„Die Kleine hat viel von ihrem Vater."
„Natürlich — besonders im Arlaub."
Sin unbeholfener Lerr
der Bernsteinkette. Leider vergeblich, paffende Ersatzperlen sind
nicht so leicht aufzutreiben; man braucht welche, die auch von alten
Ketten stammen, haben mir die Leute gesagt. Da, sehen Sie das
Unglück: drei von den Perlen habe ich zertreten!"
Ziebold sah die Kette an. „Ist doch nicht so schlimm; das hätten
Sie doch sagen können; das hätte jedem von uns passieren
können."
„Allerdings! Aber ich wollte doch Magda-ah so, eine
Neuigkeit: ich habe mich gestern abend mit Fräulein Karsten
verlobt."
„Lerzlichsten Glückwunsch, Äerr Doktor! Aber ich sehe noch immer
nicht ein, warum Sie —• —*
„Sich so dumm aufgeführt haben, nicht wahr? Spreche» Sie
das nur ruhig aus, Äerr Ziebold! Es war wirklich dumm von mir.
Als nach der Kette gesucht wurde, hätte ich doch einfach ein plötz-
liches Finden Vortäuschen können. Ich hätte mich bücken müssen und
rufen: Ah, da ist sie ja! — Aber nun, bester Äerr Ziebold, müssen
Sie mir helfen. Ich gehe jetzt zu Magda und bringe ihr die Kette;
sie wäre heute früh bei Ihnen gefunden worden, werde ich sagen.
Das müssen Sie mir erlauben, lieber Äerr Ziebold!"
„Warum denn das, Menschenskind? Weshalb solch ein Manö-
ver? Warum haben Sie denn die Kette nicht gestern sofort vor-
gezeigt?"
Der Dr. Zander errötete stark. „Ich hatte sie ja schon eine Stunde
vorher gefunden, aber das konnte ich nicht sagen, den» ich bin ja
90
-ganz unter uns gesagt, bester Äerr Ziebold: vor der Toilette
bin ich darauf getreten."
„Aber Menschenskind, das brauchte doch niemand zu wissen. Sie
hätten ja einen andern Platz angeben können."
Der Dr. Zander zuckte hilflos die Achseln. „Ja, das ist mir
leider nicht eingefallen."
Kanzlist Lennerich war wieder einmal auf der Zimmersuche.
Gleich anderen Obdachbedürftigen jagte er mit der Morgenzeitung
in der Land durch die Straßen, im Wettrennen um neuen Lebens-
raum. Er klingelte, wie das Inserat ihn anwies, bei Witwe Lustig,
Sandstraße 45. In Miene und Äaltung vollendeter Bittsteller, mur-
melte er: „Dürfte ich das Zimmer sehen, das Sie gütigst zu ver-
mieten beabsichtigen?"
„Das dürfen Sie," konzedierte gnädig die Äerrin des Lebens-
raumes. Eine lustige Witwe scheint Witwe Lustig nicht, stellte be-
klommen Äerr Äennerich fest. Aber das hübsch möblierte, wohnlich
und sauber gehaltene Gemach heimelte ihn an. „Das Zimmer sagt
mir sehr zu," erklärte er und glaubte damit eine besondere Artigkeit
gesagt zu haben. „Das glaube ich gern," erwiderte Frau Lustig ge-
lassen, „aber noch fragt es sich, ob Sie mir zusagen. Ich nehme, wie
Sie aus dem Inserat ersehen, nur Nichtraucher. Sind Sie Gegner
des Nikotins?"
„Das kann ich nicht beschwören, aber ich beschränke mich auf die
amtlich verordnete Dosis, rauche nicht in gesundheitschädlichem
Ausmaße."
„Ihre Gesundheit können Sie meinetwegen schädigen, aber nicht
meine Gardine». Innerhalb meines Laufes wird nicht das mini-
malste Minimum von Nikotin geduldet, Alle meine Mieter haben
sich zu strammster Enthaltsamkeit verpflichtet."
Lerr Lennerich zögerte noch. Lebensraum war Notwendigkeit,
aber Lebensraum ohne Nikotin. „Entscheiden Sie sich! Auch
meine Zeit ist Geld!" drängte Frau Lustig. „Äören Sie, da klingelt's
schon wieder! Sicher ein neuer Reflektor auf das Zimmer!"
„Da vorne Habens zwei und hinten links auch eine. Sie
haben ja den reinsten Brückenkopf, Äerr Weischedel!"
„Natürlich — besonders im Arlaub."
Sin unbeholfener Lerr
der Bernsteinkette. Leider vergeblich, paffende Ersatzperlen sind
nicht so leicht aufzutreiben; man braucht welche, die auch von alten
Ketten stammen, haben mir die Leute gesagt. Da, sehen Sie das
Unglück: drei von den Perlen habe ich zertreten!"
Ziebold sah die Kette an. „Ist doch nicht so schlimm; das hätten
Sie doch sagen können; das hätte jedem von uns passieren
können."
„Allerdings! Aber ich wollte doch Magda-ah so, eine
Neuigkeit: ich habe mich gestern abend mit Fräulein Karsten
verlobt."
„Lerzlichsten Glückwunsch, Äerr Doktor! Aber ich sehe noch immer
nicht ein, warum Sie —• —*
„Sich so dumm aufgeführt haben, nicht wahr? Spreche» Sie
das nur ruhig aus, Äerr Ziebold! Es war wirklich dumm von mir.
Als nach der Kette gesucht wurde, hätte ich doch einfach ein plötz-
liches Finden Vortäuschen können. Ich hätte mich bücken müssen und
rufen: Ah, da ist sie ja! — Aber nun, bester Äerr Ziebold, müssen
Sie mir helfen. Ich gehe jetzt zu Magda und bringe ihr die Kette;
sie wäre heute früh bei Ihnen gefunden worden, werde ich sagen.
Das müssen Sie mir erlauben, lieber Äerr Ziebold!"
„Warum denn das, Menschenskind? Weshalb solch ein Manö-
ver? Warum haben Sie denn die Kette nicht gestern sofort vor-
gezeigt?"
Der Dr. Zander errötete stark. „Ich hatte sie ja schon eine Stunde
vorher gefunden, aber das konnte ich nicht sagen, den» ich bin ja
90
-ganz unter uns gesagt, bester Äerr Ziebold: vor der Toilette
bin ich darauf getreten."
„Aber Menschenskind, das brauchte doch niemand zu wissen. Sie
hätten ja einen andern Platz angeben können."
Der Dr. Zander zuckte hilflos die Achseln. „Ja, das ist mir
leider nicht eingefallen."
Kanzlist Lennerich war wieder einmal auf der Zimmersuche.
Gleich anderen Obdachbedürftigen jagte er mit der Morgenzeitung
in der Land durch die Straßen, im Wettrennen um neuen Lebens-
raum. Er klingelte, wie das Inserat ihn anwies, bei Witwe Lustig,
Sandstraße 45. In Miene und Äaltung vollendeter Bittsteller, mur-
melte er: „Dürfte ich das Zimmer sehen, das Sie gütigst zu ver-
mieten beabsichtigen?"
„Das dürfen Sie," konzedierte gnädig die Äerrin des Lebens-
raumes. Eine lustige Witwe scheint Witwe Lustig nicht, stellte be-
klommen Äerr Äennerich fest. Aber das hübsch möblierte, wohnlich
und sauber gehaltene Gemach heimelte ihn an. „Das Zimmer sagt
mir sehr zu," erklärte er und glaubte damit eine besondere Artigkeit
gesagt zu haben. „Das glaube ich gern," erwiderte Frau Lustig ge-
lassen, „aber noch fragt es sich, ob Sie mir zusagen. Ich nehme, wie
Sie aus dem Inserat ersehen, nur Nichtraucher. Sind Sie Gegner
des Nikotins?"
„Das kann ich nicht beschwören, aber ich beschränke mich auf die
amtlich verordnete Dosis, rauche nicht in gesundheitschädlichem
Ausmaße."
„Ihre Gesundheit können Sie meinetwegen schädigen, aber nicht
meine Gardine». Innerhalb meines Laufes wird nicht das mini-
malste Minimum von Nikotin geduldet, Alle meine Mieter haben
sich zu strammster Enthaltsamkeit verpflichtet."
Lerr Lennerich zögerte noch. Lebensraum war Notwendigkeit,
aber Lebensraum ohne Nikotin. „Entscheiden Sie sich! Auch
meine Zeit ist Geld!" drängte Frau Lustig. „Äören Sie, da klingelt's
schon wieder! Sicher ein neuer Reflektor auf das Zimmer!"
„Da vorne Habens zwei und hinten links auch eine. Sie
haben ja den reinsten Brückenkopf, Äerr Weischedel!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Kleine hat viel von ihrem Vater" "Da vorne habens zwei und hinten links auch eine, Sie haben ja den reinsten Brückenkopf, Herr Weichschedel!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1944
Entstehungsdatum (normiert)
1939 - 1949
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 200.1944, Nr. 5143, S. 5143_090
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg