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„Was — — für diese Musik wollen Sie noch um Geld
bitten. Mann, ich dachte. Sie wollten sich dafür entschuldigen!"

Abenteuer in der Nacht

„Was tun?" sprach Möller und hob die Schlüffe! auf. Sicher
handelte es sich um eine Verwechslung, ein Familienangehöriger
weilte noch außer Laus. der dann durch Pfeifen sein Eintreffen an-
kündigen sollte. Die Schlüssel konnte Möller nicht auf der Straße
liegen lassen, ebenso durfte er nicht hinaufbrüllen, es würden viel-
leicht unliebsame Mißverständnisse daraus entstehen, die den Ruf
einer Dame gefährdeten. Linaufgehen und den Irrtum aufklären?
Nicht schlecht, nicht schlecht!

Die restlichen Bedenken zerstreute der Schwips, den Möller in
sich hatte und der aus dem ehrsamsten Bürger einen nach Aben-
teuer lechzenden Löwen zu machen vermag. Auch der Löwe Möller
knurrte vor verhaltenem Tatendrang und sperrte mit dem großen
Schlüssel das Lausror auf. Er fand den Taster der Treppenbeleuch-
tung und eilte in den zweiten Stock. Da diesen nur zwei Wohnungen
teilten, konnte er die richtige Tür nicht verfehlen. Einen Augenblick
lang zögerte er, ob er nicht doch klingeln sollte, aber dann schloß
er mit dem kleinen Schlüssel reibungslos auf. Oeffnete, entzündete
sein Feuerzeug, hielt rasch Amschau nach dem Schalter und drehte
die Beleuchtung an. Durch die zweite Tür rechter Land drang ein
Lichtstrahl.

„Ich bitte," sagte Lerr Möller laut, aber nicht mehr ganz über-
zeugt, „ich bringe nur die —"

„Komm doch, Vurschi, komm doch schon," erklang eine liebliche
Frauenstimme, woraüf sein Lerz vor Wonne zu wedeln begann.
,Burschst hatte sie gesagt. Der Löwe Möller setzte zum Sprung an
und öffnete jene zweite Tür. Sah ein Bett und in dem Bett ein
Wesen so schön wie das Märchen persönlich, mit veilchenblauen
Augen und blondem Wuschelkopf. Der erwartete Schrei des Ent-
setzens blieb aus und das Wesen sprach: „Daß du endlich heimfindest,
komm' rasch zu mir und gib mir einen Kuß. Loffentlich riechst du
nicht nach Alkohol!"

100

Sbtrc <5WW*c njfrtit zu neunzig Prozent. Mit den restlichen
zehn strich er sich über die Augen, um das Traumgebilde zu ver-
scheuchen. Dieses aber wich nicht, sondern sagte: „Also?" And spitzte
die Lippen.

Möller riß sich zusammen, setzte ein sieghaftes Alberslächeln auf,
sich selbst in Bewegung, dann auf den Bettrand, fühlte sich von
weichen Armen umfangen und ein nach Nachtcreme duftendes Engels-
gestcht an seiner Wange. Die weichen Arme zitterten und der zu den
Wangen gehörige Mund flüsterte: „Ein Einbrecher ist im Neben-
zimmer, deswegen das ganze Theater. Schützen Sie mich, wenn
Sie ein Mann sind!"

Möller kam sich plötzlich wie ein Neger vor, dem man einen
Eisblock auf den Bauch legt. Er erschauerte. Lier das warme, blonde
Leben, dort hinter der Tür der kalte Tod. ,Sei ein Mann, Möllerst
sprach in ihm die Stimme seiner ruhmreichen Ahnen. And Möller
war ein Mann, wenn auch mit fadem Gefühl in den Kniekehlen und
trockenem in der richtigen.

„Links von der Tür ist der Schalter," flüsterte der Wuschelkopf
und verschwand unter der Decke.

Es ist schwer ein Leld zu sein, wenn man nicht einmal ein
Maschinengewehr in der Tasche hat. Möller sah sich vergebens nach
einer Waffe um. Stöhnte männlich, sein Brustkorb weitete sich, die
Züge wurden hart. Nasch beugte er sich nochmals zu dem verhüllten
Wuschelkopf herab und flüsterte: „Wenn ich falle, kleines Mädel, dann
bewahre mir ein gutes Andenken!" Der Wuschelkopf nickte heftig
unter der Decke und leises Schluchzen erklang. Möller aber richtete
sich auf und senkte den Kopf wie ein Stier vor dem Angriff. Er
wuchs in diesem Augenblick über sich selbst hinaus und wußte, daß
er bis zum letzten Atemzug wie ein Löwe kämpfen würde. Seine
Muskeln strafften sich, mit einem Satz war er an der Tür, ritz sie
auf, drehte den Lichtschalter auf und brüllte gleichzeitig: „Ergib
dich, du Lund!"

Der Lund dachte aber gar nicht daran, sich zu ergeben, sondern
schoß wie ein Pfeil durch den Spalt der ein wenig offenstehenden

„Na hören Se mal, ich bin zwar kein Adonis, aber---"

„Irrtum, verehrter Auftraggeber, Sie stehen vorm Spiegel, Ihr
Porträt hängt weiter links."
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Kunstkenner" "Na hören Se mal, ich bin zwar kein Adonis, aber ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Flemig, Kurt
Rheinen, G.
Entstehungsdatum
um 1944
Entstehungsdatum (normiert)
1939 - 1949
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Weltkrieg <1939-1945>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 200.1944, Nr. 5170, S. 5170_100
 
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