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Lin gequälter gläubiger
Von Peter Robinson
Emanuel Stäblein ist ein sehr anständiger Mensch, ein Mann
von guten Manieren, der sich still und zurückhaltend benimmt und
in keiner Lage auffallen möchte. Eine als begreifliche Beigabe dazu
gehörende Schüchternheit beherrscht ihn freilich gar zu sehr und hindert
ihn, auch unter solchen Umständen, wo das durchaus angebracht, ja
notwendig wäre, entschlossene und strenge Worte zu gebrauchen.
Emanuel Stäblein wohnt im oberen Stock eines Zweifamilien-
hauses. Anten wohnt Bückler, der Eigentümer des Laufes. Der ist
auch ein anständiger Mensch, aber er hat doch frühzeitig Erfahrungen
gemacht, die ihn dahin gebracht haben, manchmal nicht zurückhaltend
zu sein und entschlossen aufzutreten. Stäblein und Bückler kommen
sehr gut miteinander aus. Lin und wieder verbringen sie zusammen
ein gemütliches Abendstündchen, und dabei hat Bückler schon öfter
Stäblein einen guten Rat gegeben und ihm einen kleinen seelischen
Ermunterungsstoß versetzt. Ja, er hat ihm sogar, als besondere Fälle
das erforderten, einige kernige Briefe diktiert, wobei Stäblein zwar
leise über die ihm widerstrebende Kernigkeit etwas jammerte, aber
doch — auch wegen seiner Schüchternheit — Bücklers Diktat sich
fügte. Das ist ihm dann auch von Nutzen gewesen.
Leute ist nun Bückler zu Stäblein hinaufgestiegen, aber es scheint
kein gemütlicher Abend werden zu wollen. Stäblein ist zerfahren
und kann starke Verdrossenheit trotz ersichtlicher Mühe nicht verbergen.
„Aerger gehabt?" erkundigt sich Bückler.
Stäblein seufzt. „Za, wieder einmal. Es ist eine gräßliche Ge-
schichte, die sich nun schon zu oft wiederholt hat; jedesmal hat sie
mich ganz krank gemacht. Kennen Sie Willy Ziebold?"
Bückler denkt nach. „Willy Ziebold? Ja ja-mit dem bin ich
mal flüchtig zusammengekommen, Hobe aber keine Lust nach näherer
Bekanntschaft gekriegt. Ein aufdringlicher Kerl, großer Schwadroneur
und furchtbar taktlos."
Stäblein nickt bekümmert. „Von einer Taktlosigkeit, die geradezu
grausam ist, ihm aber ein boshaftes Vergnügen macht. And dieses
„Ach, Lucie, es ist etwas Lerrliches, diese Ruhe!"
„Wenn es nur nicht die Ruhe vor dem Sturm auf die Straßenbahn wäre."
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Lin gequälter gläubiger
Von Peter Robinson
Emanuel Stäblein ist ein sehr anständiger Mensch, ein Mann
von guten Manieren, der sich still und zurückhaltend benimmt und
in keiner Lage auffallen möchte. Eine als begreifliche Beigabe dazu
gehörende Schüchternheit beherrscht ihn freilich gar zu sehr und hindert
ihn, auch unter solchen Umständen, wo das durchaus angebracht, ja
notwendig wäre, entschlossene und strenge Worte zu gebrauchen.
Emanuel Stäblein wohnt im oberen Stock eines Zweifamilien-
hauses. Anten wohnt Bückler, der Eigentümer des Laufes. Der ist
auch ein anständiger Mensch, aber er hat doch frühzeitig Erfahrungen
gemacht, die ihn dahin gebracht haben, manchmal nicht zurückhaltend
zu sein und entschlossen aufzutreten. Stäblein und Bückler kommen
sehr gut miteinander aus. Lin und wieder verbringen sie zusammen
ein gemütliches Abendstündchen, und dabei hat Bückler schon öfter
Stäblein einen guten Rat gegeben und ihm einen kleinen seelischen
Ermunterungsstoß versetzt. Ja, er hat ihm sogar, als besondere Fälle
das erforderten, einige kernige Briefe diktiert, wobei Stäblein zwar
leise über die ihm widerstrebende Kernigkeit etwas jammerte, aber
doch — auch wegen seiner Schüchternheit — Bücklers Diktat sich
fügte. Das ist ihm dann auch von Nutzen gewesen.
Leute ist nun Bückler zu Stäblein hinaufgestiegen, aber es scheint
kein gemütlicher Abend werden zu wollen. Stäblein ist zerfahren
und kann starke Verdrossenheit trotz ersichtlicher Mühe nicht verbergen.
„Aerger gehabt?" erkundigt sich Bückler.
Stäblein seufzt. „Za, wieder einmal. Es ist eine gräßliche Ge-
schichte, die sich nun schon zu oft wiederholt hat; jedesmal hat sie
mich ganz krank gemacht. Kennen Sie Willy Ziebold?"
Bückler denkt nach. „Willy Ziebold? Ja ja-mit dem bin ich
mal flüchtig zusammengekommen, Hobe aber keine Lust nach näherer
Bekanntschaft gekriegt. Ein aufdringlicher Kerl, großer Schwadroneur
und furchtbar taktlos."
Stäblein nickt bekümmert. „Von einer Taktlosigkeit, die geradezu
grausam ist, ihm aber ein boshaftes Vergnügen macht. And dieses
„Ach, Lucie, es ist etwas Lerrliches, diese Ruhe!"
„Wenn es nur nicht die Ruhe vor dem Sturm auf die Straßenbahn wäre."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ach, Lucie, es ist etwas herrliches, diese Ruhe!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1943
Entstehungsdatum (normiert)
1938 - 1948
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)