Karpfen-Geschichte Von Josef Robert Larrer
Diese Karpfen-Geschichte ist wahr; sie hat sich in der schönen Stadt
Wien abgespielt. Sie soll so ähnlich, wie sie dem Schreiber erzählt
worden ist, berichtet werden.
Frau Bitterbeck wurde frühmorgens herrlich überrascht, als ihr
Ehemann Lans auf Urlaub eintraf. Vormittags hatte sie wieder Glück;
denn sie sah in der Fischhandlung, daß die Nummer ihres Fischscheines
aufgerufen war. Anläßlich des Urlaubes ihres Mannes wählte ihr die
Verkäuferin den schönsten Karpfen aus und fragte, ob sie ihn gleich
abschlagen solle.
„Nein, ich will ihn lieber lebend mitnehmen!" sagte Frau Bitterbeck.
»Je frischer der Fisch, desto — "
So trug sie den Fisch lebend heim. Als es dann Zeit war, den
Fisch zu töten, hielt Frau Bitterbecks linke Land den zappelnden Fisch,
während die rechte hammerbewehrte Land zum Schlage ausholte. Aber
sie brachte es trotz mehrfacher Versuche nicht übers Lerz, den armen
Fisch, wie sie ihn nannte, umzubringen. Während sie daran dachte, mit
dem Fisch wieder in die Fischhandlung zu gehen und auf die Gefahr
hin, tüchtig ausgelacht zu werden, die Verkäuferin zu bitten, den Karpfen
zu töten, kam ihr Mann heim. Als er seine Frau unentschloffen mit
Lämmer und Fisch in den Länden sah, meinte er:
„Laß nur, Cornelia, das ist nichts für ein Weib!"
Nun hielt seine Linke den Fisch, die Rechte schwang den Lämmer
und-
-Einige Tage später fragte die Fischverkäuferin Frau
Bitterbeck, als sie zufällig mit ihr zusammentraf:
„Nun, Frau Bitterbeck, hat Ihrem Mann der herrliche Karpfen
gut gemundet?"
Frau Bitterbeck erwiderte ein wenig verlegen:
„Der Karpfen, ja! Wirklich ein schöner Karpfen! ... Also, ich will
Ihnen ehrlich sagen, daß ich es nicht zustandebrachte, den Fisch zu
erschlagen! Dann wollte mein Mann den Fisch töten. Aber der Karpfen
sah ihn aus so großen, um Mitleid flehenden Augen, wie mein Mann
feststellte, an, daß auch er nicht fähig war, ihn zu erschlagen!"
„Warum sind Sie denn nicht mit dem Fisch zu mir gekommen? Ich
habe keine rührseligen Anwandlungen, wenn ich einen Fisch erschlage;
denn sonst müßte ich ja den ganzen Tag heulen!"
„Ach, das konnten wir beide nicht, weil uns der Fisch so leid getan
hat!" llnd ganz leise sagte sie: „Der Karpfen lebt noch!"
„Aber ein Karpfen ist doch kein Goldfisch, den man daheim in einem
Gefäß herumschwimmen läßt!" meinte lachend die Verkäuferin.
„Der Karpfen ist nicht bei uns daheim!" sagte Frau Bitterbeck.
„Wir haben den Fisch genommen und sind mit ihm zur Donau
gegangen. Ja, wir haben ihn in die Donau geworfen!" .. .
In die Donau geworfen, den Karpfen auf eine Fischkartennummer,
die, das weiß auch Frau Bitterbeck, nicht vor etlichen Wochen wieder
aufgerufen werden wird! Die Lauptperson der Geschichte ist allerdings
stumm, so daß man nicht Nachfragen kann, ob die Geschichte wirklich
wahr ist. Aber auch wenn der Karpfen reden könnte, ach, er schwimmt
irgendwo in der Donau: wie kann ich ihn da fragen? Da wollen wir
das Geschichtchen auch ohne Karpfenaussage glauben, indem wir uns
an das sprichwörtliche goldene Wienerherz halten!
Kindliche Frage
Die Mutter sang dem kleinen Malte Wiegenlieder. Lartmann horchte
und meinte dann fragend: „Mutti, warum soll er eigentlich nicht schlafen?"
Großzügig
„Würden Sie erlauben, daß ich mir dieses Rezept aus
Ihrem Kochbuch abschreibe?"
„Mit Vergnügen, liebe Freundin; Sie können sich das
ganze Kochbuch abschreiben!"
Die vertrauende Braut
„Ihr Bräutigam, mit dem Sie jetzt sieben Jahre verlobt sind, soll
vor Gericht aussagen. Latten Sie ihn für eine» glaubwürdigen
Zeugen?" — „Ich glaube ihm alles!"
Bild ohne Worte
18?
Diese Karpfen-Geschichte ist wahr; sie hat sich in der schönen Stadt
Wien abgespielt. Sie soll so ähnlich, wie sie dem Schreiber erzählt
worden ist, berichtet werden.
Frau Bitterbeck wurde frühmorgens herrlich überrascht, als ihr
Ehemann Lans auf Urlaub eintraf. Vormittags hatte sie wieder Glück;
denn sie sah in der Fischhandlung, daß die Nummer ihres Fischscheines
aufgerufen war. Anläßlich des Urlaubes ihres Mannes wählte ihr die
Verkäuferin den schönsten Karpfen aus und fragte, ob sie ihn gleich
abschlagen solle.
„Nein, ich will ihn lieber lebend mitnehmen!" sagte Frau Bitterbeck.
»Je frischer der Fisch, desto — "
So trug sie den Fisch lebend heim. Als es dann Zeit war, den
Fisch zu töten, hielt Frau Bitterbecks linke Land den zappelnden Fisch,
während die rechte hammerbewehrte Land zum Schlage ausholte. Aber
sie brachte es trotz mehrfacher Versuche nicht übers Lerz, den armen
Fisch, wie sie ihn nannte, umzubringen. Während sie daran dachte, mit
dem Fisch wieder in die Fischhandlung zu gehen und auf die Gefahr
hin, tüchtig ausgelacht zu werden, die Verkäuferin zu bitten, den Karpfen
zu töten, kam ihr Mann heim. Als er seine Frau unentschloffen mit
Lämmer und Fisch in den Länden sah, meinte er:
„Laß nur, Cornelia, das ist nichts für ein Weib!"
Nun hielt seine Linke den Fisch, die Rechte schwang den Lämmer
und-
-Einige Tage später fragte die Fischverkäuferin Frau
Bitterbeck, als sie zufällig mit ihr zusammentraf:
„Nun, Frau Bitterbeck, hat Ihrem Mann der herrliche Karpfen
gut gemundet?"
Frau Bitterbeck erwiderte ein wenig verlegen:
„Der Karpfen, ja! Wirklich ein schöner Karpfen! ... Also, ich will
Ihnen ehrlich sagen, daß ich es nicht zustandebrachte, den Fisch zu
erschlagen! Dann wollte mein Mann den Fisch töten. Aber der Karpfen
sah ihn aus so großen, um Mitleid flehenden Augen, wie mein Mann
feststellte, an, daß auch er nicht fähig war, ihn zu erschlagen!"
„Warum sind Sie denn nicht mit dem Fisch zu mir gekommen? Ich
habe keine rührseligen Anwandlungen, wenn ich einen Fisch erschlage;
denn sonst müßte ich ja den ganzen Tag heulen!"
„Ach, das konnten wir beide nicht, weil uns der Fisch so leid getan
hat!" llnd ganz leise sagte sie: „Der Karpfen lebt noch!"
„Aber ein Karpfen ist doch kein Goldfisch, den man daheim in einem
Gefäß herumschwimmen läßt!" meinte lachend die Verkäuferin.
„Der Karpfen ist nicht bei uns daheim!" sagte Frau Bitterbeck.
„Wir haben den Fisch genommen und sind mit ihm zur Donau
gegangen. Ja, wir haben ihn in die Donau geworfen!" .. .
In die Donau geworfen, den Karpfen auf eine Fischkartennummer,
die, das weiß auch Frau Bitterbeck, nicht vor etlichen Wochen wieder
aufgerufen werden wird! Die Lauptperson der Geschichte ist allerdings
stumm, so daß man nicht Nachfragen kann, ob die Geschichte wirklich
wahr ist. Aber auch wenn der Karpfen reden könnte, ach, er schwimmt
irgendwo in der Donau: wie kann ich ihn da fragen? Da wollen wir
das Geschichtchen auch ohne Karpfenaussage glauben, indem wir uns
an das sprichwörtliche goldene Wienerherz halten!
Kindliche Frage
Die Mutter sang dem kleinen Malte Wiegenlieder. Lartmann horchte
und meinte dann fragend: „Mutti, warum soll er eigentlich nicht schlafen?"
Großzügig
„Würden Sie erlauben, daß ich mir dieses Rezept aus
Ihrem Kochbuch abschreibe?"
„Mit Vergnügen, liebe Freundin; Sie können sich das
ganze Kochbuch abschreiben!"
Die vertrauende Braut
„Ihr Bräutigam, mit dem Sie jetzt sieben Jahre verlobt sind, soll
vor Gericht aussagen. Latten Sie ihn für eine» glaubwürdigen
Zeugen?" — „Ich glaube ihm alles!"
Bild ohne Worte
18?
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Bild ohne Worte"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1943
Entstehungsdatum (normiert)
1938 - 1948
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 198.1943, Nr. 5095, S. 181
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg