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Das rettungslose Rettungsboot

gegen jenen Fremden, der Lein sein Gespräch anvertraut hatte, ein
armseliger Geestbauer. Aeberhaupt hatte alles, was Lein lat, eine
überdurchschnittliche Bedeutung — er hatte immer die schönsten
Tulpen und die größten Aepfel ausgeladen und an den Kais die
schwersten Laste» geschleppt, deshalb hieß er ja auch Lein
Wichtig.

Nun befand sich gegenüber dem O!ci Commercial House ein wasch-
echter Flaschenzug mit einem Rettungsboot dran und daneben ein
Schild mit einer Bedienungsvorschrift. Beides >var vorhanden, solange
wir denken konnten, und doch hatte sich niemals jemand Gedanken da-
rüber gemacht. An jener Stelle war es bisher niemandem eingefallen,
sich in Gefahr zu begeben. Das hielt auch schwer, den» erstens war die
Brüstung zum Wasser durch ein hohes Geländer geschützt, und
zweitens lagen unten auf den Fluten Dutzende von Booten, deren
Taue leicht zu lösen gewesen wären, wenn sich einmal die Notwen-
digkeit zu rettendem Eingreifen ergeben hätte. Das wäre fünfmal
schneller zu bewerkstelligen gewesen als die Bedienung des Flaschen-
zuges.

Somit schien das Rettungsboot keine andere Aufgabe zu haben
als die, allmählich zu verwittern — sofern man es nicht als schönes
und verhältnismäßig nutzloses Sinnbild menschlicher Lilfsbereitschaft
betrachten wollte. Kurz, es hatte seinen Beruf verfehlt.

Darum konnte es nicht ausbleiben, daß es für Lein Wichtig zu
einem Problem wurde. Lein Wichtig, wenn man es genau nahm,
taugte ebenso wenig zum Gelegenheitsarbeiter wie das Rettungs-
boot an diesem Platz zum Netten. Er wäre auf der Bühne eines
St. Pauli-Tingeltangels ein famoser Komiker, ein laut jubelnder
Döhntjeerzähler gewesen, und statt dessen schleppte er sich im
Schweiße seines von mancherlei geistigen Genüssen kupfern geröteten
Angesichts mit Fremdenkoffern, Obstkörben, Balle» und Kisten und
mit Laserbeuteln für Wagengäule.

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„Zunge, Junge, das ist man pure Verschwendungssucht," stellte
Lein Wichtig für alle Augenblicke fest. „Lier'» Rettungsboot! Zu
nichts und für niemand ist es nütze. Wenn ei'n wenigstens mit spa-
zierenrudern dürfte. Liber so . . .!"

Ja, gewiß, recht hatte er. Aber das Rettungsboot war nun doch
einmal da, warum also sollte man sich den Kops darüber zer-
brechen?

Lein Wichtig tat das. Bis sich der Gedanke in ihm ein
nistete, man müsse dem Boot den Gefallen tun, es wenigstens ein-
mal aufs Wasser zu setzen. Wozu sonst sei ein Boot da? Es wäre
doch kein Luftschiff!

Alle lachten darüber, bis zu jenem Vormittag, an dem die Cap Finis-
terre von ihrer großen Weltreise zurückkehrte und mitten im Lasen
festmachte. Am jene Zeit gingen die Reisenden noch nicht an der
Elbmündung an Land, sie wollten was von Äamburg sehen und
wurden mit Barkassen von Bord geholt, was eine ganz malerische
Sache war.

Schon wochenlang vorher war Lein Wichtig in große Auf-
regung geraten. Die Postkarte hatte er überall rumgezeigt: ein
alter Freund aus seinen Iugendtagen, der Lein Wichligs gegen-
wärtige Lebensstellung sicher ein wenig überschätzte, war ja wohl in
Südamerika unter die Büffelherdenbesitzer gegangen und als solcher zu
beträchtlichem Reichtum gelangt, was ihn veranlaßt hatte, sich des
alten Vaterlandes wieder zu erinnern und die Sehnsucht eines jeden
Deutschen gen Lamburg über den Ozean kreuzen zu lassen. Er
wollte mit Lei» zur Feier des Wiedersehns ordentlich einen ge-
nehmigen.

Bei dieser Gelegenheit stellte sich heraus, daß Lein Wichtig nicht
nur einen richtiggehenden Sonntagsanzug-, sondern auch Kragen und
Schlips und außer seiner stadtbekannten blauen, vielmehr schon grau-
schmutzigen Schirmmütze einen steifen schwarzen Lut besaß. Mit
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Stolz und froh sehn sie sich an - mit dem Stern von Teheran!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Mauder, Josef
Entstehungsdatum
um 1944
Entstehungsdatum (normiert)
1939 - 1949
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Weltkrieg <1939-1945>
Teheran Conference (1943 : Teheran)
John Bull, Fiktive Gestalt
Uncle Sam, Fiktive Gestalt
Stern
USA
Großbritannien
Sowjetunion
Politik

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 200.1944, Nr. 5139, S. 5139_040

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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