SW. Bauer
. „Angeln Sie doch mal im Dämeritzsee.
Da beißen die Fische, bevor Sie noch die
Angel ausgeworfen haben . . ."
„Ach nee!"
„Bestimmt. And vielleicht treffen wir uns
da mal zufällig. Früh am Sonntag bin ich
immer da . . ."
Mit bedächtigem Schlag führte der junge
Mann sein Boot weiter. „ . . . Angelschein
besorgen!" brüllte er noch aus der Ferne...
Als Lilo am nächsten Wochenende bei Onkel
und Tante eintrudelte, verkündete sie stolz:
„Morgen früh fahre ich angeln . . . zum
Dämeritzsee . . . Angelschein Hab' ich mir schon
besorgt."
„Wann willst du denn da aufstehen?" fragte
Onkelchen in Hellem Entsetze». „Gegen zehn,
halb elf?"
„Im Gegenteil, — um fünf," entgegnete
Lilo kühl; sie stand im Rufe, eine unermüd-
liche Langschläferin zu sein. „Schließlich muß
man der Familie auch mal ein Opfer bringen,
und Tantchen soll zum Abendbrot mal einen
anständigen Fisch in die Pfanne kriegen!"
And Tantchen kriegte einen anständigen
Fisch in die Pfanne. Sie kriegte fogar mehrere.
Lilo, die tatsächlich zeitig losgefahren war, kam
nicht mit leeren Länden zurück.
„Endlich mal was anderes als deine ewigen
Stichlinge, Paul!" strich Tantchen ihre Nichte
heraus, und Lilo hatte ihre Helle Freude an
der betroffenen Miene ihres Onkels.
„Ich suche ein Buch, in dem die Lauptperson Erna heißt —
er soll beim Lesen immer an mich denken."
Lilo angelt!
Von Inge Borg
„Gib mal her, Onkelchen!" sagte Lilo zu
dem kleinen, rundlichen Lerrn und nahm ihm
die Angel aus der Land.
„Ansinn, Lilo, — Angeln ist kein Sport
für junge Mädchen," meinte Onkelchen.
„Auf alle Fälle tut es meinen gequälten
Nerven wohl," stellte Lilo sachlich fest. „Nach
dem Schreibmaschinengeklapper der Woche . . .
And wer weiß, — vielleicht fange ich doch
einen dicken Brocken!"
„Na, na," zweifelte Onkelchen und ver-
harrte in der folgenden Viertelstunde regungs-
los. „ . . . Laß mal sehn, ob der Wurm noch
am Laken ist. . . " begann er dann erneut.
Der Wurm war tatsächlich nicht mehr da.
Irgendein mit alle» Wassern gewaschener
Fisch hatte ihn sich geschnappt, ohne am
Laken hängen zu bleiben.
„Da, nimm!" sagte Onkelchen und drückte
der Nichte einen Regenwurm in die Land.
44
„Luch!" machte Lilo und wäre um ein
Laar nebst Angel ins Wasser gefallen. Onkel-
chen rettete gerade noch die Situation; er
spießte dann auch den Wurm auf den Laken
und drückte der Nichte die Angelrute wieder
in die Land.
„Das Angeln scheint deinen Nerven tat-
sächlich die gewünschte Beruhigung zu bringen,"
spottete er und entfernte sich, um eine zweite
Angel zu holen . . .
Zu diesem Zeitpunkt bog ein behäbiges Ru-
derboot um die Kanalecke, das als Fracht sowohl
einen großen Bottich voller Fische als auch
einen ansehnlichen jungen Mann beherbergte.
„Na, beißen sie, Frolleinchen?" fragte der
junge Mann.
„Wie doll!" lautete Lilos hochfahrende
Antwort.
„Sieht mir aber nicht so aus," zweifelte er.
„Ich spreche doch von den Mücken!" er-
läuterte Lilo und landete einen wohlgezielten
Schlag auf der linken Wade.
Trauriges Ende einer überfütterten
6renzkorrespondenten-Ente.
. „Angeln Sie doch mal im Dämeritzsee.
Da beißen die Fische, bevor Sie noch die
Angel ausgeworfen haben . . ."
„Ach nee!"
„Bestimmt. And vielleicht treffen wir uns
da mal zufällig. Früh am Sonntag bin ich
immer da . . ."
Mit bedächtigem Schlag führte der junge
Mann sein Boot weiter. „ . . . Angelschein
besorgen!" brüllte er noch aus der Ferne...
Als Lilo am nächsten Wochenende bei Onkel
und Tante eintrudelte, verkündete sie stolz:
„Morgen früh fahre ich angeln . . . zum
Dämeritzsee . . . Angelschein Hab' ich mir schon
besorgt."
„Wann willst du denn da aufstehen?" fragte
Onkelchen in Hellem Entsetze». „Gegen zehn,
halb elf?"
„Im Gegenteil, — um fünf," entgegnete
Lilo kühl; sie stand im Rufe, eine unermüd-
liche Langschläferin zu sein. „Schließlich muß
man der Familie auch mal ein Opfer bringen,
und Tantchen soll zum Abendbrot mal einen
anständigen Fisch in die Pfanne kriegen!"
And Tantchen kriegte einen anständigen
Fisch in die Pfanne. Sie kriegte fogar mehrere.
Lilo, die tatsächlich zeitig losgefahren war, kam
nicht mit leeren Länden zurück.
„Endlich mal was anderes als deine ewigen
Stichlinge, Paul!" strich Tantchen ihre Nichte
heraus, und Lilo hatte ihre Helle Freude an
der betroffenen Miene ihres Onkels.
„Ich suche ein Buch, in dem die Lauptperson Erna heißt —
er soll beim Lesen immer an mich denken."
Lilo angelt!
Von Inge Borg
„Gib mal her, Onkelchen!" sagte Lilo zu
dem kleinen, rundlichen Lerrn und nahm ihm
die Angel aus der Land.
„Ansinn, Lilo, — Angeln ist kein Sport
für junge Mädchen," meinte Onkelchen.
„Auf alle Fälle tut es meinen gequälten
Nerven wohl," stellte Lilo sachlich fest. „Nach
dem Schreibmaschinengeklapper der Woche . . .
And wer weiß, — vielleicht fange ich doch
einen dicken Brocken!"
„Na, na," zweifelte Onkelchen und ver-
harrte in der folgenden Viertelstunde regungs-
los. „ . . . Laß mal sehn, ob der Wurm noch
am Laken ist. . . " begann er dann erneut.
Der Wurm war tatsächlich nicht mehr da.
Irgendein mit alle» Wassern gewaschener
Fisch hatte ihn sich geschnappt, ohne am
Laken hängen zu bleiben.
„Da, nimm!" sagte Onkelchen und drückte
der Nichte einen Regenwurm in die Land.
44
„Luch!" machte Lilo und wäre um ein
Laar nebst Angel ins Wasser gefallen. Onkel-
chen rettete gerade noch die Situation; er
spießte dann auch den Wurm auf den Laken
und drückte der Nichte die Angelrute wieder
in die Land.
„Das Angeln scheint deinen Nerven tat-
sächlich die gewünschte Beruhigung zu bringen,"
spottete er und entfernte sich, um eine zweite
Angel zu holen . . .
Zu diesem Zeitpunkt bog ein behäbiges Ru-
derboot um die Kanalecke, das als Fracht sowohl
einen großen Bottich voller Fische als auch
einen ansehnlichen jungen Mann beherbergte.
„Na, beißen sie, Frolleinchen?" fragte der
junge Mann.
„Wie doll!" lautete Lilos hochfahrende
Antwort.
„Sieht mir aber nicht so aus," zweifelte er.
„Ich spreche doch von den Mücken!" er-
läuterte Lilo und landete einen wohlgezielten
Schlag auf der linken Wade.
Trauriges Ende einer überfütterten
6renzkorrespondenten-Ente.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ich suche ein Buch, in dem die Hauptperson Erna heißt - er soll beim Lesen immer an mich denken" "Trauriges Ende einer überfütterten Grenzkorrespondenten-Ente"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1944
Entstehungsdatum (normiert)
1939 - 1949
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 200.1944, Nr. 5139, S. 5139_044
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg