Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
„Sie meinen also. Lerr Direktor, ich sollte mein Stück auf
einen Akt reduzieren?"

„Tun Sie's. Es wäre ein Gnadenakt."

Mr. Davis

City Expreß" an, der neben der republikanischen „Mason City Tribüne"
die täglichen Aeberzeugungen für Mason City fabrizierte. So reiz-
voll es auch sein mochte, seine lieben Mitbürger nach eigener Fasson
denken zu lassen, Mr. Davis war zu sehr Geschäftsmann, billige
Meinungen bei zu hohen Ankosten zu erzeugen. Sein Interesse galt
dem Inseratenteil, dem täglichen Markt der Zeitung. Er setzte sich
zum Ziel, der Tribüne die letzte Anzeige zu entziehen, sodaß ste
schließlich an typographischer Auszehrung einging. Als Arenkel und
Enkel von Wildwestern, dachte er noch in hemdärmeliger, muskulöser
Wildwestmanier. Geschäft war Kampf und machte nur Spaß, wenn
es zum Kampf ausartete. Man mußte das Publikum zum Inserieren
reizen, herausfordern. Darin erblickte der Wildwester das ganze
Geheimnis der Insertion. Starben z. B. diePeute nicht in ausreichen-
dem Maße, so sagte man sie einfach tot. Im redaktionellen Teil:
„Wie wir zu unserem Leidwesen soeben erfahren, ist Mr. James
Taylor, der bekannte Läutehändler, heute nacht in die Ewigkeit ab-
berufen worden. Das gleiche Geschick ereilte Mrs. Susan Miller,
Mrs. Daisy Frog und Miß Mabel Suitor." Lim nächsten Morgen
erhielt Mr. Davis Widerruf um Widerruf von den Totgesagten. Ge-
lassen erwiderte er: „Wenn Sie nicht tot sind, so geben Sie eine
Lebensanzeige auf und alles ist wieder in Ordnung." Seitdem
wurde in Mason City die Lebensanzeige eine neue Rubrik.

Die Rechtsanwälte von Mason City inserierten überhaupt nicht,
stellte Mr. Davis empört fest. Auch sie waren doch Geschäftsleute, die
Kunden brauchten. Mr. Davis sandte seine Werber aus und sie brachten
die neuartigen Anzeigen nach Lause: „Gestern wurde durch unsere
glänzende Verteidigungsrede Mr. Jones Bully vom Verdacht
fünffachen Raubmordes freigesprochen. Wir empfehlen uns der
verehrlichen Einwohnerschaft von Mason City und Amgebung bei
kriminellem Bedarf. Messrs. Lolster & Co." Das Inserat einer
anderen Anwaltskanzlei, von Mr. Davis inspiriert, lautete: „Wir
haben noch jeden Mann, der es wünschte, auf legalstem Wege von
seiner Frau befreit. Wenden auch Sie sich an uns in ev. Ehenöten."

Mr. Davis entdeckte, daß auch die Beerdigungsinstitute zu wenig
inserierten. Sie mußten die Vorzüge ihrer Anternehmen anpreisen:
Fünfzigvferdige Leichenwagen, Aebertragung der Trauerreden durch
die Broadcasting Company, schnelle Begräbnisse für vielbeschäftigte
76

Linterbliebene, Schallplattenleichenreden im Galopptempo, Verteilung
chemisch parfümierter Taschentücher, die sofort zu einem Löchstmaß
von Rührung reizten, ohne den Teint zu schädigen.

Mr. Davis stellte eine Bande von Gangstern in Dienst, die
Verluste von Regenschirmen, Brieftaschen und Börsen, Kindern
und Lunden hervorriefen, Diebstähle von Pferden und Rindern,
Geschäftsmappen und Autos inszenierten, alles um das Publikum
zu täglichen Verlust- und Fehlanzeigen zu nötigen. Im Expreß des
Mr. Davis natürlich. Wer Verlust oder Diebstahl in der Tribüne
beklagte, sah selbstverständlich sein Eigentum nie wieder. Aber wer im
Expreß dreimal nach Kind, Lund oder Benzinkutsche rief, bekam sie
bestimmt wieder. Mr. Davis war großzügig genug, die Belohnungen,
die von den Opfern seiner Inserationspropaganda für Wiederer-
stattung versprochen wurden, brüderlich zu gleichen Teilen mit der
Bande seiner Werbefachleute zu teilen.

Aehnlich verfuhr Mr. Davis auch gegenüber der verehrlichen
Geschäftswelt von Mason City. Durch Aufkäufe und Einbrüche
wurden ganze Lager bestimmter Artikel geräumt, womit Anpreisung
neuer Wareneingänge notwendig wurde. Mit einem Wort, das
Insertionswesen in Mason City nahm dank Mr. Davis' Wildwest-
initiative einen bis dahin ungekannten und ungeahnten Aufschwung.

Das Warenhaus zum „Ancle Sam", Inhaber Iessy Dixon, das
größte Warenhaus am Platze, hatte bisher nur in der Tribüne
inseriert. Mr. Davis sah sich daher zu einem Altimatum veranlaßt:
„Zu unserem Bedauern vermissen wir immer noch in unserem Blatt
Ihre geschätzte Reklame. Bei uns sind die Lettern mindestens ebenso
groß, das Papier von gleicher Qualität wie in der Tribüne, die
Verbreitung nicht geringer. Sollten Sie sich nicht zur Insertion
bei uns innerhalb der nächsten acht Tage entschließen, so sind wir
gezwungen. Ihnen gegenüber in der Mainstreet ein Warenhaus zu
errichten, das jeden ihrer Artikel zwanzig Prozent billiger verkauft.
In ergebenster Lochachtung Ihr wohlgeneigter Expreß."

Darauf erwiderte „Ancle Sam": „Wenn Sie ein Warenhaus
errichten, dann gründen wir eine Zeitung, die um dreißig Prozent
billiger arbeitet!"

Mr. Davis, der alte Wildwester, der keinen Widerstand duldete,
kochte: „Dann verkaufe ich jeden Artikel um fünfzig Prozent billiger!
In drei Monaten sind Sie Knockout!"

Darauf Mr. Iessy Dixon, Inhaber des „Ancle Sam", in streng-
vertraulicher Zuschrift: „Wozu wüten Sie gegen Ihr eigenes Fleisch?
Wie Sie aus einliegendem Inserat zu ersehen belieben, habe ich
mich soeben mit Miß Mary Davis, Ihrer sehr verehrten Tochter,
verlobt. Kann es einen größeren Beweis des Vertrauens in die
Güte Ihres Anternehmens geben?"

Knirschend verzichtete Mr. Davis, der betroffene Vater, auf den
Knockout des künftigen Schwiegersohnes, gab seinen väterlichen
Segen und einen Sonderrabatt von vierzig Prozent für jedes
Inserat des glücklich fusionierten „Ancle Sam". F.

Der Lokomotivführer hat Geburtstag

„Nächstens wird mir die gute Amalie noch Feuerbohnen und
Rohrkolbengewächse um die Fenster ranken!"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Sie meinen also, Herr Direktor" "De Lokomotivführer hat Geburtstag"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Rheinen, G.
Entstehungsdatum
um 1944
Entstehungsdatum (normiert)
1939 - 1949
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Weltkrieg <1939-1945>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 200.1944, Nr. 5168, S. 5168_076
 
Annotationen