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o

2er boshafte Regenschirm

Von e. Bul«k

Folgende wahre Geschichte hat mit dem Lauptrequisit der Witz-
blätter um die Jahrhundertwende, dem zerstreuten Professor mit
seinem Regenschirm, nichts zu tun. Erstens spielt sie sich im Jahre
1925 ab; das zweite Biedermeier, das durch den Ausbruch des
Weltkrieges sein jähes Ende fand, war längst verklungen. Zweitens,
und das ist der grundsätzliche Unterschied, spielt in ihr die Laupt-
rolle ein Regenschirm. Die um ihn gruppierten Personen sind
Statisten, bestenfalls Charakterrollen,, soweit Menschen Charakter
haben. Gegenstände hingegen führen ihr eigenes beseeltes Leben.
Sie haben einen ausgesprochenen Charakter, der nicht wie beim
Menschen zwischen gut und böse pendelt.

Der besagte Regenschirm war der Intrigant, der Bösewicht.
Dies war dadurch bedingt, daß er einen organischen Fehler hatte,
Grundursache jedes psychischen Klapses. Er ward mit einem Web-
fehler geboren. Bei einem bestimmten Lichteinfall konnte dieser in
allen Regenbogenfarben hämisch feixen. Dies war einem raschen
Verkauf und der Zuführung zum eigentlichen Element, dem Regen,
hinderlich. Ware und Ladeninhaber wurden dadurch vergrämt
und verbittert.

FrauProfessorWern
übersah in der Auf-
regung der Vorfreude
dasGebrest. Der Schirm
war als Gabe für ihren
MannzumLochzeitstag
ausersehen. Der Gries-
gram aber rümpfte den
Bambusgriff, als er er-
fuhr, wer sein künftiger
Weggenosse wäre und
überlegte, wie er dies
Verhältnis bald lösen
könne. Am Festtags-
morgen um 8.05 Ahr
überreichte die Frau
ProfessordieGabe.Der
Gelehrte war aber schon
um 8.55 Ahr nicht mehr
imphysischen Genuß des
Prunkstückes. Dessen
wurde er sich bewußt,
als er um 9.30 Ahr die
Aula betrat und das

Tragdach mangels
Masse nicht zuklappen
konnte. Wern überlegte
194

nun mit messerscharfer Logik: beim Zigarrenhändler konnte der Aus-
reißer nicht sein, der Ländler war ihm beim Oeffnen selbst behilflich
gewesen. Leib-Friseur Witzner kam auch nicht in Frage. Infolge
Aeberfüllung hatte Wern den Laden nicht betreten. Die Blumen-
handlung, wo Wern eine verspätete Aufmerksamkeit für seine Frau
erstand, kam auch nicht in Frage. Die Ladenfrau drückte ihm den
Blumenstock in beide Lände. Blieb also nur der Friseur Fitster
übrig, allwo Wern manchmal Laufkunde war.

Linen Professor der angewandten Psychologie täuscht man ver-
gebens. Filster bedeutete sein Nichtwissen um den Verlust zu lebhaft.
Ein häßliches Leuchten seiner Augen, ähnlich dem Webesehler-Auge,
und ein verdächtiges Lackerl neben dem Ofen sprachen Bände. Wern
gab sich scheinbar zufrieden und kehrte alsbald mit einem Schutzmann
zurück. Das gesetzliche Auge aber leuchtete nicht häßlich, sondern
fixierte im Nebenraum einen Stoß gebrauchter Landtücher, worauf
die Nemesis-Land hinter diesen einen noch feuchten Schirm hervor-
zog. Er wurde im Laden dem Lackerl hinzugefügt. Ein wortloses
Siegerlächeln, wie es Napoleon nicht triumphaler auf den Trümmern

Karthagos hätte auf-
setzen können, war der
dramatische Äöhepunkt
der Szene.

Dann umgab das
Amts - Organ den
Schirm mit einer pa-
pierenen Lalskrause,
geheimnisvoll beziffert
und beschriftet: „Cor-
bus delicati“, zückte ein
Notizbuch und handelte
amts. Wern aber ver-
ließ leichten Lerzens den
Kampfplatz, da er die
kostbare Gabe in poli-
zeilicher Obhut wußte.
DerAusreißer aber kam
nun aus dem Regen
nicht in die Traufe, was
einem Schirm nur an-
genehm zu sein hat, son-
dern auf Zimmer Nr.
452 des Amtsgerichtes,
G erichtsratReder.D ort
stand er nun neben dem
Aktenbock in der Traufe
des Akten-Staub-

„Diese ewigen Fischweiber und Seejungfern auf der Brust habe ich sattl
Ich hab mir mal eine richtige Sirene tätowieren lassen I“
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Diese ewigen Fischweiber und Seejungfern auf der Brust habe ich satt!"
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Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum (normiert)
1943 - 1943
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Weltkrieg <1939-1945>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 199.1943, Nr. 5125, S. 194

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