Sechs Leute zuviel!
„Sechs Leute sind zuviel! Papa, schau, daß die sechs Alten da
verschwinden! Tu es uns anderen zuliebe!"
Irmengards Vater war alles eher als ein guter Diplomat. Er
redete herum und landete beim Nachtmahl, wie schwer es heut-
zutage sei, ein Nachtmahl für ein Fest herzurichten. Da sagte
die alte Freundin von Irmengards Mutter mit ihrer tiefen Leander-
stimme :
„Ja, das wissen wir alle! Amso netter finden wir es, daß ihr
uns da so zahlreich eingeladen habt! Nach der Jause zu schließen,
wird es ja ein mehr als üppiges Essen geben!"
Wir saßen aus erstklassigen Nähnadeln. Irmengard lohte inner-
lich, was man ihr auch äußerlich ansah, das heißt: die sechs zum
Fortgehen bestimmten Leute sahen es nicht, nur wir anderen sahen
es, und wir zerbrachen uns den Kopf, wie wir sie abschütteln konnten.
Franz hockte nachdenklich wie ein Schüler Platons da. Plötzlich
meinte seine schlaue Schwägerin Susi leise zu Irmengard:
„Wir verabschieden uns jetzt zum Schein und gehen fort. Wenn
wir dann in einer halben Stunde wieder kommen, werden wohl die
sechs Aeberflüssigen bereits begriffe» haben und auch verschwunden
sein! Dann sind wir allein und können —"
„Ja, ja!" nickte Irmengard. Wir erhoben uns, wir sagten, es sei
nun Zeit, daß wir uns entfernten. Wir dankten noch für den schönen
Nachmittag und gingen.
Eine halbe Stunde später kamen wir zurück. Franz empfing uns
schon bei der Türe und flüsterte entsetzt:
„Die sechs Alten sitzen noch immer drinnen! Sie meinen, jetzt
werde es ihnen noch besser schmecken, weil sie auch das verzehren
könnten, was für euch bestimmt war! Wie werden wir sie nur los?
Wenn sie nicht bald gehen, müssen wir mit dem Essen anfangen;
denn Irmengard, ihre Eltern und ich selbst, ach, wir sind schon hungrig
wie Wölfe!"
„Wir auch!" gab Susi das Echo, indem sie sich an mich wandte
und meinte, ich könnte auch einmal meine Phantasie fruchtbringender
arbeiten lassen, nicht wie sonst nur zum Erfinden magerer Geschichten.
„Nur ieine Kränkung!" erwiderte ich. „Laßt mich nur machen!
Mir fällt da ein wunderbarer Plan ein! Wartet hier auf mich! Ich
komme sofort wieder.zurück!"
Ich stürmte ins Minerva-Kino, weil ich dort zum Glück die Kas-
sierin gut kannte. Mit tausend Versprechungen preßte ich ihr sechs
Eintrittskarten heraus, die für ganz besondere „Kunden" reserviert
waren. Mit den Karten eilte ich zurück. Vei der Wohnungstüre
wartete man aufgeregt auf mich. Ich sagte:
„Nun rasch hinein!"
- Als wir eintrateu, sahen uns die sechs überflüssigen Alten erstaunt
an. Ich lächelte unschuldig und harmlos wie ein Engel und sagte:
„Ah, wir haben Glück, die Lerrschaften sind noch hier! Warum
wir zurückkommen? Lier ist die Erklärung! Ich habe den lieben sechs
Gästen als netten Abschluß des Tages Kinokarten besorgt! Wenn
Sie sich beeilen, kommen Sie noch schön zurecht!"
Die sechs Alten, kaum daß sie vom Kino hörten, sprangen wie
Wiesel auf. Sie faßten nach den Karten und —fort waren sie.
Man gratulierte mir zu meinem schönen Plan, den ich so rasch
durchgeführt hatte. Ich wehrte ab.
„Ihr müßt der lieben Kassierin im Minerva-Kino danken!"
And nun setzten wir uns zum Nachtmahl nieder. Als wir mitten im
schönsten Essen waren, läutete es. Die sechs Alten erschienen wieder.
Wir waren wortlos, während die Freundin von Irmengards Mutter
mit ihrer Leanderstimme sagte:
„Ach, den Film im Minerva-Kino haben wir ja alle schon gesehen,
manche schon zweimal! Da haben wir einfach die Eintrittskarten
verkauft, zu einem netten Aeberpreis, versteht sich! And nun sind
wir alle sechs wieder da. And wir sind hungrig! So hungrig!"
„Ja, sooooo hungrig!" stimmten die anderen fünf Alten ein.
Die Rechenaufgabe
Christinchen ist sieben Jahre alt. Seit einem Jahr geht sie nun
zur Schule. Wenn nur die dummen Lausaufgaben nicht wären.
Gestern hatte sie wieder eine so schwierige Rechenaufgabe.
„Zehn Semmeln kosten dreißig Pfennige. Wieviel kostet eine
Semmel?"
Christinchen hatte es richtig gelöst:
„Eine Semmel kostet drei Pfennige."
„Bravo! And wie hast du das ausgerechnet?"
Christinchen krähte:
„Gekauft habe ich mir gestern eine beim Bäcker, Lerr Lehrer."
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„Sechs Leute sind zuviel! Papa, schau, daß die sechs Alten da
verschwinden! Tu es uns anderen zuliebe!"
Irmengards Vater war alles eher als ein guter Diplomat. Er
redete herum und landete beim Nachtmahl, wie schwer es heut-
zutage sei, ein Nachtmahl für ein Fest herzurichten. Da sagte
die alte Freundin von Irmengards Mutter mit ihrer tiefen Leander-
stimme :
„Ja, das wissen wir alle! Amso netter finden wir es, daß ihr
uns da so zahlreich eingeladen habt! Nach der Jause zu schließen,
wird es ja ein mehr als üppiges Essen geben!"
Wir saßen aus erstklassigen Nähnadeln. Irmengard lohte inner-
lich, was man ihr auch äußerlich ansah, das heißt: die sechs zum
Fortgehen bestimmten Leute sahen es nicht, nur wir anderen sahen
es, und wir zerbrachen uns den Kopf, wie wir sie abschütteln konnten.
Franz hockte nachdenklich wie ein Schüler Platons da. Plötzlich
meinte seine schlaue Schwägerin Susi leise zu Irmengard:
„Wir verabschieden uns jetzt zum Schein und gehen fort. Wenn
wir dann in einer halben Stunde wieder kommen, werden wohl die
sechs Aeberflüssigen bereits begriffe» haben und auch verschwunden
sein! Dann sind wir allein und können —"
„Ja, ja!" nickte Irmengard. Wir erhoben uns, wir sagten, es sei
nun Zeit, daß wir uns entfernten. Wir dankten noch für den schönen
Nachmittag und gingen.
Eine halbe Stunde später kamen wir zurück. Franz empfing uns
schon bei der Türe und flüsterte entsetzt:
„Die sechs Alten sitzen noch immer drinnen! Sie meinen, jetzt
werde es ihnen noch besser schmecken, weil sie auch das verzehren
könnten, was für euch bestimmt war! Wie werden wir sie nur los?
Wenn sie nicht bald gehen, müssen wir mit dem Essen anfangen;
denn Irmengard, ihre Eltern und ich selbst, ach, wir sind schon hungrig
wie Wölfe!"
„Wir auch!" gab Susi das Echo, indem sie sich an mich wandte
und meinte, ich könnte auch einmal meine Phantasie fruchtbringender
arbeiten lassen, nicht wie sonst nur zum Erfinden magerer Geschichten.
„Nur ieine Kränkung!" erwiderte ich. „Laßt mich nur machen!
Mir fällt da ein wunderbarer Plan ein! Wartet hier auf mich! Ich
komme sofort wieder.zurück!"
Ich stürmte ins Minerva-Kino, weil ich dort zum Glück die Kas-
sierin gut kannte. Mit tausend Versprechungen preßte ich ihr sechs
Eintrittskarten heraus, die für ganz besondere „Kunden" reserviert
waren. Mit den Karten eilte ich zurück. Vei der Wohnungstüre
wartete man aufgeregt auf mich. Ich sagte:
„Nun rasch hinein!"
- Als wir eintrateu, sahen uns die sechs überflüssigen Alten erstaunt
an. Ich lächelte unschuldig und harmlos wie ein Engel und sagte:
„Ah, wir haben Glück, die Lerrschaften sind noch hier! Warum
wir zurückkommen? Lier ist die Erklärung! Ich habe den lieben sechs
Gästen als netten Abschluß des Tages Kinokarten besorgt! Wenn
Sie sich beeilen, kommen Sie noch schön zurecht!"
Die sechs Alten, kaum daß sie vom Kino hörten, sprangen wie
Wiesel auf. Sie faßten nach den Karten und —fort waren sie.
Man gratulierte mir zu meinem schönen Plan, den ich so rasch
durchgeführt hatte. Ich wehrte ab.
„Ihr müßt der lieben Kassierin im Minerva-Kino danken!"
And nun setzten wir uns zum Nachtmahl nieder. Als wir mitten im
schönsten Essen waren, läutete es. Die sechs Alten erschienen wieder.
Wir waren wortlos, während die Freundin von Irmengards Mutter
mit ihrer Leanderstimme sagte:
„Ach, den Film im Minerva-Kino haben wir ja alle schon gesehen,
manche schon zweimal! Da haben wir einfach die Eintrittskarten
verkauft, zu einem netten Aeberpreis, versteht sich! And nun sind
wir alle sechs wieder da. And wir sind hungrig! So hungrig!"
„Ja, sooooo hungrig!" stimmten die anderen fünf Alten ein.
Die Rechenaufgabe
Christinchen ist sieben Jahre alt. Seit einem Jahr geht sie nun
zur Schule. Wenn nur die dummen Lausaufgaben nicht wären.
Gestern hatte sie wieder eine so schwierige Rechenaufgabe.
„Zehn Semmeln kosten dreißig Pfennige. Wieviel kostet eine
Semmel?"
Christinchen hatte es richtig gelöst:
„Eine Semmel kostet drei Pfennige."
„Bravo! And wie hast du das ausgerechnet?"
Christinchen krähte:
„Gekauft habe ich mir gestern eine beim Bäcker, Lerr Lehrer."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Tschiangkaischeks Albtraum" "Mach sofort, daß du rauskommst, Kurtchen!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 200.1944, Nr. 5171, S. 5171_112
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg