.1942, Nr. 5049, S. 290
 
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