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August ausnahmsweise nicht ein kluger Bär werden? Direktor Ca-
vallone hatte allerdings Bedenken gegen allzu große Intelligenz:
Wie leicht ließ sich ein Tier dadurch zu Anüberlegtheiten verleiten!
Auf jeden Fall schärfte er seinem Bären ein, seine geistigen Leistungen
auf das in der Zoologie übliche Maß zu beschränken. Der Bär ver-
sprach, sich mit dem Wissensstoff der ersten Schulklasse zu bescheiden,
um nicht den Neid der erwachsenen Dudelfinger zu erregen.

So trat denn der dumme August als kluger Bär auf. Er kratzte
das kleine Einmaleins und das ganze Alphabet von A bis Z höchst
eigenpfötig in die Arena. Die Dudelfinger Eltern brachten ihre
Abc-Schützen mit, und das gebildete Tier löste ihre Schulaufgaben.
Nie hatte der Zirkus bessere Tage gesehen. Jeden Tag war er aus-
verkauft. Direktor Cavallone erhöhte die Eintrittspreise. Mit vollem
Recht: seine Arena war eine Bildungsanstalt von Rang geworden.

Im Linblick auf seine Anentbehrlichkeit als tierisches Phänomen
mit Volksschulbildung und erster Stern des Anternehmens glaubte
August der Bär den kühnen Schritt wagen zu können und hielt um
Anitas Land an. Direktor Cavallone versteinte ob der Dreistigkeit
seines Bären. Er bedang sich drei Tage Bedenkzeit, was be-
greiflich erscheint: Niemand wird seine Tochter ohne reifliche Aeber-
legung einem Bären anvertrauen, selbst wenn er noch so klug ist.

Nach Ablauf der Frist erklärte Direktor Cavallone: „Anita ist
noch zu jung, wir wollen in ein paar Jahren darüber sprechen."

August brauste auf: „Glauben Sie, ich sei so dumm, eine Ewig-
keit lang Ihren klugen Bären zu mimen. Nur aus Liebe zu Ihrer
Tochter habe ich mich vorübergehend zum Tier erniedrigt! Wäre
ich nicht in die' Bärenhaut gefahren, so wären Sie längst pleite!
Mein Tierverstand hat Sie gerettet! Einen solch genialen Schwieger-
sohn kriegen Sie so leicht nicht wieder! Also Tochter her oder ... .!"

Direktor Cavallone jagte den frechen Bären aus der Manege.
August holte Anita aus dem Wagen, hob sie auf ihres Vaters
bestes Roß und jagte in Nacht und Nebel davon. Als Direktor
Cavallone den Wagen betrat, fand er nichts als die leere Bären-
haut. Er wankte in die Arena zurück und verkündete dem sehr ver-
ehrten Publikum, daß der kluge Bär leider aus seinem Käfig aus-

iForlsehung auf Seile 222)

Der Uuge Bär

muß wieder her! Kann's kein echter sein unserer abgezehrten Kasse
wegen, dann tut's schließlich auch ein unechter."

„Ein Teddybär für fünfzig Reichspfennige wohl! Mensch.Kerl, ich.."

„Keine außerkontraktliche Mißhandlung, bitte! Wenn auch der
alte Bär tot ist, unwiderruflich tot, das Wichtigste von ihm lebt
fort: sein Fell. Dieses Fell zieh ich mit Ihrer gütigen Erlaubnis
an und trete als Tanzbär auf. Dem verehrlichen Publikum kann
gar kein Zweitel über meine Tierähnlichkeit kommen! Sind Lerr
Direktor mit meinem Berufswechsel einverstanden?"

Lerr Cavallone führte seinen genialen August hinter eine diskrete
Bretterwand, um ihn unter Ausschluß der Oeffentlichkeit ungestüm
zu umarmen. Durch solch spontane Zärtlichkeit hoffte er, etwaige
unedle Regungen materieller Art in seinem erfinderischen August
zu ersticken.

Lim Abend verkündete er dem hochverehrten Publikum von Du-
delfingen, daß Mucki, der Meister des Tanzes, der Liebling aller
Zirkusfreunde, wegen heftigen Anwohlseins genötigt sei, einige Zeit
die Streu zu hüte». Der tote Mucki blieb so lange krank, bis sein
Fell trocken >var. Dann nähte Anita, das Direktoretöchterchen, Druck-
knöpfe daran, setzte dunkle Glasperlen in die Augenlöcher und pro-
bierte dem falschen Bären den echten Pelz an. And als der aus
seinen falschen Tieraugen in ihre treuen Menschenaugen blickte und
ihre beide» zarten Ländchen in seine derben Pfoten nahm, fühlte
er sich unmenschlich glücklich in seiner Bärenhaut.

August erwies sich als Tier von höchstem menschlichen Ehrgeiz.
Er begnügte sich nicht mit läppischen Sprüngen und blöden Purzel-
bäumen, er strebte nach Äöherein, nach Geistigkeit. Kein Wunder,
ihn trieb die Liebe. War es ihm auch verpönt, seine Intelligenz mit
dem Maul zu bekunden, durch die Pfoten durfte er sie äußern. Es
gab kluge Pferde und kluge Lunde, warum sollte also ein dummer
220

ffi. Croissant

Der Tierfreund

„Ich kann noch so oft die Zahl dreihundert
schreiben — es kommt immer ,Zoo' heraus!"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Es ist etwas faul im Topf Britanniens" "Der Tierfreund"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Entstehungsdatum
um 1944
Entstehungsdatum (normiert)
1939 - 1949
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Weltkrieg <1939-1945>
Peter II., Jugoslawien, König
Polen
Mausefalle
Topf
Jugoslawien
Ei
Mann <Motiv>
Tiere
Zoologischer Garten

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 200.1944, Nr. 5154, S. 5154_220

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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