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Herrn Graf's Tagebuch über eine Reise nach Prag und

Als ein Frcind von die sogenannte Musikahlische Kunst
beschlossen wir, die ithaliänische Oper zu besuchen, welches man
auf Deutsch das Kerntner - Thor nennt. Das Eiserlichte von
dieses Gebeide wollte mir gar nicht recht gefallen, weil cs an
der einen Seitenfaßade sehr unreinlicht zugcht. Dagegen ward
ich von das Innerliche auch nicht iberrascht, weil man in das
sogenannte Baartherr nicht einmal sitzen kann, welches aber
freilich soll itahliänisch sein. Wir zogen daher vor, uns in
die Höhe zu begeben, welches man vierten Rang und gesperrt
nennt. Aber du lieber Gott, das sollte lieber vierter Rang
mit gebickte Stellung heisen, denn es war schon so voll, daß
wir nur auf die hinterste Bank noch einige Blätzchen fanden,
wo man sich aber muß blatt auf den Sitz legen, damit mau
nicht mit dem Kobfe an die Decke stößt.
Aber die Musik versehnte Einen bald wieder mit diese
Unangenähmlichkeiten und die Sänger, zumal aus die weibliche
Helfte, waren auch nicht schlecht. Wenn mein Fritze nur einige
Anlage hätte, so lies ich ihn auch eine ithaliänische Sängerin
werden, denn in dieses Geschäft ist wirklich noch ein Heidengeld
zu verdienen. Einige werden nach die einzelnen Töne bezahlt,
wo sie für jeden einen Zwanfiger kriegen, warum sie auch recht
oft drtllern und recht viel drehmoliren, weil dieses dann das
meiste Geld einbringt.
Sonst habe ich aber gefunden, daß es mit die deutsche
Oper gans egal ist, da man weder dort von den deutschen
Deckst als hier von den ithaliänischen etwas ordcntlichtes versteht.
Well ich nun gar nichts von die ithaliänische Sprache
verstehe, so fragte ich einen Nachbar, der neben mir sas, was
dieses und jenes wohl auf deutsch heisen thäte, wodartber er
so sehr lachte. T>a sagte er mir aber, daß er es auch nicht
verstände, hingegen säße vorne auf die erste Bank Einer, der
die Sbrache kennte und wenn dieser lachen thäte, so thäte er
auch mit lachen.
Dieses fand ich sehr bequem und nun richteten wir uns
auch nach den Herrn auf die erste Bank; wenn der lachte, so
thaten wir auch allemal mit lachen, als ob uns der Bock ge-
stoscn hette und wenn der ein ernsthaftes Gesichte machen that,
so machten wir auch sauretebfigtes Minensbiel, als wenn es
uns im gansen Leibe nicht so recht wäre.
Nach einige Hebung fand ich auch, daß das Ithaliänische
eichentlich gar nicht so schwer ist und alles nur auf die hinterste
Silbe ankommt, welches ein O sein mus. Ungefehr so:
Loinmio deuto umio viro
Itlitio miro riumio biro
Trinkst äuio lidro >V6ino
Lollenkiollo Diro soleüion eino.
Ich glaube, daß ich schon durch Anstrengung auch in das
strasenreiberliche schöne Jthalien damit leicht durchkommen wirde,
wenn ich mir nur Mihe geben wollte.
Nachdem wir nun drei Stunden in krummgebickte Stellung
und in das firchterlichste Heise Glühma gesessen hatten, gingen
wir mit Kreuzschmerzen und befriedigten Genuse nach Hause.

Daß Wien auch ein sehr verliebtes Bublikum besitzen
muß, dieses beweisen schon die kleinen Briefkasten, welche man
an die verschiedenen Heiser angebracht hat und welches wahr-
scheinlich nur blos für die Liebesbriefe und solches andres klein-
lichtes Vormat berechnet ist. Denn wie ich wollte Heute einen
Brief an meine gelibten Anverwandten in Pirna hineinstecken,
so ging es nicht, weil ich dazu zwei Briefbogen auf einmal
genommen hatte. Es sollten also für solche Familichenange-
legenheiden doch etwas größere Briefkasten gemacht werden mit
eine besondere Ueberschrift, da ich doch in mein Alter an meine
Gattin unmöglich mehr kann das Liebesbriefvormat erwchlen.
Um für die gar zu kleine Gröse der Briefkasten zu end-
schädigen, ist an die Sbalte von Meffinkblettchen eine tirkische
Granitschaarmusik angebracht. Welches auch gar nicht ibel ist.

Dieser Gestrige Tag war der merkwirdigste Augenblick in
mein ganses Leben, indem ich in die Wiener Unterwelt gewesen
bin. Hicrdabei glaubt man aber nicht zu denken, daß Einen
etwa der Teifel geholt hette, sondern es war blos der soge-
nannte Estherhatzikel ler, welcher in alle Reisebcschreibungen
eine Rolle sbiclt.
Nachdem wir uns durch viele kleine Gäßchen und Winkel
hatten hindurch gearbeitet, waren wir endlich nach vieles Fragen
dorthin gekommen. Da wir vermutheten, daß es jedenfalls
ein sehr hohes Bublikum dort geben mißte, hatten wir uns in


Fracks und Glaseehandschuh bekleidet. Wir erstaunten daher
gar nicht wenig, wie wir auf einmal vor eine alte finstere
Thirc standen, wo daneben auf eine schwarze Tafel mehrere
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Herrn Graf's Tagebuch über eine Reise nach Prag und Wien"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Dunkelheit <Motiv>
Bierkeller
Sturz <Motiv>
Treppe <Motiv>
Karikatur
Reisender <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Wien

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 24.1856, Nr. 573, S. 162
 
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