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Die nächste Konferenz der Alliierten . . .

Das rettungslose Rettungsboot

diesem seinem Staat tauchte er am Tage der erwarteten Ankunft
des Schiffes in der Lafengegend auf und begann schon am frühen
Morgen mit einem gehörigen Vorschußnehmen auf die Wiedersehens-
trünke.

Als die Finisterre gegen Mittag gesichtet wurde, gab es für
Lein kein Lalten mehr. Durch das Menschengewoge und Wagen-
rollen bugsierte er seine sonntäglich hergerichtete Gestalt an das
Geländer, und hier verharrte er so lange, wobei er seine Amwelt
mit Erklärungen über das erwartete Wiedersehen traktierte, bis die
Trosse» am Dückdalben festgemacht wurden. Als es soweit war,
setzte er den Flaschenzug in Bewegung. Das bisher tatenlose
Rettungsboot schwappte aufs Wasser. Lein storchte die kleine Stein-
treppe abwärts, zog die Ruder aus der an der Kaiwand ange-
brachten Stellage, machte die Laken los und steuerte mit kräftigen
Schlägen, würdevoll inmitten des einst weiß gewesenen Bootes auf-
gerichtet, dem Schiffsriesen entgegen.

Alles war starr. Da hatte tatsächlich jemand die Kühnheit, ein-
fach ein niebenutztes Rettungsboot für persönliche Zwecke, möglicher-
weise sogar für eine Art Vergnügungsfahrt aus-und einzuspannen!
Einige johlten hinter Lein her, andere schüttelten den Kopf über
soviel Wichtigtuerei, uud schließlich setzte sogar ein Schutzmann —
ein echter mit einer Weihnachtsbaumspitze aus Messing aus einem
lackglänzenden Lelm! — seine Trillerpfeife in Betrieb und ries Lein
zu, er solle sofort umkehren, andernfalls. . .

Lein focht das nicht an. Er ruderte, und bald geriet er in Ruf-
weite der Finisterre, von deren Reling aus eine ebenso interessierte
wie amüsierte Menge seinem Treiben zusah.

Weder vom Ufer noch vom Schiff war zu erkennen, daß Lein
längst bis zu den Knöcheln, ja bald bis an die Ruderbank im
Wasser saß; denn das Boot, niemals für seinen eigentlichen Zweck
benutzt, zog mächtig Wasser. Man wunderte sich nur, warum es
wohl so tief läge, dachte darüber jedoch nicht weiter nach, denn nun
erhob sich Lein in seiner ganzen Größe, stellte sich aus die Mittel-
bank, legte die Lände an den Mund und schrie zum Schiff hinaus:
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„Lallo, Leute! Sagt doch inal Korl Krämer Bescheid, er wird
abgeholt!"

Alles lachte, was ganz ungehörig war, denn Korl Krämer lehnte
ebenfalls an der Reling und tvinkte nun und ries zurück: „Lallo,
Lein! Komm man längsseit!"

Wahrscheinlich hatte er ehrlich die Absicht, sich von seinem alten
Freunde schon vor der Ankunft der Barkassen nach den Landungs-
brücken rudern zu lassen — aber dazu kam es nicht mehr, denn in
eben diesem dramatischen Augenblick gurgelte das Rettungsboot
Lein Wichtig glatt unter den Füßen weg, es hatte genug gesoffen,
und Lein verlor denn auch die Balance und plumpste mit einem
lauten Platsch ins ölige Elbwasser.

Einige behaupten, er habe laut Lilfe gerufen. Beweisbar ist
nur, daß er mächtig herumpaddelte, und daß ihm ein Matrose mit
gutgezieltem Wurf einen Rettungsring an den Kopf knallte, den
Lein glücklicherweise nach abermaligem unfreiwilligem Tauchen zu
fassen kriegte. Somit konnte er seinen Mund über Wasser halten,
und dann kam auch schon die erste Barkasse angetöfft, und zwei
Männer holten den Pudelnassen herein.

Das rettungslos untergegangene Rettungsboot trieb im Strom,
einen halben Meter unter dem Wasserspiegel, es wurde später bei
Neumühlen ebenfalls aufgefischt, in Dock gelegt und einer nützlichen
Verwendung zugeführt. Der Flaschenzug vor dem Old Commercial
House hat dann noch lange verwaist gestanden, schließlich montierte
man ihn ab, weil er noch überflüssiger erschien als zuvor mit dem
Rettungsboot. Alles in allem aber ist zu sagen, daß Lein Wichtig
schließlich doch erreicht hatte, was er wollte — und wenn das jeder
von sich sagen könnte, der seinen Beruf eigentlich verfehlt hat, ließe
sich mancher Unsinn auf ähnlich humorige Art erledigen.

5perrballone

„Mein Traum, Jumbo, einmal losgelöst von aller
Erdenschwere wie diese windigen Vettern die zarten
Elfenbeinchen ausstrecken zu können!“
Image description

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die nächste Konferenz der Alliierten..."; "Sperrballone"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Kommentar
Unidentifizierte Signatur Merz

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Entstehungsdatum (normiert)
1943 - 1943
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Weltkrieg <1939-1945>
Stalin, Josif Vissarionovič
Sowjetunion
Elefanten <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 200.1944, Nr. 5139, S. 5139_042

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
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