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Q L O CK WUNSCH KARTEN

Von Io Lanns Rösler

Zehn Glückwunschkarten lagen in einem Kaste». Es waren zehn
gleiche Karten, und auf jeder stand geschrieben: „Alles Gute zum
Neuen Jahr!" Darunter war ein grünes Kleeblatt und ein roter
Glückspilz gedruckt. Diese zehn gleichen Karten wurden an zehn ver-
schiedene Menschen verschickt. Man schickte sie, da zum Briefschreiben
keine Zeit blieb. Wenn man aber statt der Karten Briefe geschickt
hätte, so trügen diese Briefe dieses Gesicht:

„Liebste Eva! Wie-
der ist ein Jahr ver-
gangen, und immer
noch denke ich zärtlich
an Dich. Wenn wir
uns damals geheiratet
hätten, wären wir
heute schon sieben
Jahre Eheleute. Sie-
ben Jahre wären wir
gemeinsam durch die
Welt gewandert, wä-
ren ineinander ver-
wachsen wie zwei
Bäume, deren Saat-
körner nebeneinander
in die Erde fielen. Wir
fanden nicht den Mut
zur Ehe. Dieses Jahr
hast Du nun gehei-
ratet, einen anderen
Mann, von dem ich
nicht weiß, ob er gut
zu Dir ist. Freunde
sahen Dich im Som-
mer. Sie erzählten
mir, daß Du einen
großen, braunen Lut
getragen hättest. Als
ob ich etwas von Dei-
nen Kleidern wissen
wollte! Aber daß Du
geheiratet hast, daß
Deine Zärtlichkeit, die
ich besaß, jetzt einem
anderen gehört, daran
muß ich heute immer
denken. And wenn ich
Dir zum neuen Jahr
Glück wünsche, so
wünsche ich, daß Du
so warm in Deinem
ehelichen Glück sitzen
mögest, daß auch die
alten Zeiten auftauchen und Lebe» in Deinem Dasein haben.

Dein alter Johannes."

„Liebe Frau Lennemann! Seit vierzig Jahren schicken Sie mir
jedes Jahr Neujahrswünsche, und seit vierzig Jahren stelle ich mich
regelmäßig mit einer Glückwunschkarte ein! Dabei habe ich weder
die Ehre, Sie zu kennen, noch haben Sie den Vorzug meiner
Bekanntschaft.

Mein Wohlergehen ist Ihnen sicher ebenso gleichgültig wie mir
das Ihre. Als ich jedoch die Erbschaft meiner Eltern antrat, fand
ich unter den alljährlich zu wiederholenden Glückwünschen auch Ihren
Namen. Genau so wird es Ihnen ergangen sein. Nachforschungen
ergaben nun, daß auch unsere Eltern sich nicht kannten, sondern daß
vor achtundsicbzig Jahren mein Großvater Ihrem Großvater eine

Maulschelle verabreichte, weil Ihre Großmutter meiner Großmutter
auf die Schleppe getreten war. Am es nun in der kleinen Stadt J11
keinem großen Skandal kommen zu lassen, schrieb mein Großvater
Ihrem Großvater zu Neujahr einen freundlichen Brief und verband
ihn mit den besten Wünschen zum Jahreswechsel. Seitdem wieder'
holen sich diese Neujahrsschreiben in unseren beiden Familien Jahr
für Jahr. Diesem Anfug ein Ende zu bereiten, ist der Wunsch meines

heutigen und letzte»
Neujahrsgrußes.

Ihr Tobias Akelei»."

„Sehr geehrter
ÄerrBandlinger! S>r
kauften im vorige»
Jahr bei mir zeh»'
tausend Ziegelstein?
im Normalmaß. Sir
waren zwar ein lang'
samer Besteller und
ein noch säumigerer
Zahler. Aber da ich
hörte. Sie tragen sich
für das kommende
Jahr wieder mit Bau'
absichten, möchte ich
mich gern durch die-
sen Neujahrsgruß bei
Ihnen in Erinnerung
bringen, denn Klein-
vieh macht auch Mist-
Lerbert Klinker,
Ziegelbrenner."

„Mein lieber Laus-
meister! Gestatten Sie
mir,Ihnen dieses Jahr
einmal zuerst zu gra-
tulieren. Seit Jahren
kommen Sie am Neu-
jahrstag zu mir und
wünschen mir alles
Gute zum neuen Jahr.
Seit Jahren bin ich
so überrascht, daß ich
Sie nicht gerührt in
meine Arme schließe
und den Bruderkuß
mit Ihnen tausche,
sondern Ihnen aus
Verlegenheit eine Er-
findung derPhönizier,
ein Geldstück in die Land drücke. Das soll nun anders werden.
Diesmal sende ich Ihnen rechtzeitig meine Glückwünsche. Bitte, be-
schämen Sie mich nicht und vergelten Sie nicht gleiches mit gleichem:
drücken Sie mir nicht fünf Mark in die Land, wenn ich an Ihrer
Tür vorbeikomme. Ihr Lochparterre Klaus Mietersmann."

„Meine liebe, gute Frau Schmidt I Seit zwölf Jahren kommen
Sie Mitte März in mein Laus, um meiner lieben Frau in ihrer
schweren Stunde beizustehen. Zwölf Mädchen halfen Sie, das Licht
der Welt zu erblicken. Auch diesen März erwarten wir wieder Ihre»
freundlichen Besuch. Meine liebe, gute Frau Schmidt! Bitte, gebe»
Sie sich dieses Jahr mehr Mühe, damit es endlich einmal ein^unge
wird. Es ist mir allmählich schon recht peinlich.

Ihr getreuer Franz Quodlibet, Gewehrmacher."

Ob mein Taucher jetzt auch noch ,wchöne Meerjungfrau' zu mir sage» wird?

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ob mein Taucher jetzt auch noch 'schöne Meerjungfrau' zu mir sagen wird?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Entstehungsdatum
um 1943
Entstehungsdatum (normiert)
1938 - 1948
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 198.1943, Nr. 5085, S. 22

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