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Das Stelldichein
Eine alle Geschichte, welche der Bart rastert wurde, von Ralph Urban.
Leinz Ort wartete vor dem Parkeingang gegenüber der Normal-
uhr. Die Zeiger standen auf fünf nach fünf. Zwei Leidensgenossen
warteten ebenfalls auf ihre Damen, man sieht dies einem Lerrn
sofort an. Außerdem stellt sich nicht einmal ein Lund bei trübem
unfreundlichem Wetter zum Parkeingang, wenn er dort nichts zu
erwarten hat.
Leinz Ort zündete sich eine Zigarette an, dann schlug er den Kragen
seines Mantels hoch. Ein schlankes Mädel kam die Straße herüber,
worauf einer der Leidensgenossen zu strahlen begann und erlöst wurde.
Das Paar ging nach
links ab. Fünf Uhr fünf-
zehn. Der zweite Lei-
densgenosse wurde un-
ruhig und schleuderte
grimmige Blicke nach
allen Richtungen. Er
ging auf und ab. seine
Schritte wurden immer
rascher, die Wendungen
zackiger. Es sah aus, als
würde er im nächsten
Augenblick sich selbst
beißen. Plötzlich aber
wurden seine Nasen-
löcher freundlich, denn
eine mollige jungeDame
überquerte die Sttatze.
„Wartest du schon
lange?" sagte das Mäd-
chen zum zweiten Lei-
densgenoffen.
„Wenn du nur da
bist, Liebling/ meinte
der Mann und faßte
seinen Schwarm zärt-
lich unter. Das Paar
ging nach rechts ab.Fünf
Uhr fünfunddreißig.
Leinz Ott sagte
„Lm" und blickte dem
Pärchen seufzend nach.
Er kam sich jetzt so ver-
lassen vor wie der ver-
gessene Wachtposten zu
Maria Theresias Zei-
ten. Wo blieb Gerda?
War ihr vielleicht etwas
zugestoßen? Bei einer
plötzlichen Verhinde-
rung hätte sie ihn doch
74
im Büro anrufen können. Ganz pünktlich war sie nie gekommen,
fünf, zehn, fünfzehn Minuten Verspätung, aber dreiviertel Stunden?
Das ist doch etwas starkl — Sechs Uhr zehn. Eine grimmige Ent-
schlossenheit war in den Zügen des Mannes zu lesen. Zeit spielte
keine Rolle, er würde warten, warten, warten. Das konnte doch
nicht möglich sein, daß ein Mädel, mit dem er schon ein wenig vom
Äeiraten gesprochen hatte, ihn einfach versetzte.
Wer schon einmal die Qual des Wartens mitgemacht hat, der
weiß, daß da jede Minute zwanzigfach zählt. Lossen, Bangen, ver-
bissene Wut, neuerliches
Lossen und wie die Fol-
tergrade alle heißen mö-
gen, die Leinz Ort bis
um sechs Uhr achtzehn
mitmachte. Um diese
Zeit begann es nämlich
zu regnen, ruhig und
gleichmäßig. Um sechs
Uhr neunundzwanzig
kam Gerda, schön, frisch,
strahlend. -„Ach,du war-
test wohl schon lange?"
zwitscherte sie ihm ent-
gegen. „Weißt du, ich
war bei Lisl zum Kaffee,
und als ich fottgehen
wollte, kam noch Besuch,
und sie alle ließen mich
einfach nicht weg. Du
bist doch nicht böse?"
„Rein," sagte Leinz
Ott und neigte ein we-
nig den Kopf, worauf
ein kleiner Wasserfall
aus dem Lutrand zu
Boden plätschette.
„Rein, böse bin ich ei-
gentlich nicht, ich ver-
danke dir sogar eine
große Erkenntnis; näm-
lich die,datz ich ein großer
Trottel wäre, wenn ich
ein Mädel, das sich mir
gegenüber schon jetzt so
unzuverläßlich und miß-
achtend erweist, heiraten
würde." Sprachs und
ging durch die Mitte ab.
Das war um sechs Uhr
einunddreißig.
„Ach nein, vollschlank möchte ich in meine Leiratsanzeige nicht Hineinsetzen,
sonst meinen sie alle, ich wäre dick."
Das Stelldichein
Eine alle Geschichte, welche der Bart rastert wurde, von Ralph Urban.
Leinz Ort wartete vor dem Parkeingang gegenüber der Normal-
uhr. Die Zeiger standen auf fünf nach fünf. Zwei Leidensgenossen
warteten ebenfalls auf ihre Damen, man sieht dies einem Lerrn
sofort an. Außerdem stellt sich nicht einmal ein Lund bei trübem
unfreundlichem Wetter zum Parkeingang, wenn er dort nichts zu
erwarten hat.
Leinz Ort zündete sich eine Zigarette an, dann schlug er den Kragen
seines Mantels hoch. Ein schlankes Mädel kam die Straße herüber,
worauf einer der Leidensgenossen zu strahlen begann und erlöst wurde.
Das Paar ging nach
links ab. Fünf Uhr fünf-
zehn. Der zweite Lei-
densgenosse wurde un-
ruhig und schleuderte
grimmige Blicke nach
allen Richtungen. Er
ging auf und ab. seine
Schritte wurden immer
rascher, die Wendungen
zackiger. Es sah aus, als
würde er im nächsten
Augenblick sich selbst
beißen. Plötzlich aber
wurden seine Nasen-
löcher freundlich, denn
eine mollige jungeDame
überquerte die Sttatze.
„Wartest du schon
lange?" sagte das Mäd-
chen zum zweiten Lei-
densgenoffen.
„Wenn du nur da
bist, Liebling/ meinte
der Mann und faßte
seinen Schwarm zärt-
lich unter. Das Paar
ging nach rechts ab.Fünf
Uhr fünfunddreißig.
Leinz Ott sagte
„Lm" und blickte dem
Pärchen seufzend nach.
Er kam sich jetzt so ver-
lassen vor wie der ver-
gessene Wachtposten zu
Maria Theresias Zei-
ten. Wo blieb Gerda?
War ihr vielleicht etwas
zugestoßen? Bei einer
plötzlichen Verhinde-
rung hätte sie ihn doch
74
im Büro anrufen können. Ganz pünktlich war sie nie gekommen,
fünf, zehn, fünfzehn Minuten Verspätung, aber dreiviertel Stunden?
Das ist doch etwas starkl — Sechs Uhr zehn. Eine grimmige Ent-
schlossenheit war in den Zügen des Mannes zu lesen. Zeit spielte
keine Rolle, er würde warten, warten, warten. Das konnte doch
nicht möglich sein, daß ein Mädel, mit dem er schon ein wenig vom
Äeiraten gesprochen hatte, ihn einfach versetzte.
Wer schon einmal die Qual des Wartens mitgemacht hat, der
weiß, daß da jede Minute zwanzigfach zählt. Lossen, Bangen, ver-
bissene Wut, neuerliches
Lossen und wie die Fol-
tergrade alle heißen mö-
gen, die Leinz Ort bis
um sechs Uhr achtzehn
mitmachte. Um diese
Zeit begann es nämlich
zu regnen, ruhig und
gleichmäßig. Um sechs
Uhr neunundzwanzig
kam Gerda, schön, frisch,
strahlend. -„Ach,du war-
test wohl schon lange?"
zwitscherte sie ihm ent-
gegen. „Weißt du, ich
war bei Lisl zum Kaffee,
und als ich fottgehen
wollte, kam noch Besuch,
und sie alle ließen mich
einfach nicht weg. Du
bist doch nicht böse?"
„Rein," sagte Leinz
Ott und neigte ein we-
nig den Kopf, worauf
ein kleiner Wasserfall
aus dem Lutrand zu
Boden plätschette.
„Rein, böse bin ich ei-
gentlich nicht, ich ver-
danke dir sogar eine
große Erkenntnis; näm-
lich die,datz ich ein großer
Trottel wäre, wenn ich
ein Mädel, das sich mir
gegenüber schon jetzt so
unzuverläßlich und miß-
achtend erweist, heiraten
würde." Sprachs und
ging durch die Mitte ab.
Das war um sechs Uhr
einunddreißig.
„Ach nein, vollschlank möchte ich in meine Leiratsanzeige nicht Hineinsetzen,
sonst meinen sie alle, ich wäre dick."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ach nein, vollschlank möchte ich in meine Heiratsanzeige nicht hineinsetzten..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 197.1942, Nr. 5062, S. 74
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg