fttetne Chronik
Englische Zeitungen haben er-
zählt, daß der junge Exkönig Peter
von Jugoslawien wegen der stän-
digen Streitigkeiten unter den
serbischen Emigranten die Absicht
habe, auf seinen Thron zu ver-
zichten.
„Ich verzichte auf mein Geld,"
sagte der Spekulant, als er sein
Vermögen verloren hatte.
Der amerikanische Konsul Ro-
bert Fernal in Las Palmas auf
Gran Canaria hat ein Preisaus-
schreiben erlassen: „Wer erfindet
ein Gerücht, das den deutschen
Interessen in Spanien am meisten
Abbruch tut?"
Las Palmas liegt abseits; der
Lerr Konsul scheint keine Be-
ziehungen zu jüdischen Journa-
listen in USA oder England zu
haben. Aber sein Verfahren ist
zu plump. Wenn jetzt ein Ge-
rücht auftaucht, wird doch allge-
mein gefragt werden: Welcher
Preis ist dafür gezahlt worden?
— Der Konsul hätte seine»
Wunsch nach einem Gerücht ver-
schleiern sollender hätte ja ein-
fach anzeigen können: Gewandter
Lügner bei guter Bezahlung
gesucht.
Iosefine Baker, die einst so viel
besprochene schwarze Tänzerin,
ist wieder aufgetaucht; sie tanzt
in Rordasrika vor alliierte» Trup-
pen. — Damals, als sie teils Be-
geisterung, teils Abscheu — es
kam auf den Vernunftbesitz des Publikums an — erregte, tanzte sie
so gut wie nackt. Jetzt gehört sie zu den älteren Jahrgängen; sie
wird sich wohl scheuen, das zu enthüllen. —vn.
„llm eine ganz kleine Anzeige.
Denken Sie, meine Lerren: ich
habe meine Zigarrentasche ver-
loren, eine Zigarrentasche aus
echt russischem Iuchtenleder, ein
liebes Andenken an eine» Mos-
kauer Freund."
„Welch bedauerlicher Verlust!"
sagt mitfühlend der Verlags-
direktor. Und der Chefredakteur
meint: „Ich verstehe, daß Ihnen
das Andenken an Ihren Mos-
kauer Freund sehr wert sein inuß.
Sie haben gute Tage in Moskau
gehabt, nicht wahr?"
Mister Ironstone lächelt strah-
lend trotz seines Verlustes. „Lerr-
liche Tage! Prächtige Menschen
habe ich im Kreml kennen ge-
lernt. Ueberhaupt: die Sowjet-
union! Ein vorbildlicher Staat
mit einem glücklichen Volk. Glau-
ben Sie mir das, meine Lerren!"
Die beiden Zeitungsgewaltigen
versichern, daß sie es glauben; der
Chefredakteur legt sogar die Land
aufs Lerz.
Mister Ironstone seufzt. „Und
doch gibt es hierzulande immer
noch Leute, die sich darüber wun-
dern, daß die USA mit den Bol-
schewisten zusammengehen, die so-
gar darüber empört sind, die es
uns übelnehmen und schimpfen."
„Idioten!" sagt der Verlags-
direktor.
„Vielleicht eher Leute, denen
eine falsche Meinung beigebracht
worden ist," verbessert der Chef-
redakteur.
„Richtig!" nickte Mister Iron-
stone. „Man muß diese Leute belehren. Ihrer ausgezeichneten Feder
dürfte das sicherlich nicht schwer fallen. Schreiben Sie doch einige
Artikel in dieser Richtung, fulminante Artikel!"
Schlimme Zustände in USA „Eine Schweinerei,
wie sich der Antisemitismus bei uns ausbreitet“
Zeitungsanzeigen
Dem Auswärtigen Amt der USA. sind 14 Millionen Dollar
für „Anzeigen in südamerikanischen Zeitungen" bewilligt worden.
Darüber hat man hier und dort ironisch gelächelt, aber mit An-
recht, denn es handelt sich wirklich nur um Inserate, wie die folgenden
beiden kleinen Szenen beweisen.
I
Der Verlagsdirektor und der Chefredakteur einer bedeutenden
Zeitung in Rio de Janeiro erhalten einen telephonisch angekündigten
Besuch: Mister Ironstone, Attache bei der Botschaft der Vereinig-
ten Staaten.
„Sie müssen entschuldigen, meine Lerren," beginnt Mister Iron-
stone, „daß ich Ihre kostbare Zeit in Anspruch nehme, obwohl mein
Besuch eigentlich mit Ihrer Inseratenabteilung zu tun hat. Aber
einen für diese bestimmten kleinen Auftrag würde ich lieber in Ihre
Lände legen, damit Ihr freundliches Interesse für schnelle Ausfüh-
rung sorge» kann. Sie nehmen mir das wohl nicht übel, meine Lerren?"
„Im Gegenteil, wir sind erfreut. Ihnen einen Dienst leisten zu
können," versichert der Chefredakteur, und der Verlagsdirektor erklärt:
„Sie haben ganz recht, Mister Ironstone, daß Sie damit zu uns
kommen. Die Inseratenabteilung ist manchmal etwas schlampig; ich
muß da mal hineinfunken. Es handelt sich also um eine Anzeige."
Der Chefredakteur wirft einen fragenden Blick zum Verlags-
direktor. Der wiegt bedächtig den Kopf. „Vielleicht würde es nützlich
sein, wenn unser Blatt etwas in der Art unternimmt. Mit ■-
nun sagen wir: mit drei Artikeln. Aber erledigen wir doch erst Ihr
kleines Inserat, Mister Ironstone. Wie soll es lauten?"
„O, ganz einfach: ,Zigarrentasche verloren. Nachricht vom Finder
erbeten unter Chiffre Soundso an die Expedition/ Ich möchte mit
meinem Namen nicht hervortreten. Und vom russischen Iuchtenleder
wollen wir auch nichts sagen. Aber nun: was würden Sie für die
Anzeige berechnen?"
„Was würden Sie denn anlegen wollen, Mister Ironstone?" erkun-
digt sich der Verlagsdirektor. „Sie müssen natürlich die Bedeutung
und enorme Verbreitung unseres Blattes berücksichtigen."
„Gewiß, gewiß! Ich denke: 200000 Dollar."
„Sagen wir: 300000 Dollar!" schlägt der Verlagsdirektor vor.
Der Chefredakteur scheint inzwischen über seine fulminanten Artikel
nachgedacht zu haben. „Ich glaube, ich könnte auch vier oder fünf
Artikel zustandebringen. Lätten Sie vielleicht einige Unterlagen
Mister Ironstone?"
„Labe ich schon mitgebracht." Mister Ironstone legt einige Ma-
nuskripte aus den Tisch. „Sagen wir also sechs Artikel. Und mit den
300000 Dollar für das Inserat bin ich dann einverstanden, meine
Lerren. Ich werde das gleich erledigen." Er zieht sein Scheckbuch
heraus und entnimmt ihm ein Scheckformular.
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Englische Zeitungen haben er-
zählt, daß der junge Exkönig Peter
von Jugoslawien wegen der stän-
digen Streitigkeiten unter den
serbischen Emigranten die Absicht
habe, auf seinen Thron zu ver-
zichten.
„Ich verzichte auf mein Geld,"
sagte der Spekulant, als er sein
Vermögen verloren hatte.
Der amerikanische Konsul Ro-
bert Fernal in Las Palmas auf
Gran Canaria hat ein Preisaus-
schreiben erlassen: „Wer erfindet
ein Gerücht, das den deutschen
Interessen in Spanien am meisten
Abbruch tut?"
Las Palmas liegt abseits; der
Lerr Konsul scheint keine Be-
ziehungen zu jüdischen Journa-
listen in USA oder England zu
haben. Aber sein Verfahren ist
zu plump. Wenn jetzt ein Ge-
rücht auftaucht, wird doch allge-
mein gefragt werden: Welcher
Preis ist dafür gezahlt worden?
— Der Konsul hätte seine»
Wunsch nach einem Gerücht ver-
schleiern sollender hätte ja ein-
fach anzeigen können: Gewandter
Lügner bei guter Bezahlung
gesucht.
Iosefine Baker, die einst so viel
besprochene schwarze Tänzerin,
ist wieder aufgetaucht; sie tanzt
in Rordasrika vor alliierte» Trup-
pen. — Damals, als sie teils Be-
geisterung, teils Abscheu — es
kam auf den Vernunftbesitz des Publikums an — erregte, tanzte sie
so gut wie nackt. Jetzt gehört sie zu den älteren Jahrgängen; sie
wird sich wohl scheuen, das zu enthüllen. —vn.
„llm eine ganz kleine Anzeige.
Denken Sie, meine Lerren: ich
habe meine Zigarrentasche ver-
loren, eine Zigarrentasche aus
echt russischem Iuchtenleder, ein
liebes Andenken an eine» Mos-
kauer Freund."
„Welch bedauerlicher Verlust!"
sagt mitfühlend der Verlags-
direktor. Und der Chefredakteur
meint: „Ich verstehe, daß Ihnen
das Andenken an Ihren Mos-
kauer Freund sehr wert sein inuß.
Sie haben gute Tage in Moskau
gehabt, nicht wahr?"
Mister Ironstone lächelt strah-
lend trotz seines Verlustes. „Lerr-
liche Tage! Prächtige Menschen
habe ich im Kreml kennen ge-
lernt. Ueberhaupt: die Sowjet-
union! Ein vorbildlicher Staat
mit einem glücklichen Volk. Glau-
ben Sie mir das, meine Lerren!"
Die beiden Zeitungsgewaltigen
versichern, daß sie es glauben; der
Chefredakteur legt sogar die Land
aufs Lerz.
Mister Ironstone seufzt. „Und
doch gibt es hierzulande immer
noch Leute, die sich darüber wun-
dern, daß die USA mit den Bol-
schewisten zusammengehen, die so-
gar darüber empört sind, die es
uns übelnehmen und schimpfen."
„Idioten!" sagt der Verlags-
direktor.
„Vielleicht eher Leute, denen
eine falsche Meinung beigebracht
worden ist," verbessert der Chef-
redakteur.
„Richtig!" nickte Mister Iron-
stone. „Man muß diese Leute belehren. Ihrer ausgezeichneten Feder
dürfte das sicherlich nicht schwer fallen. Schreiben Sie doch einige
Artikel in dieser Richtung, fulminante Artikel!"
Schlimme Zustände in USA „Eine Schweinerei,
wie sich der Antisemitismus bei uns ausbreitet“
Zeitungsanzeigen
Dem Auswärtigen Amt der USA. sind 14 Millionen Dollar
für „Anzeigen in südamerikanischen Zeitungen" bewilligt worden.
Darüber hat man hier und dort ironisch gelächelt, aber mit An-
recht, denn es handelt sich wirklich nur um Inserate, wie die folgenden
beiden kleinen Szenen beweisen.
I
Der Verlagsdirektor und der Chefredakteur einer bedeutenden
Zeitung in Rio de Janeiro erhalten einen telephonisch angekündigten
Besuch: Mister Ironstone, Attache bei der Botschaft der Vereinig-
ten Staaten.
„Sie müssen entschuldigen, meine Lerren," beginnt Mister Iron-
stone, „daß ich Ihre kostbare Zeit in Anspruch nehme, obwohl mein
Besuch eigentlich mit Ihrer Inseratenabteilung zu tun hat. Aber
einen für diese bestimmten kleinen Auftrag würde ich lieber in Ihre
Lände legen, damit Ihr freundliches Interesse für schnelle Ausfüh-
rung sorge» kann. Sie nehmen mir das wohl nicht übel, meine Lerren?"
„Im Gegenteil, wir sind erfreut. Ihnen einen Dienst leisten zu
können," versichert der Chefredakteur, und der Verlagsdirektor erklärt:
„Sie haben ganz recht, Mister Ironstone, daß Sie damit zu uns
kommen. Die Inseratenabteilung ist manchmal etwas schlampig; ich
muß da mal hineinfunken. Es handelt sich also um eine Anzeige."
Der Chefredakteur wirft einen fragenden Blick zum Verlags-
direktor. Der wiegt bedächtig den Kopf. „Vielleicht würde es nützlich
sein, wenn unser Blatt etwas in der Art unternimmt. Mit ■-
nun sagen wir: mit drei Artikeln. Aber erledigen wir doch erst Ihr
kleines Inserat, Mister Ironstone. Wie soll es lauten?"
„O, ganz einfach: ,Zigarrentasche verloren. Nachricht vom Finder
erbeten unter Chiffre Soundso an die Expedition/ Ich möchte mit
meinem Namen nicht hervortreten. Und vom russischen Iuchtenleder
wollen wir auch nichts sagen. Aber nun: was würden Sie für die
Anzeige berechnen?"
„Was würden Sie denn anlegen wollen, Mister Ironstone?" erkun-
digt sich der Verlagsdirektor. „Sie müssen natürlich die Bedeutung
und enorme Verbreitung unseres Blattes berücksichtigen."
„Gewiß, gewiß! Ich denke: 200000 Dollar."
„Sagen wir: 300000 Dollar!" schlägt der Verlagsdirektor vor.
Der Chefredakteur scheint inzwischen über seine fulminanten Artikel
nachgedacht zu haben. „Ich glaube, ich könnte auch vier oder fünf
Artikel zustandebringen. Lätten Sie vielleicht einige Unterlagen
Mister Ironstone?"
„Labe ich schon mitgebracht." Mister Ironstone legt einige Ma-
nuskripte aus den Tisch. „Sagen wir also sechs Artikel. Und mit den
300000 Dollar für das Inserat bin ich dann einverstanden, meine
Lerren. Ich werde das gleich erledigen." Er zieht sein Scheckbuch
heraus und entnimmt ihm ein Scheckformular.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Schlimme Zustände in USA"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1943
Entstehungsdatum (normiert)
1938 - 1948
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Missgeschick <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 199.1943, Nr. 5114, S. 67
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg