D»n Ralph Urban
Mister Smuts preist die politische Mission des
bolschewistischen Freundes.
Grammophonnadeln
An warmen Tagen wächst mein Bart geschwinder.
Stoppelplantagen werden produziert.
Ich bin ein Ulkgespenst für Frau und Kinder:
ich bleibe nämlich Wodien unrasiert.
Auf Unbekannte wirke ich als Forscher:
ich riech nach Faultier und nach Urwaldnacht.
Ach, die Kultur in mir wird bannig morscher —
das Primitive lockt mit Höllenmacht.
Man kann auf meinem Bart Kartoffeln reiben;
zum Pufferbacken reicht auch dieser Brei.
Ich ritze Ritzer in die Fensterscheiben
und piek zum Teesieb manches Hühnerei.
So geht das fort, bis daß ich stutzig werde,
mir vor dem Spiegel eine runterhau.
Ich leihe mir die Kräfte junger Pferde
und kratze knarrend glatt den Antlitzbau.
Die Stoppeln säubre ich mit flinkem Finger,
den braunen Sprechschrank öffnet stumm mein Sohn.
Ich stecke eines meiner Bartwuchsdinger
In der Membrane kleinen Nadelzwinger:
hold spielt der Bart auf meinem Grammophon . . .
Heinz Eider
DAS RISIKO
Ein junger Mann mit vertretenen Absätzen und einem schäbigen
Anzug schlenderte zwecklos durch die Straßen von New TZork Sein
ganzes Reisegepäck trug er bei sich, es bestand aus einer Zahnbürste.
Vor einer Feinkosthandlung blieb der junge Mann stehen und aß
das Schaufenster leer. Mit den Augen natürlich. Nach dieser Mahl-
zeit klopfte er sich auf die Stelle, wo der Bauch hingehört, und
ging weiter.
„Na, mein Freund, Ihnen scheint e- auch nicht gerade glänzend
zu gehen," sprach ihn ein gutgenährter Lerr an, der ihn schon eine
Weile beobachtet hatte.
„Stimmt," sagte der junge Mann und knurrte mit dem Magen.
„Wollen Sie einen Dollar?" — „Loho," meinte der junge Mann.
„Ich erwarte hier jemanden und kann daher nicht weg," erklärte
der Dicke. „Ich möchte mir eine Zeitung kaufen, habe aber nur
Lundert-Dollar-Noten. Springen Sie da in die Bank hinein und
lassen Sie mir den Schein wechseln. Einen Dollar können Sie sich
behalten, weil Sie ein armer Lund sind und weil ich gerade gut
aufgelegt bin. Bilden Sie sich aber gar nicht ein, daß ich Sie über-
sehe, wenn Sie herauskommen!"
Der junge Mann grinste von einem Ohr zum andern, nahm die
Banknote entgegen und betrat die Bank. Ging zu einem Schalter
und legte den Geldschein auf die Marmorplatte. Der Kassier griff
darnach, rieb ein wenig mit dem Daumen und den nächsten zwei
Fingern daran, hielt die Note gegen das Licht und wechselte sie dann in
kleine Scheine. Der junge Mann zählte gewissenhaft nach, steckte das
Geld ein und verließ die Bank durch den zweiten Ausgang, der nach
der andern Straße führte. „Laha," sagte er, als er die Gefahrenzone
weit hinter sich hatte, „ein Glück, daß es noch solche Idioten gibt!"
Etwas später betrat der Idiot das Privatkontor seines Chefs.
„Wir können ruhig mit der Ausgabe beginnen " sagte der Dicke
zu seinem Boß, „die Lundert-Dollar-Noten sind gut gelungen, daß
man nicht einmal in der Bank an ihrer Echtheit zweifelt."
„Tüchtig, tüchtig," lobte der Chef, „ist Ihnen beim Bankschalter
nicht schwül geworden. Sie Draufgänger?"
„Mein Gott," wehrte der Dicke bescheiden ab, „ein gewisses
Risiko trägt man bei jedem Geschäft. sind vor dem eigenen kommt
eben das Interesse der Firma!"
Äer nächtliche Radaubruder stand vor Gericht.
Der Bruder protestierte'
„Ich war nicht betrunken! Ich war nur angeheitert!"
Der Richter nickte:
„Das ist allerdings etwas anderes. Dann verurteile ich Sie nicht zu
sieben Tagen Last sondern nur zu einer Woche "
„Warum schrieben Sie denn da eine arabische Sechs?“
„Damit keine ,Vau eins' erscheint,"
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Mister Smuts preist die politische Mission des
bolschewistischen Freundes.
Grammophonnadeln
An warmen Tagen wächst mein Bart geschwinder.
Stoppelplantagen werden produziert.
Ich bin ein Ulkgespenst für Frau und Kinder:
ich bleibe nämlich Wodien unrasiert.
Auf Unbekannte wirke ich als Forscher:
ich riech nach Faultier und nach Urwaldnacht.
Ach, die Kultur in mir wird bannig morscher —
das Primitive lockt mit Höllenmacht.
Man kann auf meinem Bart Kartoffeln reiben;
zum Pufferbacken reicht auch dieser Brei.
Ich ritze Ritzer in die Fensterscheiben
und piek zum Teesieb manches Hühnerei.
So geht das fort, bis daß ich stutzig werde,
mir vor dem Spiegel eine runterhau.
Ich leihe mir die Kräfte junger Pferde
und kratze knarrend glatt den Antlitzbau.
Die Stoppeln säubre ich mit flinkem Finger,
den braunen Sprechschrank öffnet stumm mein Sohn.
Ich stecke eines meiner Bartwuchsdinger
In der Membrane kleinen Nadelzwinger:
hold spielt der Bart auf meinem Grammophon . . .
Heinz Eider
DAS RISIKO
Ein junger Mann mit vertretenen Absätzen und einem schäbigen
Anzug schlenderte zwecklos durch die Straßen von New TZork Sein
ganzes Reisegepäck trug er bei sich, es bestand aus einer Zahnbürste.
Vor einer Feinkosthandlung blieb der junge Mann stehen und aß
das Schaufenster leer. Mit den Augen natürlich. Nach dieser Mahl-
zeit klopfte er sich auf die Stelle, wo der Bauch hingehört, und
ging weiter.
„Na, mein Freund, Ihnen scheint e- auch nicht gerade glänzend
zu gehen," sprach ihn ein gutgenährter Lerr an, der ihn schon eine
Weile beobachtet hatte.
„Stimmt," sagte der junge Mann und knurrte mit dem Magen.
„Wollen Sie einen Dollar?" — „Loho," meinte der junge Mann.
„Ich erwarte hier jemanden und kann daher nicht weg," erklärte
der Dicke. „Ich möchte mir eine Zeitung kaufen, habe aber nur
Lundert-Dollar-Noten. Springen Sie da in die Bank hinein und
lassen Sie mir den Schein wechseln. Einen Dollar können Sie sich
behalten, weil Sie ein armer Lund sind und weil ich gerade gut
aufgelegt bin. Bilden Sie sich aber gar nicht ein, daß ich Sie über-
sehe, wenn Sie herauskommen!"
Der junge Mann grinste von einem Ohr zum andern, nahm die
Banknote entgegen und betrat die Bank. Ging zu einem Schalter
und legte den Geldschein auf die Marmorplatte. Der Kassier griff
darnach, rieb ein wenig mit dem Daumen und den nächsten zwei
Fingern daran, hielt die Note gegen das Licht und wechselte sie dann in
kleine Scheine. Der junge Mann zählte gewissenhaft nach, steckte das
Geld ein und verließ die Bank durch den zweiten Ausgang, der nach
der andern Straße führte. „Laha," sagte er, als er die Gefahrenzone
weit hinter sich hatte, „ein Glück, daß es noch solche Idioten gibt!"
Etwas später betrat der Idiot das Privatkontor seines Chefs.
„Wir können ruhig mit der Ausgabe beginnen " sagte der Dicke
zu seinem Boß, „die Lundert-Dollar-Noten sind gut gelungen, daß
man nicht einmal in der Bank an ihrer Echtheit zweifelt."
„Tüchtig, tüchtig," lobte der Chef, „ist Ihnen beim Bankschalter
nicht schwül geworden. Sie Draufgänger?"
„Mein Gott," wehrte der Dicke bescheiden ab, „ein gewisses
Risiko trägt man bei jedem Geschäft. sind vor dem eigenen kommt
eben das Interesse der Firma!"
Äer nächtliche Radaubruder stand vor Gericht.
Der Bruder protestierte'
„Ich war nicht betrunken! Ich war nur angeheitert!"
Der Richter nickte:
„Das ist allerdings etwas anderes. Dann verurteile ich Sie nicht zu
sieben Tagen Last sondern nur zu einer Woche "
„Warum schrieben Sie denn da eine arabische Sechs?“
„Damit keine ,Vau eins' erscheint,"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Mister Smuts preist die politische Mission des bolschewistischen Freundes" "Warum schrieben Sie denn da eine arabische Sechs?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1944
Entstehungsdatum (normiert)
1939 - 1949
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 200.1944, Nr. 5173, S. 5173_138
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg