Bolschewistischer Wunschtraum
Die Wette
Zusammenfassend war zu sagen, daß sich der Buchhalter Mops
durchaus nicht in allerrosigster Stimmung befand, nichtmal in rosiger.
Irmgard Ohlsen nahm das schmunzelnd zur Kenntnis und schlich
zur Tür des Einfamilienhauses hinaus.
Nun konnte die Wette für Irmgard kaum noch verloren werden,
denn als vierter Mann sollte ihr Kollege Frederik der Nasierprobe
unterworfen werden. Lind Frederik war sowieso ein wenig zugäng-
licher Mann, der sich im Verkehr mit seiner Amwelt stets einer ab-
lehnenden Äaltung befleißigte. Er wlirde zur Zeit des Rasierens
schwerlich besonders aufgeschlossen sein.
Fredez-ik war Junggeselle und hauste in einer Atelierwohnung.
Gleich nachdem Irmgard geläutet hatte, öffnete er. Sein Gesicht
prangte im Schmuck eines üppige» Schaumbartes, der dem Weih-
nachtsmann zur Zierde gereicht hätte.
„Je früher der Morgen, desto schöner die Gäste!" äußerte Frederik
liebenswürdig, als er Irmgard Ohlsen erkannt hatte.
Sie erschrak vor dem freundlichen Klang seiner Stimme.
„Sie sind beim Rasieren, Lerr Frederik, da will ich lieber nicht
stören," meinte sie und wandte sich hastig zum Gehen.
Er hielt sie an der Land fest.
„Sie stören nicht im geringsten!" meinte er mit einer Stimme,
die vor Wohlwollen bloß so triefte. „Bitte, treten Sie doch näher..."
Da verlor Irmgard die Nerven.
„Angehobelter Patron, Sie!" rief sie erzürnt, und ihre Äand
landete klatschend auf seiner rechten Wange.
Frederik sah der Davoneilenden entgeistert nach.
„Lat der Mensch Töne?" meinte er, während er die Wohnungs-
tür schloß. „Zum ersten Mal in meinem Leben bemüh' ich mich, nett
zu sein. And da schimpft man mich, ungehobelter Patron'! Doll! .. .
Aber das soll mir die Laune nicht verderbe» . . . War trotzdem
ein Glück, daß die Kleine gekommen ist . . ."
Zufrieden lächelnd griff er sich den ersten erreichbaren Stoffetzen
und wischte den Seifenschaum vom Gesicht ...
„...Zum Rasieren ist es nömlich jetzt z» spät!"
Kleine Chronik
Der englische Schriftsteller Priestley, der früher öfter im Lon-
doner Rundfunk sprach, dein Informationsministerium aber zu frei-
mütig war, hat gemeint, England werde nach dem Kriege nicht genug
exportiere» können, um auch eine genügende Einfuhr zu haben; des-
halb sehe er voraus, daß er Zeit seines Lebens auf Rationen werde
leben müffen.
Wir wollen Mister Priestley ein recht langes Leben wünsche».
Die amerikanischen Zeitungen und Nachrichtenbüros haben eine
schwarze Liste erhalten von Zeitungen neutraler Länder, aus denen
siö Nachrichten nicht mehr übernehmen dürfen; darin sind alle spa-
nischen und portugiesischen, viele Schweizer und einige schwedische
und türkische Blätter verzeichnet.
In die schwarze Liste kommen jedenfalls jene Zeitungen, die
wirklich neutral sind.
Roosevelts Sondergesandter für Indien, William Philipps, hat
auf einer Preffekonferenz in Bangalore erklärt, die ASA hätten
das größte Interesse an Indien in wirtschaftlicher, finanzieller und
politischer Linsicht.
England hat auch das größte Interesse an Indien in wirtschaft-
licher, finanzieller und politischer Linsicht. And doch kan» von einer
Interessengemeinschaft nicht die Rede sei».
Lagnardia, der jüdische Bürgermeister von New Jork, der Gou-
verneur von Französisch-Marokko werden soll, hat auch seinen mili-
tärischen Rang bekommen; er ist gleich Brigadegeneral geworden.
Natürlich hat er nur den Titel, nicht die Funktion; er ist Bri-
gadegeneral „ehrenhalber".
280
Die Wette
Zusammenfassend war zu sagen, daß sich der Buchhalter Mops
durchaus nicht in allerrosigster Stimmung befand, nichtmal in rosiger.
Irmgard Ohlsen nahm das schmunzelnd zur Kenntnis und schlich
zur Tür des Einfamilienhauses hinaus.
Nun konnte die Wette für Irmgard kaum noch verloren werden,
denn als vierter Mann sollte ihr Kollege Frederik der Nasierprobe
unterworfen werden. Lind Frederik war sowieso ein wenig zugäng-
licher Mann, der sich im Verkehr mit seiner Amwelt stets einer ab-
lehnenden Äaltung befleißigte. Er wlirde zur Zeit des Rasierens
schwerlich besonders aufgeschlossen sein.
Fredez-ik war Junggeselle und hauste in einer Atelierwohnung.
Gleich nachdem Irmgard geläutet hatte, öffnete er. Sein Gesicht
prangte im Schmuck eines üppige» Schaumbartes, der dem Weih-
nachtsmann zur Zierde gereicht hätte.
„Je früher der Morgen, desto schöner die Gäste!" äußerte Frederik
liebenswürdig, als er Irmgard Ohlsen erkannt hatte.
Sie erschrak vor dem freundlichen Klang seiner Stimme.
„Sie sind beim Rasieren, Lerr Frederik, da will ich lieber nicht
stören," meinte sie und wandte sich hastig zum Gehen.
Er hielt sie an der Land fest.
„Sie stören nicht im geringsten!" meinte er mit einer Stimme,
die vor Wohlwollen bloß so triefte. „Bitte, treten Sie doch näher..."
Da verlor Irmgard die Nerven.
„Angehobelter Patron, Sie!" rief sie erzürnt, und ihre Äand
landete klatschend auf seiner rechten Wange.
Frederik sah der Davoneilenden entgeistert nach.
„Lat der Mensch Töne?" meinte er, während er die Wohnungs-
tür schloß. „Zum ersten Mal in meinem Leben bemüh' ich mich, nett
zu sein. And da schimpft man mich, ungehobelter Patron'! Doll! .. .
Aber das soll mir die Laune nicht verderbe» . . . War trotzdem
ein Glück, daß die Kleine gekommen ist . . ."
Zufrieden lächelnd griff er sich den ersten erreichbaren Stoffetzen
und wischte den Seifenschaum vom Gesicht ...
„...Zum Rasieren ist es nömlich jetzt z» spät!"
Kleine Chronik
Der englische Schriftsteller Priestley, der früher öfter im Lon-
doner Rundfunk sprach, dein Informationsministerium aber zu frei-
mütig war, hat gemeint, England werde nach dem Kriege nicht genug
exportiere» können, um auch eine genügende Einfuhr zu haben; des-
halb sehe er voraus, daß er Zeit seines Lebens auf Rationen werde
leben müffen.
Wir wollen Mister Priestley ein recht langes Leben wünsche».
Die amerikanischen Zeitungen und Nachrichtenbüros haben eine
schwarze Liste erhalten von Zeitungen neutraler Länder, aus denen
siö Nachrichten nicht mehr übernehmen dürfen; darin sind alle spa-
nischen und portugiesischen, viele Schweizer und einige schwedische
und türkische Blätter verzeichnet.
In die schwarze Liste kommen jedenfalls jene Zeitungen, die
wirklich neutral sind.
Roosevelts Sondergesandter für Indien, William Philipps, hat
auf einer Preffekonferenz in Bangalore erklärt, die ASA hätten
das größte Interesse an Indien in wirtschaftlicher, finanzieller und
politischer Linsicht.
England hat auch das größte Interesse an Indien in wirtschaft-
licher, finanzieller und politischer Linsicht. And doch kan» von einer
Interessengemeinschaft nicht die Rede sei».
Lagnardia, der jüdische Bürgermeister von New Jork, der Gou-
verneur von Französisch-Marokko werden soll, hat auch seinen mili-
tärischen Rang bekommen; er ist gleich Brigadegeneral geworden.
Natürlich hat er nur den Titel, nicht die Funktion; er ist Bri-
gadegeneral „ehrenhalber".
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Bolschewistischer Wunschtraum"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1943
Entstehungsdatum (normiert)
1938 - 1948
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 198.1943, Nr. 5102, S. 280
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg