Emigranten-Regierungen
„Meine Herrn, ich glaube, wir hängen in der LuftI“
Mein Putzi
sondern auch gegen die guten Sitten, Paragraph soundsoviel
des VGB.I"
Der Kaninchenerzeuger bekam es mit der Angst zu tun, einge-
schüchtert gab er sich mit drei Mark zufrieden und trollte davon.
Ohne die mörderische Veranlagung Putzis wäre ich nie zu dem
preiswerten Kaninchen gekommen. In fleischarmen Zeiten waren
solch kriminelle Instinkte nicht hoch genug einzuschätzen. Nein, Tante
Dorothea bekam das kostbare Geschenk nicht. Ich behielt lieber selbst
den brauchbaren Verbrecher und tat gut daran, dessen einträgliche
Mordlust nach Möglichkeit zu fördern.
Von dem Tage an lenkte ich meine Schritte, so oft es meine
Zeit erlaubte, in landwirtschaftliche Gefilde, die sich die Erzeugung
von Brattieren zum Beruf erwählten. Wenn ich eine Ente oder
eine Gans, ein Luhn oder ein Kaninchen erspähte, gab ich Putzi
zweckentsprechende phonetische Anweisungen und schon war er hinter
dem projektierten Opfer her. Ein paar fachkundige Zugriffe und die
Leiche war fertig, das biologische Vorstadium zum Sonntagsbraten.
Den Mord legalisierte ich durch Ankauf des Opfers, was mir unter
dem Aufgebot aller zuständigen Paragraphen stets zu kassenschonen-
dem Löchstpreis glückte.
Dank Putzi hatte ich stets mein Luhn im Topfe. Alle meine Be-
kannten und Freunde beneideten mich hemmungslos ob meiner regen
Beziehungen zur nahrreichen Landwirtschaft.
Eines schönen Lerbsttages ging ich wieder einmal mit meinem
Ernährer auf die Geflügeljagd. Vor einem stattlichen Bauernhof
stolzierte ein prächtiger Truthahn selbstbewußt auf und nieder. Ich
flüsterte meinem Putzi das kriminelle Stichwort zu, und schon wir-
belte er in Mordswut davon, während ich in gutbürgerlicher Arg-
losigkeit weiterwandelte.
Unter alarmierendem Gegluckse nahm der Truthahn vor dem
heranfauchenden Putzi Reißaus. Da stürmte schon der Lerr des
Lahnes mit eingelegter Mistgabel an. Wütend über die mißglückte
Jagd sprang Putzi keifend den Bauern an uyd riß ihm die Losen
in Fetzen.
Der Enthoste kam empört hinter mir hergestürzt; „Ihr Lund
hat meine .Lose zerrissen!"
„Ich bedauere das sehr."
„Ihr Bedauern will ich nicht, ich will Ihre Lose!"
„Aber ich kann doch nicht hier. . ."
„Sie müssen! Sie können ja in meiner Lose heimkehren."
Ich zögerte. Drohend hob er seine Mistgabel. Angesichts der
brutalen Gewalt ließ ich meine Lose fahren.
Erst unter dem Schutz der Dunkelheit wagte ich mich in die
Stadt zurück, in meine Behausung. Blieb auch die ehrenrührige
Stallhose unentdeckt, ihre Gerüche veranlaßten mancherlei Gerüchte.
Die kriminellen Talente Putzis hatten doch ihre Nachteile. Wenn
er noch zwei.Losen zerriß, dann war mein Bestand an repräsen-
tativen Beinkleidern ausgezehrt.
Gestern hatte Tante Dorothea Geburtstag. Ich verehrte ihr meinen
lieben Putzi. Sie hat eine reichere Garderobe als ich, kann sich also
eher ein reißendes Laustier leisten. F.
Kleine Ckronik
Die Whislylieferungen an die englischen Lotels und Gaststätten
sind um die Lälfte herabgesetzt worden.
Vorzugsgäste werden aber immer noch ihr gewohntes Quantum
kriegen. Das läßt sich ja sehr einfach machen: man gibt eben andern
gar nichts.
Amerikanisch-jüdische .Lilfsverbände haben den portugiesischen
Dampfer „Rjassa" gechartert; er soll 600 Juden nach Palästina
bringen.
Es überrascht, daß 600 Juden in llSA es zu nichts haben bringen
können und abgeschoben werden.
*
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„Meine Herrn, ich glaube, wir hängen in der LuftI“
Mein Putzi
sondern auch gegen die guten Sitten, Paragraph soundsoviel
des VGB.I"
Der Kaninchenerzeuger bekam es mit der Angst zu tun, einge-
schüchtert gab er sich mit drei Mark zufrieden und trollte davon.
Ohne die mörderische Veranlagung Putzis wäre ich nie zu dem
preiswerten Kaninchen gekommen. In fleischarmen Zeiten waren
solch kriminelle Instinkte nicht hoch genug einzuschätzen. Nein, Tante
Dorothea bekam das kostbare Geschenk nicht. Ich behielt lieber selbst
den brauchbaren Verbrecher und tat gut daran, dessen einträgliche
Mordlust nach Möglichkeit zu fördern.
Von dem Tage an lenkte ich meine Schritte, so oft es meine
Zeit erlaubte, in landwirtschaftliche Gefilde, die sich die Erzeugung
von Brattieren zum Beruf erwählten. Wenn ich eine Ente oder
eine Gans, ein Luhn oder ein Kaninchen erspähte, gab ich Putzi
zweckentsprechende phonetische Anweisungen und schon war er hinter
dem projektierten Opfer her. Ein paar fachkundige Zugriffe und die
Leiche war fertig, das biologische Vorstadium zum Sonntagsbraten.
Den Mord legalisierte ich durch Ankauf des Opfers, was mir unter
dem Aufgebot aller zuständigen Paragraphen stets zu kassenschonen-
dem Löchstpreis glückte.
Dank Putzi hatte ich stets mein Luhn im Topfe. Alle meine Be-
kannten und Freunde beneideten mich hemmungslos ob meiner regen
Beziehungen zur nahrreichen Landwirtschaft.
Eines schönen Lerbsttages ging ich wieder einmal mit meinem
Ernährer auf die Geflügeljagd. Vor einem stattlichen Bauernhof
stolzierte ein prächtiger Truthahn selbstbewußt auf und nieder. Ich
flüsterte meinem Putzi das kriminelle Stichwort zu, und schon wir-
belte er in Mordswut davon, während ich in gutbürgerlicher Arg-
losigkeit weiterwandelte.
Unter alarmierendem Gegluckse nahm der Truthahn vor dem
heranfauchenden Putzi Reißaus. Da stürmte schon der Lerr des
Lahnes mit eingelegter Mistgabel an. Wütend über die mißglückte
Jagd sprang Putzi keifend den Bauern an uyd riß ihm die Losen
in Fetzen.
Der Enthoste kam empört hinter mir hergestürzt; „Ihr Lund
hat meine .Lose zerrissen!"
„Ich bedauere das sehr."
„Ihr Bedauern will ich nicht, ich will Ihre Lose!"
„Aber ich kann doch nicht hier. . ."
„Sie müssen! Sie können ja in meiner Lose heimkehren."
Ich zögerte. Drohend hob er seine Mistgabel. Angesichts der
brutalen Gewalt ließ ich meine Lose fahren.
Erst unter dem Schutz der Dunkelheit wagte ich mich in die
Stadt zurück, in meine Behausung. Blieb auch die ehrenrührige
Stallhose unentdeckt, ihre Gerüche veranlaßten mancherlei Gerüchte.
Die kriminellen Talente Putzis hatten doch ihre Nachteile. Wenn
er noch zwei.Losen zerriß, dann war mein Bestand an repräsen-
tativen Beinkleidern ausgezehrt.
Gestern hatte Tante Dorothea Geburtstag. Ich verehrte ihr meinen
lieben Putzi. Sie hat eine reichere Garderobe als ich, kann sich also
eher ein reißendes Laustier leisten. F.
Kleine Ckronik
Die Whislylieferungen an die englischen Lotels und Gaststätten
sind um die Lälfte herabgesetzt worden.
Vorzugsgäste werden aber immer noch ihr gewohntes Quantum
kriegen. Das läßt sich ja sehr einfach machen: man gibt eben andern
gar nichts.
Amerikanisch-jüdische .Lilfsverbände haben den portugiesischen
Dampfer „Rjassa" gechartert; er soll 600 Juden nach Palästina
bringen.
Es überrascht, daß 600 Juden in llSA es zu nichts haben bringen
können und abgeschoben werden.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Emigranten-Regierung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1944
Entstehungsdatum (normiert)
1939 - 1949
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 200.1944, Nr. 5141, S. 5141_068
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg