Die Klöße
sich doch um kein Kochen. Das hat sie zu Lause nicht nötig, und da
ist es ihr bei uns erst recht egal. Nein, Tante erzählt von Italien
und von Dalmatien und von Kairo und guckt dabei gar nicht auf
ihren Teller. Du hast wohl schon Angst um die dicke Villa?" „Un-
sinn!" sagte Otto und gab seiner Frau einen raschen Kuß. Sie
schob ihn zurück und ging hinaus. Draußen wurde sie sehr nachdenk-
lich. Zwei Minuten später stand sie a» die Tante Kassandra ge-
schmiegt in deren Zimmer und sagte: „Tante, waren sie sehr schlimm?"
— „Wer?" „Die Klöße! Du hast es doch natürlich gemerkt!" —
„Dein Otto hat wohl Kritik geübt?" „Otto? Nein! Wo denkst
du hin! Otto ißt alles, was ich koche!" — „Na, dann ist es doch
gut, Kind, das ist doch die Lauptsache! Nein, beruhige dich, deine
Klöße waren tadellos. Sollte dir aber wirklich irgend was mal nicht
so ganz glücken, irgendwann mal, meine ich, dann begehe ja nicht
den Fehler und mache deinen Mann darauf aufmerksam. Von selber
merken die nämlich meist überhaupt nichts. Die sitzen bei Tisch und
denken an ihr Geschäft oder a» ihre Prozesse, und hinterher wissen
sie oft gar nicht, was sie überhaupt gegessen haben!"
Durch diesen tröstlichen Bescheid chloroformiert, begab sich die
junge Lausfrau in ihre Küche. Ihr Gatte paßte das luchsend ab
und schnellte sich dann geschickt über den Korridor in Tante Kassan-
dras Zimmer. „Lör' mal, Tante," begann er, „man muß mit Lanne-
lore eben noch ei» bißchen Nachsicht haben, nicht wahr. Sie ist ja
noch furchtbar jung." — „Was habt ihr denn miteinander?" — „Wir?
Gar nichts. Bloß: nicht wahr, die Klöße heute — nimm ihr die nicht
übel — !" — „Was war denn an den Klößen?" — „Na, erstens
hatten sie zu lange gezogen, sie hatten ja gar keine rechte Form mehr,
und dann fehlten doch die Kloßbröckche». Lannelore ist durch dein
Telegramm, daß du kommen würdest, in grenzenlose Aufregung ge-
raten, und da hat sie halt vergessen, eine Semmel für die Bröckchen
zu besorgen, und heute ist Sonntag, und da kriegt sie nirgends eine.
Es sind ja die Läden zu." — „Lat sie dir das alles gebeichtet?" —
„I wo! Kein Wort! Sie denkt, ich hätte überhaupt nichts gemerkt." —
Agitation „Das sind ja haarsträubende Versenkungsziffern im deutschen Leeresbericht, und leider ist
alles richtig! Was kann man dagegen machen?"
„Lassen Sie bas unsere Sorge sein. Mit etwas Phantasie wird das spielend ausgeglichen."
30 d
sich doch um kein Kochen. Das hat sie zu Lause nicht nötig, und da
ist es ihr bei uns erst recht egal. Nein, Tante erzählt von Italien
und von Dalmatien und von Kairo und guckt dabei gar nicht auf
ihren Teller. Du hast wohl schon Angst um die dicke Villa?" „Un-
sinn!" sagte Otto und gab seiner Frau einen raschen Kuß. Sie
schob ihn zurück und ging hinaus. Draußen wurde sie sehr nachdenk-
lich. Zwei Minuten später stand sie a» die Tante Kassandra ge-
schmiegt in deren Zimmer und sagte: „Tante, waren sie sehr schlimm?"
— „Wer?" „Die Klöße! Du hast es doch natürlich gemerkt!" —
„Dein Otto hat wohl Kritik geübt?" „Otto? Nein! Wo denkst
du hin! Otto ißt alles, was ich koche!" — „Na, dann ist es doch
gut, Kind, das ist doch die Lauptsache! Nein, beruhige dich, deine
Klöße waren tadellos. Sollte dir aber wirklich irgend was mal nicht
so ganz glücken, irgendwann mal, meine ich, dann begehe ja nicht
den Fehler und mache deinen Mann darauf aufmerksam. Von selber
merken die nämlich meist überhaupt nichts. Die sitzen bei Tisch und
denken an ihr Geschäft oder a» ihre Prozesse, und hinterher wissen
sie oft gar nicht, was sie überhaupt gegessen haben!"
Durch diesen tröstlichen Bescheid chloroformiert, begab sich die
junge Lausfrau in ihre Küche. Ihr Gatte paßte das luchsend ab
und schnellte sich dann geschickt über den Korridor in Tante Kassan-
dras Zimmer. „Lör' mal, Tante," begann er, „man muß mit Lanne-
lore eben noch ei» bißchen Nachsicht haben, nicht wahr. Sie ist ja
noch furchtbar jung." — „Was habt ihr denn miteinander?" — „Wir?
Gar nichts. Bloß: nicht wahr, die Klöße heute — nimm ihr die nicht
übel — !" — „Was war denn an den Klößen?" — „Na, erstens
hatten sie zu lange gezogen, sie hatten ja gar keine rechte Form mehr,
und dann fehlten doch die Kloßbröckche». Lannelore ist durch dein
Telegramm, daß du kommen würdest, in grenzenlose Aufregung ge-
raten, und da hat sie halt vergessen, eine Semmel für die Bröckchen
zu besorgen, und heute ist Sonntag, und da kriegt sie nirgends eine.
Es sind ja die Läden zu." — „Lat sie dir das alles gebeichtet?" —
„I wo! Kein Wort! Sie denkt, ich hätte überhaupt nichts gemerkt." —
Agitation „Das sind ja haarsträubende Versenkungsziffern im deutschen Leeresbericht, und leider ist
alles richtig! Was kann man dagegen machen?"
„Lassen Sie bas unsere Sorge sein. Mit etwas Phantasie wird das spielend ausgeglichen."
30 d
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Agitation"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)