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Kleine Tragikomödie

Von Peter Robinson

Unter anderen Leuten, die um 8 Ahr 10 morgens an der Aus-
gangsstation einen Zug der S-Bahn besteigen, sind ein alter Lerr
und — sie gehört aber nicht zu ihm — eine ältere Dame, die also
jünger ist als der Lerr, denn einem merkwürdigen Sprachgebrauch
zufolge ist ja älter weniger als
alt. Von dem Lerrn könnte man
vermuten, daß er in die Staats-
bibliothek fahre. Freilich wer-
den das nur wenige meinen-
denn die meisten werden ja
gar nicht an die Staatsbib-
liothek denken. Die Dame
sieht nach Selbständigkeit und
Energie aus; wahrscheinlich hat
sie ein eigenes Geschäft, viel-
leicht einen Modesalon, denn sie
kommt stets sehr elegant an.

Beide, die Dame wie der Lerr,
steigen immer in den zweiten
Wagen von vorn — aus
Bequemlichkeit, weil er gerade
neben dem Aufgang hält.

In den gleichen Wagen,
der hier am Ausgangsort noch
wenig besetzt ist, kommt dann
noch ein junges Mädchen, wohl
eine Stenotypistin, Sekretärin,

Kassiererin oder dergleichen.

Sie aber hat einen bestimmten
Grund, gerade diesen Wagen
zu wählen. Denn an der ersten
Station, nach vier Minuten,
kommt ein junger Mann zu-
gesprungen, der mit dem
Mädchen ein Stück Wegs
zusammen sein will. Deshalb
haben sie diesen Wagen ver-
abredet. Denn erst lange suchen
kann man natürlich nicht; die
Züge der S-Bahn halten ja
oft kaum eine halbe Minute.

Der junge Mann hat aber,
was er jedenfalls bedauert,
nur sechs Stationen weit zu
fahren, währendchas Mädchen
dann erst die Lälfte ihrer
Fahrt zurückgelegt hat.

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Seit fünf Wochen geht das so. Lin und wieder müssen die jungen
Leute auch sonst zusammen gewesen sein, im Theater oder im Kino.
Das ergibt sich, wenn einmal ihre morgendliche Anterhaltung sich
auf solch ein gehabtes oder erst in Aussicht genommenes Vergnügen

bezieht. Der alte Lerr und
die ältere Dame haben das
merken können. Sie haben
auch feststellen können, daß
diese Beziehung allmählich
herzlicher geworden ist. Erst
hat das junge Mädchen
„Lerr Schmidt" gesagt und
der junge Mann „Fräulein
Müller". Dann ist er zu
„Fräulein Käthe" überge-
gangen, während sie noch bei
dem, aber liebenswürdiger
gesprochenen „Lerrn Schmidt"
geblieben ist. Auf einmal aber
hieß es „Käthe" und „Lans",
und ein herzliches „Du" ist
auch noch dazu gekommen.

Das ist gestern gewesen.
Die ältere Dame hat dazu
gelächelt und eine Zeitlang
etwas weniger energisch aus-
gesehen. Der alte Lerr aber
hat erstaunt die Augenbrauen
hochgezogen und dann öfter,
wie mißbilligend und in
schweren Bedenken, den Kopf
geschüttelt.

Als er nun heute in den
Zug steigt, liegt auf seinem
Gesicht ein harter Ausdruck
von Bereitschaft, einen nach
gewissenhaften Aeberlegungen
gefaßten Entschluß durchzu-
sühren; vielleicht prägt sich
das bei ihm so deutlich aus,
weil er trotz eines langen
Lebens nicht oft in die Lage
gekommen ist, zu einem ker-
nigen Entschluß gelangen zu
müssen.

And wirklich — ein Ent-
schluß ist gefaßt worden, und
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Halt dich still, Max, ich möcht' eine Aufnahme machen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Huth, Helmuth
Entstehungsdatum (normiert)
1942 - 1942
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 197.1942, Nr. 5060, S. 42
 
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