Trübsinnige Tommies
(Der Qlasflower Universitätsprofessor Dr. Henderson hat bei den britischen
Soldaten auf den Färöern eine merkwürdige Erscheinung festgestellt)
Die britischen Soldaten macht
Der Aufenthalt auf jenen Inseln,
Wie der Professor nun erzählt,
So nach und nach zu Trauerpinseln.
Es scheint, daß jene Gegend wohl
Auf die Gemüter schädlich wirke;
Sie sprechen miteinander nicht
Und suchen' einsame Bezirke.
Dort aber fühlen sie sich erst
Zu Einzelreden stark bewogen,
Und sie ergehen sich dann laut
In wunderlichen Monologen.
Doch später fangen sie dann an,
Mit großem Ernste anzusprechen
Die Schafe, die so zahlreich sind
Auf jenen weiten Heideflächen.
Und wenn ein Schaf dann dazu blökt,
Wird das als Antwort hingenommen,
Weil der Soldat zu wähnen scheint,
Zur Unterhaltung sei's gekommen.
Er redet weiter zu dem Tier,
Als wenn es seinesgleichen wäre,
Hört auf das Blöken und verliert
Dabei dann des Gemütes Schwere.
„Ich warne dich, Base Pinia, vor diesem windigen
Wechselbalg: sein ,Stammbaum' ist nicht in Ordnung!"
Der Augenzeuge
„Das sagen Sie, weil es Ihr Lund war!"
erklärte Theodor aufgebracht, „er ist nämlich
in Ihren Los hineingelaufen. Das habe ich
gesehen!"
Andere waren hinzugetreten und hörten zu.
Ein dünner, zwickelbärliger Mann mischte sich
sofort ei». Litzig wandte er sich an Theodor:
„Was wollen Sie überhaupt hier? Wer sind
Sie denn, daß Sie hier so 'n Krach machen?"
„Wer sind Sie denn?" fragte Theodor
zurück und fraß den Gegner mit den Blicken.
Der fraß zurück. „Wenn Sie nicht rad
fahren können," schnob er, „dann müsse» Sie
zu Lause bleiben!"
„Lat man sowas schon mal gehört?" zeterte
Theodor. „Ich fahre hier friedlich durch dieses
Kaff und denke an nichts, und da kommt einLund
und reißt mir die Lose kaputt, und wo ich mich nun
um mein Recht bemühe, da kommen ausge-
rechnet Sie und wollen mich daran hindernl"
„Ihr Recht? Was denn für ein Recht?"
„Der Lerr da soll mir meine Lose bezahlen."
„Das tust du auf keinen Fall, Eduard,"
schrie der Dünne den Nachbarn an, „verstanden?
Auf keinen Fall!"
Theodor wurde das zu bunt.
Er brüllte den Dünnen an: „Mi-
schen Sie sich gefälligst nicht in
Angelegenheiten, die Sie einen Dreck angehen,
verstehen Sie mich?"
Es sah aus, als wollte der Dünne hand-
greiflich werden. Auch Theodor machte Miene,
zuzupacken. Die Nachbarn traten dazwischen.
Aber der Dünne riß sich los und schrie: „Das
wollen wir mal sehen, ob ich hier nicht mit-
zureden habe! Ich war Augenzeuge! Und da
geht mich die Sache sehr wohl was an!"
„Wenn Sie Augenzeuge waren," schrie
Theodor noch lauter, „dann müssen Sie erst
recht so vernünftig sein und mich nicht an
meinem Rechte hindern. Sie! Soviel Verstand
sollten Sie haben! Als Augenzeuge müssen
Sie mir bestätigen, daß ich Schadenersatz ver-
langen kann, denn Sie haben ja selber ge-
sehen, wie der Lund mir die Lose runter-
gerupft hat!"
„Das ist aber noch lange kein Grund,"
blökte der Dünne, kirschrot im Gesicht und
mit allen Gliedern vor Erregung zappelnd,
„daß Sie meinen Nachbarn angreifen. Das ist
eine Unverschämtheit von Ihnen. Wir kennen
Aus dem, was der Professor sagt,
Kann nun die Meinung sieh gestalten,
Daß sieh die Tommies dort am End'
Wohl selber gar für Schafe halten.
Sie haben wohl zu lange schon,
Was man den beuten nicht verübelt,
Trübsinnig ihrem Daseinszwecke
ln jener Gegend nachgegrübelt.
„Karl, wo Hast du denn di«
vielen Eisenscheine Her?"
„Wieso denn?"
„Weil du soviel Blech red'stl"
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(Der Qlasflower Universitätsprofessor Dr. Henderson hat bei den britischen
Soldaten auf den Färöern eine merkwürdige Erscheinung festgestellt)
Die britischen Soldaten macht
Der Aufenthalt auf jenen Inseln,
Wie der Professor nun erzählt,
So nach und nach zu Trauerpinseln.
Es scheint, daß jene Gegend wohl
Auf die Gemüter schädlich wirke;
Sie sprechen miteinander nicht
Und suchen' einsame Bezirke.
Dort aber fühlen sie sich erst
Zu Einzelreden stark bewogen,
Und sie ergehen sich dann laut
In wunderlichen Monologen.
Doch später fangen sie dann an,
Mit großem Ernste anzusprechen
Die Schafe, die so zahlreich sind
Auf jenen weiten Heideflächen.
Und wenn ein Schaf dann dazu blökt,
Wird das als Antwort hingenommen,
Weil der Soldat zu wähnen scheint,
Zur Unterhaltung sei's gekommen.
Er redet weiter zu dem Tier,
Als wenn es seinesgleichen wäre,
Hört auf das Blöken und verliert
Dabei dann des Gemütes Schwere.
„Ich warne dich, Base Pinia, vor diesem windigen
Wechselbalg: sein ,Stammbaum' ist nicht in Ordnung!"
Der Augenzeuge
„Das sagen Sie, weil es Ihr Lund war!"
erklärte Theodor aufgebracht, „er ist nämlich
in Ihren Los hineingelaufen. Das habe ich
gesehen!"
Andere waren hinzugetreten und hörten zu.
Ein dünner, zwickelbärliger Mann mischte sich
sofort ei». Litzig wandte er sich an Theodor:
„Was wollen Sie überhaupt hier? Wer sind
Sie denn, daß Sie hier so 'n Krach machen?"
„Wer sind Sie denn?" fragte Theodor
zurück und fraß den Gegner mit den Blicken.
Der fraß zurück. „Wenn Sie nicht rad
fahren können," schnob er, „dann müsse» Sie
zu Lause bleiben!"
„Lat man sowas schon mal gehört?" zeterte
Theodor. „Ich fahre hier friedlich durch dieses
Kaff und denke an nichts, und da kommt einLund
und reißt mir die Lose kaputt, und wo ich mich nun
um mein Recht bemühe, da kommen ausge-
rechnet Sie und wollen mich daran hindernl"
„Ihr Recht? Was denn für ein Recht?"
„Der Lerr da soll mir meine Lose bezahlen."
„Das tust du auf keinen Fall, Eduard,"
schrie der Dünne den Nachbarn an, „verstanden?
Auf keinen Fall!"
Theodor wurde das zu bunt.
Er brüllte den Dünnen an: „Mi-
schen Sie sich gefälligst nicht in
Angelegenheiten, die Sie einen Dreck angehen,
verstehen Sie mich?"
Es sah aus, als wollte der Dünne hand-
greiflich werden. Auch Theodor machte Miene,
zuzupacken. Die Nachbarn traten dazwischen.
Aber der Dünne riß sich los und schrie: „Das
wollen wir mal sehen, ob ich hier nicht mit-
zureden habe! Ich war Augenzeuge! Und da
geht mich die Sache sehr wohl was an!"
„Wenn Sie Augenzeuge waren," schrie
Theodor noch lauter, „dann müssen Sie erst
recht so vernünftig sein und mich nicht an
meinem Rechte hindern. Sie! Soviel Verstand
sollten Sie haben! Als Augenzeuge müssen
Sie mir bestätigen, daß ich Schadenersatz ver-
langen kann, denn Sie haben ja selber ge-
sehen, wie der Lund mir die Lose runter-
gerupft hat!"
„Das ist aber noch lange kein Grund,"
blökte der Dünne, kirschrot im Gesicht und
mit allen Gliedern vor Erregung zappelnd,
„daß Sie meinen Nachbarn angreifen. Das ist
eine Unverschämtheit von Ihnen. Wir kennen
Aus dem, was der Professor sagt,
Kann nun die Meinung sieh gestalten,
Daß sieh die Tommies dort am End'
Wohl selber gar für Schafe halten.
Sie haben wohl zu lange schon,
Was man den beuten nicht verübelt,
Trübsinnig ihrem Daseinszwecke
ln jener Gegend nachgegrübelt.
„Karl, wo Hast du denn di«
vielen Eisenscheine Her?"
„Wieso denn?"
„Weil du soviel Blech red'stl"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ich warne dich, Base Pinta, vor diesem windigen Wechselbalg: sein 'Stammbaum' ist nicht in Ordnung!" "Karl, wo hast du denn die vielen Eisenscheine her?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1944
Entstehungsdatum (normiert)
1939 - 1949
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 200.1944, Nr. 5145, S. 5145_112
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg