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Die neue Tapete

,Gar nicht et, ei!' erwiderte ich, und meine Stirn war wie aus
Eisen, ,auch neue und neueste Tapeten können ein Loch haben, und
damit Sie es genau wissen: dieses Zimmer ist vor etwa einem
Jahr neu tapeziert worden!'

,Vor etwa einem Jahr?' Fräulein Lengelott traute ihre» Ohren
nicht. Sie warf einen messerscharfen Blick um sich herum, entschloß
sich zum äußersten, faßte das Tapetenfetzchen, das über dem Loch
hing, mit den Fingern und riß es — ritscheratsch! — von der Wand.

Ich erschrak. Fräulein Lengelott aber erstickte jeden Protest im Keime.

,Wenn Sie die Wahrheit gesagt haben, brauchen Sie nichts zu
befürchten. Denn dann ziehe ich ein und lasse auf meine Kosten eine
Tapete kleben. Ich wohne stets in Blau.'

Ausgezeichnet,' sagte ich, ,Blau ist eine herrliche Farbe. Wenn
Sie jedoch frisch tapezieren lassen, ist es doch ganz gleichgültig, ob
die alte Tapete alt ist oder nicht?'

gleichgültig??' rief Fräulein Lengelott und schwang ihren Schirm.
,Ist es gleichgültig, ob ich bei ehrliche» und anständigen Menschen
wohne oder bei — Lügnern?'

Ich zuckte zusammen. Fräulein Lengelott aber hatte schon wieder
zum Lorgnon gegriffen und begonnen, die unter die Tapete geklebte
Zeitung zu entziffern. Mein Äerz verkrampfte sich. Ich dachte an
Flucht und ehrlosen Rückzug. Das Kriegsglück jedoch ist unberechen-
bar. ,Der Einzug der deutschen Truppen in St. Quentin,' las Fräulein
Lengelott mit lauter Stimme, ,war ein einzigartiges militärisches
Schauspiel. Die Regimenter paradierten an Generalleutnant..'

gehen Sie wohl,' unterbrach ich und ging schnurstracks zum An-
griff über. ,Die deutschen Truppen sind am 10. Mai 1940 in St. Quentin
352

einmarschiert. Sie ersehen daraus, daß die Tapete wirklich nicht
alt ist.'

Fräulein Lengelott — nachdem sie einen Augenblick nachgedacht —
ersah es daraus. Sie nickte befriedigt, stellte den Schirm in die Ecke
und bezahlte die erste Monatsmiete in einem Schlag im voraus.
,Bei ehrlichen Leuten wohne ich gern,' sagte sie und verließ das
Zimmer.

Ich aber riß, da sie nun doch einmal zum Tode verurteilt war,
die neue eisgraue Tapete noch ein wenig weiter ab, und über der
Meldung aus St. Quentin erschien das Datum der Zeitung, in der
sie gedruckt war. Es war der ..."

„Äaha!" lachte Lermann. „Kann ich mir denken: der 9. August 19141"
„Rein," sagte ich, „der 19. Januar 18711"

Der Optimist

Zu Truller kam ein Beamter: „Ich komme vom Finanzamt!"
Truller war eitel Wonne: „Bitte, bitte, nehmen Sie Platz!
Und wieviel bekomme ich zurück?"

Anders „Ist Ihr neues Werk schon im Druck?"
„Nein, aber ich!"

„Die neuesten Forschungen haben ergeben, daß der Mensch von
heute im Vergleich zu dem der Urzeit seine Kinnlade ungefähr einen
Zentimeter tiefer herunterhängen läßt."

„Aber das ist doch nichts Ueberwältigendesl Wenn man in
Betracht zieht, was er in der Zwischenzeit alles erlebt hat!"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Bruderherz John Bull, deine Politik mache einstweilen ich!!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Mauder, Josef
Entstehungsdatum
um 1943
Entstehungsdatum (normiert)
1938 - 1948
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Weltkrieg <1939-1945>
Zeitung <Motiv>
John Bull, Fiktive Gestalt

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 198.1943, Nr. 5108, S. 352

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Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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