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o

Kalkulation

Von Alfred Richter

Theo Munke muß ein Geschenk machen. Das Geschenk soll nach
etwas aussehen, es muß repräsentieren. Mit der üblichen Frucht-
schale ist es nicht getan. Tante Veronika, die das Geschenk kriegen
soll, besitzt schon acht Fruchtschalen. Also muß Theo Munke seinen Grips
anstrengen und etwas anderes ausdenken. — fim, aber was bloß?

Plötzlich kommt er auf den schlauen Gedanken, in der Zeitung
unter der Rubrik „Gelegenheitskäufe" nachzusehen, und richtig, es
bietet da einer ein Oelgemälde an, sogar die Maße sind angegeben,
es ist ein riesiger Schwarten von einem Bild. „Na", denkt Theo,
„wenn das nicht nach was ausschaut!" und saust hin in die Woh-
nung des Anbieters. Das ist ein verhutzeltes Männchen, der in
allerlei Gerümpel fast erstickt, und teilt grämlich mit, daß er das
ganze Geraffel geerbt hat und es eiligst los sein will. Eben deshalb
hätte er auch ganz billige Preise gemacht. — Theo Munke hat
unterdessen das Bild beäugt
und findet es so, daß es der
guten Tante Veronika wirk-
lich gefallen könnte. „Was
soll denn das Bild kosten?"

„Dreißig Mark."

„Und ohne Rahmen ?" (Denn
man könnte einen schöneren
darum machen laffen).

„Auch dreißig," sagt der
Zwickelbart.

„Das ist ja sonderbar,"
wundert sich Theo, „was würde
denn der Rahmen allein
kosten?"

„Ebenfalls dreißig."

„Aber das ist doch ganz
drollig! Wie kommen Sie denn
auf diese Preise?"

„Ich will halt meine Bude
frei haben, und da geb' ich
das Bild nur gerahmt ab."

„Wenn einer aber nun das
Bild haben will, weil er da-
heim schon einenRahmen hat?"

„Das geht mich nix an,
was einer daheim hat. Ich
brauch' hier Platz in meinem
Zimmer. Und ich kann keinen
Rahmen gebrauchen und kann
kein Bild gebrauchen. Aber
dreißig Mark muß ich dafür
lösen. Und läßt mir einer den
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Rahmen dastehen, dann verbrenn' ich den Rahmen, und läßt mir einer
das bloße Bild dastehen, dann verbrenn' ich eben das Bild, mir ganz
egal, Lauptsach', ich Hab' meine dreißig Mark. Alles andere ist mir
wurscht. Darum kost' bei mir das Bild mit Rahmen dreißig Mark,
und das Bild ohne Rahmen kost' dreißig Mark, und der Rahmen ohne
das Bild kost' auch dreißig Mark. Verstehen Sie mich jetzt?"

„Sonderbare Sache," murmelt Theo Munke, aber er streitet sich
nicht Weiler mit dem Original herum, holt die Brieftasche hervor,
zahlt drei Zehnmarkscheine auf den Tisch, steckt die Quittung ein,
läßt sich das Bild in Packpapier einschlagen, nimmt es und trollt
sich damit heim, höchst zufrieden über seinen vorteilhaften Ein-
kauf. Denn die gute Veronika hat Kunstverständnis, und mit
einem solchen schönen Geschenk kann man sich mächtig bei ihr
einkratzen. Daß das Bild so billig war, braucht sie ja nicht

zu erfahren!

Leider kann er am Iubi-
läumstag der lieben Veronika
dann das Bild nicht persön-
lich überreichen. Er schickt es
ihr mit einem Glückwunsch-
schreiben ins Laus und
empfängt auch einen freund-
lichen Dank. Wie er danach
die teure Veronika einmal
aufsucht, wundert er sich zu-
nächst, nicht das Bild mitten
über dem Sofa an der Wand
prangen zu sehen, denkt sich
aber dann, sie wird ihm, da
es gar so groß und bedeutend
herabschauen würde, in ihrem
besten Zimmer einen Ehren-
platz gegeben haben, und die-
ses beste Zimmer — Tante
Veronika ist darin ein bissel
altmodisch — wird in gleich-
mäßigen Zeitqbständen gründ-
lich gereinigt, dann verschlossen
und bis zum nächsten Reine-
machetag von keinem Men-
schen mehr betreten. Ganz
bestimmt, in diesem Zimmer
also wird das Bild, gleichsam
in einem Museum, hängen.
So kalkuliert Theo sich die
Sache zurecht und fühlt sich
ganz geschmeichelt.

„Ihr Laar ist zu trocken, Lerr Luder; Sie sollten dagegen
etwas tun." — »Gut, da will ich heule baden gehn."

X
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ihr Haar ist zu trocken, Herr Huber"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Frank, Hugo
Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 197.1942, Nr. 5057, S. 2
 
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