Der Angeber „ . . und da Hab ich zu ihm gesagt. Sie
halten mich wohl für gutmütig? Da täuschen Sie sich
aber — ich bin Generaldirektor ich habe auf niemand
aufzupassen!"
„Sei ruhig Emil und vaß auf die Molle aufl"
Das verschwundene Aufgebot
Lieschen Schöndubes Tränen versiegten als sie diese Anzeige las
ja, sie konnte ihrem Bruno also doch vertrauen Der Bürgermeister
Stecher war über die Auslobung teils verärgert, teils erfreut. Aerger
machte ihm das Wort Torweg statt Vorhalle, Freude der angenehme
Umstand, daß bereits von privater Seite eine Belohnung ausgesetzt
worden war denn sonst hätte sich wohl der Magistrat dazu ent-
schließen müssen Aber die verdammte Geschichte niachte ohnehin schon
Kosten, den» zum Ersah der unsicheren Anschlagtafel war sofort ein
solider Kasten bestellt worden, in dem künftig hinter Glas und Draht-
gitter die amtlichen Ankündigungen hängen sollten Der „Lolzburger
Abendbote" zollte dieser Einrichtung großes Lob Nun könnten alle
Brautpaare ohne Sorge sein, bemerkte er; was aber den beklagens
werten Vorfall, der geschätzte Einwohner der Stadt betroffen habe,
angehe, so werde er sicherlich Vergeltung finden; man sei dem Täter
bereits aus der Spur
Das war aber nur eine Phantasie des „Abendboten" Zeitungen
behaupten manchmal etwas was gar nicht zutrifft, und wen» sie
versichern, daß man einem Täter bereits auf der Spur sei, hat die
spürende Behörde oft noch keine Ahnung Der Ratsdiener Wrucke,
der vom Bürgermeister mit Nachforschungen beauftragt worden war,
tappte völlig im Dunkeln trotz aller Mühe, die er sich aber weniger
des Bürgermeisters wegen gab als weil er gern 100 Mark verdient
hätte. —
Die bedauerlichen Zusatzwochen, in die Lieschen seufzend und Bruno
zähneknirschend sich hatten fügen müssen, vergingen, der Bürgermeister
Stecher nahm in seiner Eigenschaft als Standesbeamter von Bruno
Kublenz ein lautes und von Lieschen Schöndube, die aber im selben
Augenblick eine Frau Kublenz wurde, ein leises Ja zur Kenntnis,
dieser Eheschließung folgte die Trauung, und dann fand im „Großen
Kurfürsten" ein herrliches Lochzeitsmahl statt. Gegen Ende dieses
Banketts aber gab es eine sleberraschung: ein geringer Bürger der
Stadt, der Tagelöhner Krausewenzel erschien, eine» Jungen, seinen
lZ jährigen Sohn nach sich ziehend. „Da is er, Lerr Schöndube!"
verkündete er. „Der hat's gemacht, Lerr Postsekretär!" Dabei wies
er ein zu einem längliche», in der Mitte geknickten Streifen gefaltetes
Papier vor. Der Postsekretär nahm es, faltete es auseinander und
siehe, da war das verschwundene Aufgebot.
„Was hat sich der Bengel dabei gedacht?" fragte Bruno Kublenz.
„Nischt, Lerr Postsekretär. Er hat eben Papier gebraucht — für
den Schwanz."
„Was soll das heißen? Für welchen Schwanz?"
„Na, für den Schwanz vom Drachen. Die Iungens sind doch
jetzt beim Lerbstwind alle wild aufs Drachensteigenlasse», und wen»
der Schwanz von so nem Drachen nich' lang genug is, dann nehme»
sie's Papier her, wo sie 's grad' kriegen können."
„Lind erst heute haben Sie die Schweinerei entdeckt?" erkundigte
sich Emil Schöndube
„Iawoll, Lerr Schöndube. erst heutel" versicherte Krausewenzel.
Aber er log; er war schon vor einer Woche zufällig darauf gekommen,
aber er hatte die Enthüllung aufgeschoben, weil er verständiger
Weise annahm, daß im Kreise der Lochzeitsgäste mit der Belohnung
von 100 Mark leichter herausgerückt werden würde; er war nicht
sicher gewesen, ob das ganz glatt gehen würde.
In der Tat — Schöndube erklärte zunächst; „Ja, mein Lieber,
die Belohnung sollte natürlich nur gezahlt werden, wenn wir den
Täter gerichtlich hätten bestrafen lassen können. Aber bei dem Bengel
geht das ja nicht."
„Bestraft is er schon," grinste Krausewenzel. „Er hat mächtige
Keile gekriegt."
Der Postsekretär Kublenz, in seinem Glück als junger Ehemann,
stand ihm bei. „Ich denke, wir zahlen, Schwiegervater Der Wort-
„Da hast deine Prügel, weil du morgen schlimm sein wirst!"
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halten mich wohl für gutmütig? Da täuschen Sie sich
aber — ich bin Generaldirektor ich habe auf niemand
aufzupassen!"
„Sei ruhig Emil und vaß auf die Molle aufl"
Das verschwundene Aufgebot
Lieschen Schöndubes Tränen versiegten als sie diese Anzeige las
ja, sie konnte ihrem Bruno also doch vertrauen Der Bürgermeister
Stecher war über die Auslobung teils verärgert, teils erfreut. Aerger
machte ihm das Wort Torweg statt Vorhalle, Freude der angenehme
Umstand, daß bereits von privater Seite eine Belohnung ausgesetzt
worden war denn sonst hätte sich wohl der Magistrat dazu ent-
schließen müssen Aber die verdammte Geschichte niachte ohnehin schon
Kosten, den» zum Ersah der unsicheren Anschlagtafel war sofort ein
solider Kasten bestellt worden, in dem künftig hinter Glas und Draht-
gitter die amtlichen Ankündigungen hängen sollten Der „Lolzburger
Abendbote" zollte dieser Einrichtung großes Lob Nun könnten alle
Brautpaare ohne Sorge sein, bemerkte er; was aber den beklagens
werten Vorfall, der geschätzte Einwohner der Stadt betroffen habe,
angehe, so werde er sicherlich Vergeltung finden; man sei dem Täter
bereits aus der Spur
Das war aber nur eine Phantasie des „Abendboten" Zeitungen
behaupten manchmal etwas was gar nicht zutrifft, und wen» sie
versichern, daß man einem Täter bereits auf der Spur sei, hat die
spürende Behörde oft noch keine Ahnung Der Ratsdiener Wrucke,
der vom Bürgermeister mit Nachforschungen beauftragt worden war,
tappte völlig im Dunkeln trotz aller Mühe, die er sich aber weniger
des Bürgermeisters wegen gab als weil er gern 100 Mark verdient
hätte. —
Die bedauerlichen Zusatzwochen, in die Lieschen seufzend und Bruno
zähneknirschend sich hatten fügen müssen, vergingen, der Bürgermeister
Stecher nahm in seiner Eigenschaft als Standesbeamter von Bruno
Kublenz ein lautes und von Lieschen Schöndube, die aber im selben
Augenblick eine Frau Kublenz wurde, ein leises Ja zur Kenntnis,
dieser Eheschließung folgte die Trauung, und dann fand im „Großen
Kurfürsten" ein herrliches Lochzeitsmahl statt. Gegen Ende dieses
Banketts aber gab es eine sleberraschung: ein geringer Bürger der
Stadt, der Tagelöhner Krausewenzel erschien, eine» Jungen, seinen
lZ jährigen Sohn nach sich ziehend. „Da is er, Lerr Schöndube!"
verkündete er. „Der hat's gemacht, Lerr Postsekretär!" Dabei wies
er ein zu einem längliche», in der Mitte geknickten Streifen gefaltetes
Papier vor. Der Postsekretär nahm es, faltete es auseinander und
siehe, da war das verschwundene Aufgebot.
„Was hat sich der Bengel dabei gedacht?" fragte Bruno Kublenz.
„Nischt, Lerr Postsekretär. Er hat eben Papier gebraucht — für
den Schwanz."
„Was soll das heißen? Für welchen Schwanz?"
„Na, für den Schwanz vom Drachen. Die Iungens sind doch
jetzt beim Lerbstwind alle wild aufs Drachensteigenlasse», und wen»
der Schwanz von so nem Drachen nich' lang genug is, dann nehme»
sie's Papier her, wo sie 's grad' kriegen können."
„Lind erst heute haben Sie die Schweinerei entdeckt?" erkundigte
sich Emil Schöndube
„Iawoll, Lerr Schöndube. erst heutel" versicherte Krausewenzel.
Aber er log; er war schon vor einer Woche zufällig darauf gekommen,
aber er hatte die Enthüllung aufgeschoben, weil er verständiger
Weise annahm, daß im Kreise der Lochzeitsgäste mit der Belohnung
von 100 Mark leichter herausgerückt werden würde; er war nicht
sicher gewesen, ob das ganz glatt gehen würde.
In der Tat — Schöndube erklärte zunächst; „Ja, mein Lieber,
die Belohnung sollte natürlich nur gezahlt werden, wenn wir den
Täter gerichtlich hätten bestrafen lassen können. Aber bei dem Bengel
geht das ja nicht."
„Bestraft is er schon," grinste Krausewenzel. „Er hat mächtige
Keile gekriegt."
Der Postsekretär Kublenz, in seinem Glück als junger Ehemann,
stand ihm bei. „Ich denke, wir zahlen, Schwiegervater Der Wort-
„Da hast deine Prügel, weil du morgen schlimm sein wirst!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Angeber" "Der Sohn des Hellsehers"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1944
Entstehungsdatum (normiert)
1939 - 1949
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 200.1944, Nr. 5148, S. 5148_151
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg