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DER HOLZWURM

Von Alfred Richter

Edwin Zwickelrock und Klaus Borger waren aus verschiedenen
Limmelsrichtungen plötzlich nach Lolzendorf versetzt worden und
fanden bet Frau Emilie Schnotte ein gemeinsames Unterkommen
in einer zweibettigen Zunggesellenbude. Sehr ost bekamen sie den
Besuch des Knaben Lansotto Schnotte. Er stand unschuldig herum,
hörte ihren Gesprächen zu und schwieg, aber immer, wenn er sich
entfernt hatte, hinterließ er die Spuren einer Untat, die stets erst
zu spät entdeckt wurde.

Am Sonntag, in dem Ruhe-
halbstündchen nach dem Mittag-
essen, erwachte Edwin Zwickelrock,
der überhaupt, als nervöser
Mensch, schlecht schlief, und zwei
Minuten später weckte er seinen
Zimmergenossen: „Lörst du nichts,

Klaus?"

„Ich schlafe."

„Aber du bist doch jetzt munter.

Lorch!" Er horchte, und wider-
willig horchte Klaus mit. „Das
ist der Lolzwurm," entschied
Klaus. „Das ist das ganz typische
Lolzwurmgeräusch."

„Was? So laut arbeitet ein
Lolzwurm?" zweifelte Zwickel-
rock, „wie groß ist denn so'n
Vieh?"

„Es hat sich mir noch keiner
vorgestellt," antwortete Borger,
erbittert, daß man ihn schnöde
geweckt hatte, „laß ihn weiter-
bohren und schlaf!"

„Das gäb'sl" meckerte aber
Edwin, „wie soll ich wohl bei
einem solchen Krach einschlafen?

Ausgeschlossen! Der Lolzwurm
wird gesucht und erlegt!"

„Last du denn ein Gewehr?"

„Spotte nur. Lilf mir lieber
suchen! Ruhe kriegst du sowieso nicht mehr! Ich kremple die ganze
Bude um, bis ich ihn habe."

„Aber Mensch, der steckt doch im Lolz. Wie willst du ihn denn
da raus kriegen?"

„Ich kann ihm ja pfeifen. Oder ich streue ihm Zucker hin.
Vielleicht liest du ihm auch den Brief mit den vielen Fehlern vor,
den Monika an dich geschrieben hat. Dann stirbt der Lolzwurm
vor Lachen."

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„Also los!" gebot Klaus ausgebracht, „suchen wir endlich, damit
du Ruhe gibst." Sie erhoben sich und preßten die Ohrmuscheln
an die Lolzgestelle der Betten, der Stühle, des Tisches, an die
Kommode, bis Edwin auf einen Gedanken kam. „Wir Dummen,"
sagte er, „Lolzwürmer fangen doch immer von unten an, die Möbel
zu zerfressen, Hab' ich, glaub' ich, mal gelesen, und wir Esel horchen
oben. Anten müssen wir horchen!"

Sie legten sich auf den Fußboden und horchten unten. And

als sie es zuletzt beim Schrank
versuchten, riefen sie gleichzeitig
„Aha!" denn nun hatten sie den
Bunker des Störenfrieds ausge-
kundschaftet. Ganz deutlich ver-
nahmen sie, daß das Geräusch
von innen kam. Der Lolzwurm
mußte schon tief sitzen. Man
mußte von innen horchen. Dann
kriegte man ihn.

Sie horchten von innen und
kamen dahinter, daß der Lolz-
wurm gar nicht im Lolze saß.
Er mußte bereits durchgebro-
chen sein und nun die Planken
der Innenausstattung in freier
Arbeitsbahn zu zerschrotten be-
gonnen haben. Alles, was im
SchrankzuBoden lag,flog heraus,
und sie stießen auf eine Streich-
holzschachtel, in der es sofort still
wurde. „Das war Lansotto!"
schimpfte Zwickelrock und öffnete
die Schachtel. Was ihr sofort
entstieg, war keineswegs ein
Lolzwurm, sondern ein dicklei-
biger Maikäfer. Auf dem Boden
der Schachtel lagen drei Streich-
hölzer. Die hatte der Maikäfer,
unentwegt weiterkletternd, immer-
fort rasselnd bewegt. „Genial!"
sagte Borger, „Lansotto bringt es zu was. Er erfindet noch den ge-
räuschlosen Motor. Aber zunächst kriegt er mal ein paar Backpfeifen."
Doch so weit kam es nicht. Lansotto kam, wie er gerufen ward.
Er bestritt mit treuem Augenaufschlag, einen Maikäfer in die Schach-
tel getan zu haben. „So?!" sagte Klaus Borger, der den Beruf
eines diplomierten und beamteten Psychologen ausübte und in allen
Methoden der Seelenforschung firm war, „du warst es also nicht.
Schwöre es beim Bart Old Shatterhand's und bei den Mokassins

„Schau mal her, Fritz — so lang muß er sein — nicht länger —
ich Hab nämlich nur die kleine Pfanne mitgenommen!"
Bildbeschreibung

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Titel/Objekt
"Schau mal her, Fritz - so lang muß er sein - nicht länger - ich hab nämlich nur die kleine Pfanne mitgenommen!"
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Fliegende Blätter
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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Geis, Josef
Entstehungsdatum
um 1943
Entstehungsdatum (normiert)
1938 - 1948
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Angler
Angeln
Junge Frau <Motiv>
Kochgeschirr

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 199.1943, Nr. 5114, S. 62
 
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