Kleine Zeitgeschichten
Gestern kam Oskar Knobel etwas ver-
drossen aus seiner Stammkneipe, der „Lahmen
Ente", zurück. Leute zeigt er am Frühstücks-
tisch eine gewisse Befangenheit und Anruhe,
und endlich erklärt er zaghaft: „Ich brauche
meine Kleiderkarte, liebe Ottilie."
„Du brauchst deine Kleiderkarte?" wundert
sich die Gattin.
„Ja, leider! Für unfern Wirt in der
,Lahmen Ente' brauche ich sie."
„Aber Oskar — was hat der mit deiner
Kleiderkarte zu tun?"
Da gesteht Oskar Knobel: „Ja, Tillichen,
ich bin ihm ein paar Punkte für Stoff schuldig.
Ich habe gestern Pech gehabt; ich habe ein
großes Loch in das Billardluch gestoßen."
Aussicht
Jungen dürfen auch mal etwas ungezogen
sein. Aber Max stellt jetzt doch gar zu viel an.
Die Mutter kann mit dem Bengel nicht
fertig werden. Sie klagt: „Wenn doch Vater
jetzt hier wäre! Da würdest du gehörige
Prügel kriegen."
Max strahlt. „Schreib's ihm, Mutti! Dann bekommt er viel-
leicht Arlaub."
Eigennützig
Käthe und Alla sind zu Besuch bei Tante Sabine in der Stadt.
Tante Sabine hat eine angenehme Information erhalten. „Kinder,
in dem Konfitürengeschäft am Rathausplatz können wir heute
Bonbons bekommen, ein Viertelpfund für jede Person. Geht doch
gleich mal hin und seht zu, daß ihr was
Gutes kriegt."
Tante Sabine hat recht gehabt: es gibt
Bonbons und sogar in Auswahl Käthe will
überlegen, was für eine Sorte sie nehmen soll,
aber Alla entscheidet: „Wir nehmen natürlich
nur die weichen Karamellen. Auf die muß
Tante Sabine verzichten; an dem weichen
Zeug würde ihr Gebiß kleben bleiben "
Ein Stromsparer
In Schwenkels kleiner Kneipe sitzen abends
nur Stammgäste aus der Nachbarschaft, solide
Männer, die um 10 Ahr nach Lause gehen.
Nur Kistenfeger, der alte Junggeselle, bleibt
»och hocken, bis 11 oder auch halb 12 Ahr.
Sein Konsum an Getränk rechtfertigt das
keineswegs, denn mehr als zwei Glas Bier
trinkt er nicht, und das zweite muß, um sein
langes Verweilen zu entschuldigen, anderthalb
Stunden reichen. Auch mit der Zeitung ist er
längst fertig; er liest dann in einem mitge-
brachten Buch.
Schwenkel behagt das nicht Wenn Kisten-
feger nicht so lange als einsamer Gast bleibe»
würde, könnte er sein Lokal viel früher schließen
und sein Bett aufsuchen. And vor allen Dingen: er würde an der
Beleuchtung sparen, was jetzt durchaus erwünscht ist.
Also unternimmt er endlich einen Vorstoß. „Sie könnten auch
früher nach Lause gehn, Lerr Kistenfeger," erklärt er sanft.
„Anmöglich! Dann finde ich noch keinen Schlaf; ich muß erst
längere Zeit etwas gelesen haben."
„Na, das können Sie doch ebenso gut zu Lause. Lesen Sie im Bett!"
Kistenfeger schüttelt energisch den Kopf. „Nee, das mache ich
nicht! Ich will doch Strom sparen." —on
„Weißt du! Ich glaub', ich brächte
mich um, wenn ich so dick wär!"
Liebe macht biind
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Gestern kam Oskar Knobel etwas ver-
drossen aus seiner Stammkneipe, der „Lahmen
Ente", zurück. Leute zeigt er am Frühstücks-
tisch eine gewisse Befangenheit und Anruhe,
und endlich erklärt er zaghaft: „Ich brauche
meine Kleiderkarte, liebe Ottilie."
„Du brauchst deine Kleiderkarte?" wundert
sich die Gattin.
„Ja, leider! Für unfern Wirt in der
,Lahmen Ente' brauche ich sie."
„Aber Oskar — was hat der mit deiner
Kleiderkarte zu tun?"
Da gesteht Oskar Knobel: „Ja, Tillichen,
ich bin ihm ein paar Punkte für Stoff schuldig.
Ich habe gestern Pech gehabt; ich habe ein
großes Loch in das Billardluch gestoßen."
Aussicht
Jungen dürfen auch mal etwas ungezogen
sein. Aber Max stellt jetzt doch gar zu viel an.
Die Mutter kann mit dem Bengel nicht
fertig werden. Sie klagt: „Wenn doch Vater
jetzt hier wäre! Da würdest du gehörige
Prügel kriegen."
Max strahlt. „Schreib's ihm, Mutti! Dann bekommt er viel-
leicht Arlaub."
Eigennützig
Käthe und Alla sind zu Besuch bei Tante Sabine in der Stadt.
Tante Sabine hat eine angenehme Information erhalten. „Kinder,
in dem Konfitürengeschäft am Rathausplatz können wir heute
Bonbons bekommen, ein Viertelpfund für jede Person. Geht doch
gleich mal hin und seht zu, daß ihr was
Gutes kriegt."
Tante Sabine hat recht gehabt: es gibt
Bonbons und sogar in Auswahl Käthe will
überlegen, was für eine Sorte sie nehmen soll,
aber Alla entscheidet: „Wir nehmen natürlich
nur die weichen Karamellen. Auf die muß
Tante Sabine verzichten; an dem weichen
Zeug würde ihr Gebiß kleben bleiben "
Ein Stromsparer
In Schwenkels kleiner Kneipe sitzen abends
nur Stammgäste aus der Nachbarschaft, solide
Männer, die um 10 Ahr nach Lause gehen.
Nur Kistenfeger, der alte Junggeselle, bleibt
»och hocken, bis 11 oder auch halb 12 Ahr.
Sein Konsum an Getränk rechtfertigt das
keineswegs, denn mehr als zwei Glas Bier
trinkt er nicht, und das zweite muß, um sein
langes Verweilen zu entschuldigen, anderthalb
Stunden reichen. Auch mit der Zeitung ist er
längst fertig; er liest dann in einem mitge-
brachten Buch.
Schwenkel behagt das nicht Wenn Kisten-
feger nicht so lange als einsamer Gast bleibe»
würde, könnte er sein Lokal viel früher schließen
und sein Bett aufsuchen. And vor allen Dingen: er würde an der
Beleuchtung sparen, was jetzt durchaus erwünscht ist.
Also unternimmt er endlich einen Vorstoß. „Sie könnten auch
früher nach Lause gehn, Lerr Kistenfeger," erklärt er sanft.
„Anmöglich! Dann finde ich noch keinen Schlaf; ich muß erst
längere Zeit etwas gelesen haben."
„Na, das können Sie doch ebenso gut zu Lause. Lesen Sie im Bett!"
Kistenfeger schüttelt energisch den Kopf. „Nee, das mache ich
nicht! Ich will doch Strom sparen." —on
„Weißt du! Ich glaub', ich brächte
mich um, wenn ich so dick wär!"
Liebe macht biind
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Weißt du! ..." "Liebe macht blind"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1943
Entstehungsdatum (normiert)
1938 - 1948
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 198.1943, Nr. 5108, S. 357
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg