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Falscher Hase — das Wappentier derer vom Hause Savoyen

Der wilde Sanftmütige

Dora einen Fehler bemerkt, der gerade ihm, dem Milden und
Gütigen, unerträglich sein mußte, einen Fehler, den inan bei ihrer
Lieblichkeit gar nicht vermutet hätte. Dora, die Holde, war eine
cholerische Natur. Wenn sie sich irgendwie gekränkt fühlte oder
benachteiligt glaubte oder sonst einen wirklichen oder nur vermeint-
lichen Anlaß dazu spürte, dann ging diese Natur mit ihr durch; sie
brauste auf wie ungelöschter Kalk, über den Wasser geschüttet wird.
Sie konnte sich nicht beherrschen und mußte sich austoben, ohne
Bedenken, daß sie sich vielleicht große Anannehmlichkeiten dadurch
zuzieheu könnte. Aebrigens muß ich sagen: ihrem .Heinrich gegenüber
kam das niemals vor; er gab ihr keine Gelegenheit dazu, und zudem
war sie ebenso verliebt wie er.

Den ersten Wutausbruch gab's, als sie eben von der Hochzeits-
reise zurück waren. Dora hatte da an einem Stück ihrer Aussteller
etwas auszusetzen. Ein Kopfkissen war ihr zu hart vorgekommen,
zu prall gefüllt, und sie hatte sich daran gemacht, etwas von der
Füllung herauszunehmen. Aber da hatte sie unter einer dünnen
Noßhaarschicht Seegras gefunden, während sie doch durchweg Roß-
haar vermutet hatte. Das war Betrug, Schwiiidel, Gaunerei. Nach
ihrer Meinung; tatsächlich aber traf den Möbelhändler, der die
Kissen geliefert hatte, gar keine Schuld, und wahrscheinlich entsprach
der von ihm berechnete Preis der geringerwertigen Füllung. Doras
Frau Mutter, die die Aussteuer besorgt und hier und dort, wenn's
ging, etwas hatte sparen wollen, hatte das so angeorduet, aber
weislich verschwiegen.

Als Heinrich an jenem Tage aus seinem Büro nach Lause kam,
hatte sich Dora gerade zu einem Brief an den Möbelhändler hin-
gesetzt. Sie glühte vor Wut. ,Wie soll ich schreiben? Sie infamer
Betrüger! Oder: Sie elender Schwindler!?"

Heinrich bekam keinen kleinen Schreck. Himmel, was war denn
mit seiner Dora vorgegangen? Zaghaft fragte er: ,Aber Dorle, was
ist denn Schreckliches geschehn?"

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Sie zeigte auf das Kissen, das sie neben sich liegen hatte, um
aus seinem Anblick immer neuen Explosionsstoff zu gewinne», und
gab eine kurze Erklärung, nur mit ein paar sachlichen Sätzen, um
recht schnell zu unsachlichen Worten der Empörung und des Tobens
zu gelangen. O, sie würde es ihm geben, diesem Lumpen, Gauner,
Schuft! Krümmen sollte er sich bei dem Brief!

Heinrich setzte sich wider Willen etwas heftig in einen Sessel; er
fiel mehr hinein in der jähen Erkenntnis, daß in seiner lieblichen
Dora ja eine kleine Tigerin steckte. Schüchtern wagte er einen Ein-
wurf: ,Man müßte doch erst einmal bei dem Mann eine höfliche
Anfrage versuche», man sollte nicht gleich-'

,Löflich? Ich werde doch nicht zu einem Betrüger höflich sein/
wehrte Dora ab. ,Auf der Stelle schreibe ich ihm, und kein Ausdruck
ist mir zu scharf für den Kerl. Erst, wenn der Brief fort ist, werde
ich Ruhe haben. Dann wird mir wohl sein."

Ja, und nun hakte Heinrich einen großartigen Einfall. Wenn
einer tobt, dein gar nicht zuzureden ist, den man aber doch unver-
merkt davon abbringen möchte, dann muß man ihm recht geben und
auch toben, so maßlos, daß vor dieser Maßlosigkeit sein eigenes
Toben klein wird, daß er vor der Wut des andern, der sich für ihn
einsetzt, Angst bekommt und ihn beschwichtigen möchte.

Heinrich stand also auf, strich Dora zärtlich über den Scheitel,
schob den Briefbogen fort und sprach: Paß nur, Dorle! Schreiben
ist da nicht das Richtige. Darüber würde sich der Mann vielleicht
sogar freuen, da könnte er wegen Beleidigung klagen. Natürlich hast
du recht, außer dir zu sein: Er ist ein Betrüger! Ein Schwindler!
Ein Schuft!"

Bei jedem dieser Worte schlug er auf den Tisch, daß ihm die
Hand schmerzte, und er das Gesicht verziehen mußte, was ihm aber
gut paßte, denn Dora sollte es als ein wutverzerrtes Gesicht an-
sehen, was er, der Sanftmütige, aber nicht fertiggebracht hätte. And
mit scheinbar eiserner Entschlossenheit erklärte er: ,Ich werde sofort
zu dem Kerl gehn. Essen können wir nachher; ehe die Sache nicht
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Falscher Hase - das Wappentier derer vom Hause Savoyen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Mauder, Josef
Entstehungsdatum
um 1943
Entstehungsdatum (normiert)
1938 - 1948
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Weltkrieg <1939-1945>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 199.1943, Nr. 5127, S. 220

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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