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FünfunÖzroaozig eifcrfüchtige Wächter
Von Josef Rodert Larrer
Wenn jemand zu Clive Roonfield sagte: „Clive, ich verstehe Sie
nicht! Ich an Ihrer Stelle wäre vor Eifersucht krank!"', meinte Clive
mit einem Lächeln: „Weil das ganze Büro in meine Frau verliebt
ist? Das eben ist der Grund, daß
ich nicht eifersüchtig zu sein brauche!
Alle fünfundzwanzig Verehrer mei-
ner Frau sind gleichzeitig eifersüch-
tige Wächter. Keiner gönnt dem
anderen ein Lächeln Bettys, das
um drei Sekunden länger dauert
als das Lächeln, das er selbst bekam.
So hat keiner von den fünfund-
zwanzig Verehrern Gelegenheit,mit
Betty auch nur drei Sekunden allein
zu sein!"
„Immerhin bist du eine lächer-
liche Figur!" sagte einer seiner
Freunde. „Du, der unbekannte Gatte
des Sehnsuchtsideales eines ganzen
Büros!"
„Das finde ich nicht! Besser als
die fünfundzwanzigVerehrer meiner
Frau kann auch der eifersüchtigste
Othello der Welt nicht auf seine
Desdemona aufpassen; denn er ist
allein und ohne Lilfe! And daß mich
die Verehrer Bettys nicht kennen,
ist erst recht gut! So können sie
wenigstens glauben, ich sei ein
Muskelathlet, ein Boxmeister, ein —
-Wenn ich dir sage, daß ich
gestern sogar einen Brief erhielt,
den einer der fünfundzwanzig Ver-
ehrer schrieb, siehst du dann in mir
noch immer eine lächerliche Figur?
Der Lerr schrieb: ,Sehr geehrter
Lerr Roonfield, daß wir alle Ihre
entzückende Frau Betty lieben, dürf-
ten Sie ja wissen, weil Ihre Frau
immer sagt, daß sie vor Ihnen kein
Geheimnis hat. Wir bewundern Sie,
weil Sie nicht eifersüchtig sind! And
weil wir Ihre Frau nicht nur lie-
ben, sondern in ihrer Treue auch
achten, achten wir auch Sie, Lerr
Roonfield. Wir sind fünfundzwan-
zig eifersüchtige Wächter Ihrer
Frau. Ich schreibe Ihnen, o unbe-
122
„Jetzt will ich aber mal an den Spiegel, Käthe, dein
Lut sitzt ja."
„Ich muß aber erst noch meinen Lippenstift gebrauchen.
Wer zuerst kommt, malt zuerst."
kannter Glücklicher, im Aufträge der anderen vierundzwanzig unglück-
lich und aussichtslos Verliebten!" Müßte mich nicht dieser Brief be-
ruhigen, wenn ich eifersüchtig wäre?"
Clive lachte breit und zufrieden,
während der Freund den Kopf
schüttelte und vor sich hinbrummte:
„Wie du glaubst, Clive! Ich an
deiner Stelle würde-Alle
Frauen-And du wirst schon
sehen!"
Zwei Wochen später erhielt Clive
wieder einen Brief.
„Sehr geehrter Lerr Roonfield,
obwohl wir Ihnen als Ihre fünf-
undzwanzig erfolglosen Rivalen
gönnen sollten, daß Ihnen Ihre
Frau untreu ist, müssen wir Sie
doch aufmerksam machen, daß wir
letztens Frau Betty auf dem Wege
aus dem Büro mit einem Lerrn
sahen, mit einem ganz unbedeu-
tenden Lerrn, der sich allem An-
schein nach mit Frau Betty versteht,
sehr gut sogar versieht. Wir-"
Als Betty am späten Nachmit-
tag aus dem Büro heimkam, sagte
Clive:
„Betty, du weißt, daß ich dir
vertraue! Lies diesen Brief!"
Betty las; sie zuckte die schmalen
Achseln und lachte.
„Clive, das ist nicht wahr! Ich
bettüge dich nicht, ich lasse mich nie
von einem Lerrn begleiten!"
„Dann sag, bitte, deinen fünf-
undzwanzig Rittern, sie mögen mich
in Ruhe lassen,sonst müßte ich einmal
persönlich in euer Büro kommen!"
Drei Wochen später kam wieder
ein Brief.
„Lerr Roonfield! Frau Betty
hat uns Ihre unfreundliche Ant-
wort ausgerichtet. Wir müssen
Ihnen dennoch mitteilen, daß Frau
Betty wieder von dem unschein-
baren Lerrn auf dem Leimwege
FünfunÖzroaozig eifcrfüchtige Wächter
Von Josef Rodert Larrer
Wenn jemand zu Clive Roonfield sagte: „Clive, ich verstehe Sie
nicht! Ich an Ihrer Stelle wäre vor Eifersucht krank!"', meinte Clive
mit einem Lächeln: „Weil das ganze Büro in meine Frau verliebt
ist? Das eben ist der Grund, daß
ich nicht eifersüchtig zu sein brauche!
Alle fünfundzwanzig Verehrer mei-
ner Frau sind gleichzeitig eifersüch-
tige Wächter. Keiner gönnt dem
anderen ein Lächeln Bettys, das
um drei Sekunden länger dauert
als das Lächeln, das er selbst bekam.
So hat keiner von den fünfund-
zwanzig Verehrern Gelegenheit,mit
Betty auch nur drei Sekunden allein
zu sein!"
„Immerhin bist du eine lächer-
liche Figur!" sagte einer seiner
Freunde. „Du, der unbekannte Gatte
des Sehnsuchtsideales eines ganzen
Büros!"
„Das finde ich nicht! Besser als
die fünfundzwanzigVerehrer meiner
Frau kann auch der eifersüchtigste
Othello der Welt nicht auf seine
Desdemona aufpassen; denn er ist
allein und ohne Lilfe! And daß mich
die Verehrer Bettys nicht kennen,
ist erst recht gut! So können sie
wenigstens glauben, ich sei ein
Muskelathlet, ein Boxmeister, ein —
-Wenn ich dir sage, daß ich
gestern sogar einen Brief erhielt,
den einer der fünfundzwanzig Ver-
ehrer schrieb, siehst du dann in mir
noch immer eine lächerliche Figur?
Der Lerr schrieb: ,Sehr geehrter
Lerr Roonfield, daß wir alle Ihre
entzückende Frau Betty lieben, dürf-
ten Sie ja wissen, weil Ihre Frau
immer sagt, daß sie vor Ihnen kein
Geheimnis hat. Wir bewundern Sie,
weil Sie nicht eifersüchtig sind! And
weil wir Ihre Frau nicht nur lie-
ben, sondern in ihrer Treue auch
achten, achten wir auch Sie, Lerr
Roonfield. Wir sind fünfundzwan-
zig eifersüchtige Wächter Ihrer
Frau. Ich schreibe Ihnen, o unbe-
122
„Jetzt will ich aber mal an den Spiegel, Käthe, dein
Lut sitzt ja."
„Ich muß aber erst noch meinen Lippenstift gebrauchen.
Wer zuerst kommt, malt zuerst."
kannter Glücklicher, im Aufträge der anderen vierundzwanzig unglück-
lich und aussichtslos Verliebten!" Müßte mich nicht dieser Brief be-
ruhigen, wenn ich eifersüchtig wäre?"
Clive lachte breit und zufrieden,
während der Freund den Kopf
schüttelte und vor sich hinbrummte:
„Wie du glaubst, Clive! Ich an
deiner Stelle würde-Alle
Frauen-And du wirst schon
sehen!"
Zwei Wochen später erhielt Clive
wieder einen Brief.
„Sehr geehrter Lerr Roonfield,
obwohl wir Ihnen als Ihre fünf-
undzwanzig erfolglosen Rivalen
gönnen sollten, daß Ihnen Ihre
Frau untreu ist, müssen wir Sie
doch aufmerksam machen, daß wir
letztens Frau Betty auf dem Wege
aus dem Büro mit einem Lerrn
sahen, mit einem ganz unbedeu-
tenden Lerrn, der sich allem An-
schein nach mit Frau Betty versteht,
sehr gut sogar versieht. Wir-"
Als Betty am späten Nachmit-
tag aus dem Büro heimkam, sagte
Clive:
„Betty, du weißt, daß ich dir
vertraue! Lies diesen Brief!"
Betty las; sie zuckte die schmalen
Achseln und lachte.
„Clive, das ist nicht wahr! Ich
bettüge dich nicht, ich lasse mich nie
von einem Lerrn begleiten!"
„Dann sag, bitte, deinen fünf-
undzwanzig Rittern, sie mögen mich
in Ruhe lassen,sonst müßte ich einmal
persönlich in euer Büro kommen!"
Drei Wochen später kam wieder
ein Brief.
„Lerr Roonfield! Frau Betty
hat uns Ihre unfreundliche Ant-
wort ausgerichtet. Wir müssen
Ihnen dennoch mitteilen, daß Frau
Betty wieder von dem unschein-
baren Lerrn auf dem Leimwege
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Jetzt will ich aber mal an den Spiegel, Käthe, dein Hut sitzt ja"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1944
Entstehungsdatum (normiert)
1939 - 1949
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 200.1944, Nr. 5146, S. 5146_122
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg