„Arg schwer Hab i's mit mei'm mitten, feit’3 Bier so leicht ist."
Kavalier nicht so einfach . . .
„Ich beliebe erst seit drei Monaten verheiratet zu sein/' ant-
wortete die Gnädigste.
Sie näherten sich dem Restaurant „Zur alten Schießstätte".
Alfred fühlte sich von einem Kavalierblitz durchzuckt. Außerdem
mußte es Aufsehen erregen, wenn er mit — wenn —
„Gnädige Frau, wollen >vir nicht eine Tasse Kaffee trinken,
ich —"
„Wunderbar," entgegnete die Dame, „wollen wir. Außerdem
habe ich noch nicht gegessen und bi» geradezu entsetzlich hungrig."
In Alfred zischte es, wie wenn ein kleines Feuer und ein starker
Wasserstrahl zusammenkommen. Eine Mark fünfzig - warum war
er auch geboren worden?
Die Dame ging schon auf einen der Tische zu, und der junge
Mann folgte ihr im Banne eines furchtbaren Schicksals.
Alfred bestellte eine Taffe Kaffee, die junge Frau ein kleines
Omelett. Der Jüngling atmete auf, das konnte sich noch knapp
machen lassen. Die Dame aß, der Kellner kam.
„And dann möchte ich ein Schnitzel mit Salat und Kartoffeln,"
sprach das Anglück.
Alfred atmete wieder ab, und zwar so stark, daß er in sieh zu-
sammenschrümpfte. Wo tat sieh ein Spalt auf, der ihn wohltätig
verschlang?
Die Dame bestellte Kuchen mit Sahne und Kaffee. And wo
blieb der Weltuntergang?
„Augenblick," sagte Alfred, stand auf und eilte dahin. Stieß
mit dein Kellner zusaminen, drückte ihm eine Mark in die Land
und raste weiter. Er lief durch den Wald, als ob Mephisto per-
sönlich hinter ihm wäre. Trotz des neuen Anzuges. Daheim zog
er sich in sein Kämmerlein zurück, schützte Kopfschmerzen vor und
ward nicht mehr gesehen.
„Riegel," sagte acht Tage später der Lateinlehrer zu Alfred, „Sie
kommen sowieso am Leimweg an meinem Laus vorbei, da können
Sie einen Sprung hinaufmachen und unserm Mädchen sage», daß
ich heute um eine Stunde später heimkomme!"
Alfred vollführte den Auftrag und richtete dem Mädchen die
Botschaft aus.
102
„Gnädige Frau!" rief das Lausmädchen in die Wohnung hinein.
Schritte wurden laut, und dann stand sie vor ihm: Die junge Frau
seines Lehrers, die Dame von damals.
Sie sah ihn einen Augenblick lang erstaunt an, lächelte ihr wunder-
bares Lächeln und sprach: „Kommen Sie doch einen Augenblick
herein!"
Alfred folgte ihr gesenkten Lauptes ins Wohnzimmer. Ihm blieb
auch nichts erspart.
„Sie dummer Zunge," sagte die Frau, nachdem sie die Tür ge-
schlossen hatte, „warum sind Sie denn neulich so rasch davongelaufen?
Ich durchschaute natürlich den Schwindel sofort und hielt Sie für
das, was Sie sind. Für einen netten Jungen, der gerne ein Lerr
sein möchte. Natürlich hätte ich für Sie und für mich bezahlt."
„Bitte, bitte," flehte Alfred mit bebender Stimme, „sagen Sie
doch nichts dem Lerrn Professor!"
„Nein, mein Junge, ich sage kein Wort. Sieh nur zu, daß aus
dir etwas wird, damit machst du mir Freude."
Alfred Riegel kam an diesem Tag nicht zum Essen heim. Er ging
durch den Wald den Weg zur „Alten Schießstätte" und sprach dabei
fortwährend zu jemandem, der nicht da war. In der Nacht, als alle
schon im Laus schliefen, stieg er aus dem Bett, setzte sich an seine»
Tisch und schrieb sei» erstes Gedicht.
Ein paar Woche» später sagte der Lateinlehrer zu seiner jungen
Frau: „Ich möchte doch wissen, was in diesen Jungen gefahren ist.
Da habe ich einen Schüler, einen gewissen Riegel, der bis vor kurzem
das schwarze Schaf der Klasse war, und der plötzlich ein Muster an
Fleiß und Betragen geworden ist."
„Ach, wirklich?" sagte die Frau lebhaft, und in ihren Augen schim-
merte es warm vor mütterlicher Freude.
„So ist das nun, Fräulein: Jetzt, wo ich Professor geworden
bin, sehe ich erst, was mir noch fehlt zur Ansterblichkeit!"
Kavalier nicht so einfach . . .
„Ich beliebe erst seit drei Monaten verheiratet zu sein/' ant-
wortete die Gnädigste.
Sie näherten sich dem Restaurant „Zur alten Schießstätte".
Alfred fühlte sich von einem Kavalierblitz durchzuckt. Außerdem
mußte es Aufsehen erregen, wenn er mit — wenn —
„Gnädige Frau, wollen >vir nicht eine Tasse Kaffee trinken,
ich —"
„Wunderbar," entgegnete die Dame, „wollen wir. Außerdem
habe ich noch nicht gegessen und bi» geradezu entsetzlich hungrig."
In Alfred zischte es, wie wenn ein kleines Feuer und ein starker
Wasserstrahl zusammenkommen. Eine Mark fünfzig - warum war
er auch geboren worden?
Die Dame ging schon auf einen der Tische zu, und der junge
Mann folgte ihr im Banne eines furchtbaren Schicksals.
Alfred bestellte eine Taffe Kaffee, die junge Frau ein kleines
Omelett. Der Jüngling atmete auf, das konnte sich noch knapp
machen lassen. Die Dame aß, der Kellner kam.
„And dann möchte ich ein Schnitzel mit Salat und Kartoffeln,"
sprach das Anglück.
Alfred atmete wieder ab, und zwar so stark, daß er in sieh zu-
sammenschrümpfte. Wo tat sieh ein Spalt auf, der ihn wohltätig
verschlang?
Die Dame bestellte Kuchen mit Sahne und Kaffee. And wo
blieb der Weltuntergang?
„Augenblick," sagte Alfred, stand auf und eilte dahin. Stieß
mit dein Kellner zusaminen, drückte ihm eine Mark in die Land
und raste weiter. Er lief durch den Wald, als ob Mephisto per-
sönlich hinter ihm wäre. Trotz des neuen Anzuges. Daheim zog
er sich in sein Kämmerlein zurück, schützte Kopfschmerzen vor und
ward nicht mehr gesehen.
„Riegel," sagte acht Tage später der Lateinlehrer zu Alfred, „Sie
kommen sowieso am Leimweg an meinem Laus vorbei, da können
Sie einen Sprung hinaufmachen und unserm Mädchen sage», daß
ich heute um eine Stunde später heimkomme!"
Alfred vollführte den Auftrag und richtete dem Mädchen die
Botschaft aus.
102
„Gnädige Frau!" rief das Lausmädchen in die Wohnung hinein.
Schritte wurden laut, und dann stand sie vor ihm: Die junge Frau
seines Lehrers, die Dame von damals.
Sie sah ihn einen Augenblick lang erstaunt an, lächelte ihr wunder-
bares Lächeln und sprach: „Kommen Sie doch einen Augenblick
herein!"
Alfred folgte ihr gesenkten Lauptes ins Wohnzimmer. Ihm blieb
auch nichts erspart.
„Sie dummer Zunge," sagte die Frau, nachdem sie die Tür ge-
schlossen hatte, „warum sind Sie denn neulich so rasch davongelaufen?
Ich durchschaute natürlich den Schwindel sofort und hielt Sie für
das, was Sie sind. Für einen netten Jungen, der gerne ein Lerr
sein möchte. Natürlich hätte ich für Sie und für mich bezahlt."
„Bitte, bitte," flehte Alfred mit bebender Stimme, „sagen Sie
doch nichts dem Lerrn Professor!"
„Nein, mein Junge, ich sage kein Wort. Sieh nur zu, daß aus
dir etwas wird, damit machst du mir Freude."
Alfred Riegel kam an diesem Tag nicht zum Essen heim. Er ging
durch den Wald den Weg zur „Alten Schießstätte" und sprach dabei
fortwährend zu jemandem, der nicht da war. In der Nacht, als alle
schon im Laus schliefen, stieg er aus dem Bett, setzte sich an seine»
Tisch und schrieb sei» erstes Gedicht.
Ein paar Woche» später sagte der Lateinlehrer zu seiner jungen
Frau: „Ich möchte doch wissen, was in diesen Jungen gefahren ist.
Da habe ich einen Schüler, einen gewissen Riegel, der bis vor kurzem
das schwarze Schaf der Klasse war, und der plötzlich ein Muster an
Fleiß und Betragen geworden ist."
„Ach, wirklich?" sagte die Frau lebhaft, und in ihren Augen schim-
merte es warm vor mütterlicher Freude.
„So ist das nun, Fräulein: Jetzt, wo ich Professor geworden
bin, sehe ich erst, was mir noch fehlt zur Ansterblichkeit!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Arg schwer hab i's mit mei'm Alten, seit's Bier so leicht ist" "So ist das nun, Fräulein: Jetzt, wo ich Professor geworgen bin, sehe ich erst, war mir noch fehlt zur Unsterblichkeit!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1944
Entstehungsdatum (normiert)
1939 - 1949
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 200.1944, Nr. 5144, S. 5144_102
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg