„And wie gefällt Ihnen der Anfang?"
„Soweit bin ich noch nicht gekommen."
Doch mit des Geschickes Mächten....
anfänglich auch ein wenig kühl tat, so duldete sie am Ende doch seine
Begleitung und traf sich nach wenigen Tagen sogar mit ihm am
Schiller-Denkmal. Otto >var selig! Selig bis zu dem Augenblick, in
dem er endlich ihren Name» erfuhr. Erika Dabelstein! Der eisige
Schreck, der ihn jählings befalle» hatte, wich einem dankbaren Gefühl
gegenüber dem Schicksal, das ihn im letzten Augenblick an der Be-
stellung des Briefes gehindert hatte, und nur der Amstand, daß er
wegen des dichtbewölkten Limmels seinen Regenmantel angezogL»
hatte, hinderte ihn daran, das Schreiben auf der Stelle zu vernichten.
Dennoch trieb ihn, viel früher, als er beabsichtigt hatte, eine sonder-
bare Last aus der Nähe des Mädchens, das darob leicht verstimmt
war. Spornstreichs eilte Otto auf sein Zimmer, in dem die Witwe
Schlaubusch gerade das letzte Staubkörnchen beseitigte.
Freundlich lächelnd sah sie zu, wie er in überstürzter Last sämt-
liche Taschen seines Mantels durchwühlte, und drohte ihm dann
mütterlich besorgt mit dem erhobene» Zeigefinger:
„Ich kenne die Vergeßlichkeit der Männer von meinem Selige»
her, Lerr Laberman»! Den Brief an Lerrn Dabelstein habe ich
vor einer Stunde selber hinübergetragen!"
Mit einem ächzende» Laut sank Otto Labermann auf den zunächst-
stehenden Stuhl und starrte die Witwe Schlaubusch mit einem Blick
an, der ihr das Blut in den Adern gerinnen ließ.
Noch am gleichen Tage schrieb Otto abermals an seine» Freund
Adolar:
„Lieber Freund!
Die Witwe Schlaubusch ist keine Wirtin! Sie ist mit ihrer
fanatischen Reinlichkeit eine Gefahr für jeden Menschen, der
seine Gedanken zu Papier bringt! Niemand hat sie geheißen, sich
meinem Mantel zu nähern und Briefe, die ei» gütiges Geschick
dem Empfänger vorenthalten wollte, zu bestellen. Des Teufels
Großmutter bekommt in dem Augenblick, in dem die Witwe
Schlaubusch einmal das Zeitliche segnet, würdige Gesellschaft.
Dein unglücklicher Freund Otto."
Zum nächsten Ersten kündigte Otto Labermann sein Zimmer.
280
Kleine Chronik
Der ehemalige Oberbefehlshaber der griechischen Armee hat in
einer Rundfunkansprache den Exkönig Georg beschuldigt, Staats-
gelder für sich in Sicherheit gebracht zu haben.
Mitgenommen wird er sie haben, aber ob sie in Sicherheit sind,
ist fraglich. Vielleicht hat er sie der Bank von England oder einem
andern englischen Geldinstitut anvertraut.
Die Badogliv-Regierung ist in Geldnöten; sie hat bei ihrer
Flucht aus Rom nicht genug Geld mitgenommen.
Daß man nicht einmal noch schnell eine tüchtige Barschaft zu-
sammenscharrte, beweist die ganz außerordentliche Eile, mit der man
auskratzte. Man gab lieber selbst Fersengeld.
Der Leiter des Sicherheitsdienstes in Texas, Oberst Äomer
Garrison, hat vor dem Verbände der Polizeichefs gesagt: „Nach
dem Kriege werden wir eine wild gewordene Nation sein, deren
Wirtschafts- und Verwaltungsstruktur große Veränderungen er-
leiden wird.
Der Oberst meint jedenfalls, die Nation werde so wild sein, daß
sie die alte Struktur zusammenschlägt. Er ist zwar merkwürdiger-
weise auf den Namen Lomer getauft, aber blind ist er nicht.
Ein früherer britischer Offizier, Ernest George Savage, wurde
wegen Diebstahls von anderthalb Millionen Kleiderkarten verurteilt.
Wenn er auch die Aniform ausgezogen hatte, durfte er sich doch
nicht so reichlich neu einkleiden wollen.
Der englische Verkehrsminister Maxwell hat zu einem besseren
Benehmen gegen die Schaffnerinnen der Straßenbahnen und Auto-
busse aufgefordert; besonders in de» zur Nachtzeit verkehrenden
letzte» Wagen seien die Schaffnerinnen Belästigungen, Beschimp-
fungen, ja tätlichen Angriffen ausgesetzt.
Man pflegte früher bei uns die letzten Wagen zum Spaß Lumpen-
sammler zu nennen. Lier scheint das im Ernst zuzutreffen.
„Früher Hab i net g'raucht, aber i hab's
g'lernt, weil i koin Punkt hin sein lassen ka."
„Soweit bin ich noch nicht gekommen."
Doch mit des Geschickes Mächten....
anfänglich auch ein wenig kühl tat, so duldete sie am Ende doch seine
Begleitung und traf sich nach wenigen Tagen sogar mit ihm am
Schiller-Denkmal. Otto >var selig! Selig bis zu dem Augenblick, in
dem er endlich ihren Name» erfuhr. Erika Dabelstein! Der eisige
Schreck, der ihn jählings befalle» hatte, wich einem dankbaren Gefühl
gegenüber dem Schicksal, das ihn im letzten Augenblick an der Be-
stellung des Briefes gehindert hatte, und nur der Amstand, daß er
wegen des dichtbewölkten Limmels seinen Regenmantel angezogL»
hatte, hinderte ihn daran, das Schreiben auf der Stelle zu vernichten.
Dennoch trieb ihn, viel früher, als er beabsichtigt hatte, eine sonder-
bare Last aus der Nähe des Mädchens, das darob leicht verstimmt
war. Spornstreichs eilte Otto auf sein Zimmer, in dem die Witwe
Schlaubusch gerade das letzte Staubkörnchen beseitigte.
Freundlich lächelnd sah sie zu, wie er in überstürzter Last sämt-
liche Taschen seines Mantels durchwühlte, und drohte ihm dann
mütterlich besorgt mit dem erhobene» Zeigefinger:
„Ich kenne die Vergeßlichkeit der Männer von meinem Selige»
her, Lerr Laberman»! Den Brief an Lerrn Dabelstein habe ich
vor einer Stunde selber hinübergetragen!"
Mit einem ächzende» Laut sank Otto Labermann auf den zunächst-
stehenden Stuhl und starrte die Witwe Schlaubusch mit einem Blick
an, der ihr das Blut in den Adern gerinnen ließ.
Noch am gleichen Tage schrieb Otto abermals an seine» Freund
Adolar:
„Lieber Freund!
Die Witwe Schlaubusch ist keine Wirtin! Sie ist mit ihrer
fanatischen Reinlichkeit eine Gefahr für jeden Menschen, der
seine Gedanken zu Papier bringt! Niemand hat sie geheißen, sich
meinem Mantel zu nähern und Briefe, die ei» gütiges Geschick
dem Empfänger vorenthalten wollte, zu bestellen. Des Teufels
Großmutter bekommt in dem Augenblick, in dem die Witwe
Schlaubusch einmal das Zeitliche segnet, würdige Gesellschaft.
Dein unglücklicher Freund Otto."
Zum nächsten Ersten kündigte Otto Labermann sein Zimmer.
280
Kleine Chronik
Der ehemalige Oberbefehlshaber der griechischen Armee hat in
einer Rundfunkansprache den Exkönig Georg beschuldigt, Staats-
gelder für sich in Sicherheit gebracht zu haben.
Mitgenommen wird er sie haben, aber ob sie in Sicherheit sind,
ist fraglich. Vielleicht hat er sie der Bank von England oder einem
andern englischen Geldinstitut anvertraut.
Die Badogliv-Regierung ist in Geldnöten; sie hat bei ihrer
Flucht aus Rom nicht genug Geld mitgenommen.
Daß man nicht einmal noch schnell eine tüchtige Barschaft zu-
sammenscharrte, beweist die ganz außerordentliche Eile, mit der man
auskratzte. Man gab lieber selbst Fersengeld.
Der Leiter des Sicherheitsdienstes in Texas, Oberst Äomer
Garrison, hat vor dem Verbände der Polizeichefs gesagt: „Nach
dem Kriege werden wir eine wild gewordene Nation sein, deren
Wirtschafts- und Verwaltungsstruktur große Veränderungen er-
leiden wird.
Der Oberst meint jedenfalls, die Nation werde so wild sein, daß
sie die alte Struktur zusammenschlägt. Er ist zwar merkwürdiger-
weise auf den Namen Lomer getauft, aber blind ist er nicht.
Ein früherer britischer Offizier, Ernest George Savage, wurde
wegen Diebstahls von anderthalb Millionen Kleiderkarten verurteilt.
Wenn er auch die Aniform ausgezogen hatte, durfte er sich doch
nicht so reichlich neu einkleiden wollen.
Der englische Verkehrsminister Maxwell hat zu einem besseren
Benehmen gegen die Schaffnerinnen der Straßenbahnen und Auto-
busse aufgefordert; besonders in de» zur Nachtzeit verkehrenden
letzte» Wagen seien die Schaffnerinnen Belästigungen, Beschimp-
fungen, ja tätlichen Angriffen ausgesetzt.
Man pflegte früher bei uns die letzten Wagen zum Spaß Lumpen-
sammler zu nennen. Lier scheint das im Ernst zuzutreffen.
„Früher Hab i net g'raucht, aber i hab's
g'lernt, weil i koin Punkt hin sein lassen ka."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ihr neuester Roman, Herr Doktor, - wundervoll!"
"Früher hab i net g'raucht..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1943
Entstehungsdatum (normiert)
1938 - 1948
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)