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146

Herzog Christoph s Wurf und Sprung.

„Tie Sünde nehin' ich auf mich, Vater!" sagte Gertraud,

! ihm die Hand drückend. Tann trat sie zu Christoph, legte
, die Rechte auf das Herz und sprach feierlich mit sicherer
Stimme: „So wahr Gott über mir ist, ich nehme den Kauf-
herrn nicht, und wär' er reicher, als alle Kaufherren zu
Venedig und Amsterdam zusammen, und schöner, denn alle
Engel im Himmelreich.

„Jetzt ist's aus," sagte Heidelolf ernst, „du hast ge-
schworen und ein ehrliches Christenkind bricht seinen Schwur
! nicht."

Herzog Christoph sah mit Rührung auf die wundersam
treue Maid.

„Jungfrau," sprach er, „das thun Euch nicht viele nach,
j Gottes Segen wird Euch dafür anders lohnen. Wer weiß
j auch, ob Ihr gut gethan hättet, dem Philipp abzulassen! So
i bringt Ihr gleicheren Theil zu, aber eines reichen Mannes
; arme Frau zu sein, reicht in Freuden gar selten viele Jahr'
hinter die güldenen Flitterwochen."

„So mag's wohl sein," setzte Heidelolf ehrerbietig bei,
„und da 's nicht sein soll, so sei's für alle Zeit abgethan,
ja und trat er jetzt gleich herein, so sagt' ich: viel Ehr',
aber 's kann halt nicht sein! Jst's so recht, Gertrauds"

Sie flog an seine Brust. Er küßte sie auf die Stirne
! und wischte sich die Thränen aus den Augen. „Weiß ja wohl,
was die Liebe ist." sagte er, „was ich gerannt bin meilenweit
und wie viel ich Holzblöcke verschnitten in der Verwirrung
meiner Sinne, bis ich deine selige Mutter errungen. Hätten
sie niir doch auch die reichste, schönste Jungfrau bieten dürfen,

, hält' cs auch nichts gefruchtet, denn ich wollte halt auch nur
die Elsbeth und gar keine Andere auf der ganzen Welt, als
gerade die Elsbeth!"

Herzog Cristoph legte dem biederen Bildschnitzer in ver-
traulicher Gnade und Theilnahme die Hand aus die Schulter,
dabei er ihm tief in das feuchte Auge sah. „So sei es denn,"
sprach er drauf, „da Ihr Euer Wort so treu haltet, will ich
auch das meine halten, Frau Försterin."

„Försterin?" riesen Vater und Tochter.

'„Und das Letzte soll cs nicht sein, was ich für ihn
thue," fuhr Christoph fort, „doch umsonst und sonder einige
Plage soll er Euch nicht gewinnen. Auch könnt' ich es nicht
: verantworten, daß ich dem Kaufherren in den Weg getreten.
So hört denn, was ich mir da als das Beste denke, und wie
es sich der Kaufherr Zunrith selbst zuzuschreiben hat, so er
Euch nicht gewinnt: denn daß der Philipp den Sieg davon
trägt, das wollt Ihr wohl selber nicht minder glauben, denn
' ich." Und nun entdeckte er den Beiden sein ganzes Vorhaben.

„Aber wann er nun nicht das Beste gewinnt — was
: dann?" seufzte Getraud.

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„Wie soll der Philipp nicht gewinnen," tröstete sie
Christoph „Ich müßt in allen deutschen Landen Keinen,
der mit ihm in die Wette werfen dürft' oder springen."

„So 's denn Euer gnädigster Wille ist, Herr Herzog,
so muß es wohl geschehen," entgegnete Gertraud halb ver-

zagend — „aber was gräm' ich mich, Ihr werdet ja wohl
am besten wissen, ivas der Philipp vermag — also in Gottes
Stamm, und Euer Wille, hoher Herr, geschehe!"

„Somit Gott befohlen," sprach Christoph, „und meine
fürstliche Gnade bleibt Euch alle Zeit. Hier die Zahlung,
Meister Hans, für den Johannes:" — er legte zwölf Gold-
gulden hin, viermal mehr, denn bedungen; — „noch heute
bringt ihn in die Hofburg; dem Philipp sagt Ihr von nichts!"
Und freundlich den Vater grüßend, dem bei dem vielen Golde
fast schwindelte, heftete er noch einen Blick auf Gertraud,
die wohl nicht ahnte, wie ihre Schönheit und Anmuth den
fürstlichen Herren ergriffen, und welchen großen Sieg er er-
rungen, fast so groß, als der, welchen sie in ihrer Treue
erfochten, da er für einen Andern sorgte, wo er ja gerne für
sich selber hätte werben mögen. Dann ging er, vom Bild-
schnitzer begleitet, die Treppe hinab, und lief es gar schnell
durch die Nachbarschaft, der Herzog Christoph sei bei Meister
Hans von Landsberg gewesen. Gertraud aber lag oben auf
den Knieen und betete in herzinnigster Andacht: „O du guter
Gott, laß doch den Philipp recht weit werfen und springen!"

6.

Es war Nacht. Der Himmel hatte sich umwölkt und
viel Regen stand bevor. Da schlich Einer vor Getrauds
Fenster auf und nieder, bald nah, bald ferne am Haus,
drüben oder herüben. Es war Philipp.

Wie er nun einmal stillstand, und an die Häuser ge-
lehnt, der zehnten Stunde harrte, dabei in der tiefften Seele
träumte, was es schön wäre, wenn er um die Zeit bei der
Gertraud sein dürfte, sah er eine Gestalt nahen, die, gleich
ihm, in einen Mantel gehüllt, sich des Bildschnitzers Woh-
nung nahte, und, den Blick auf Gertrauds Fenster gerichtet,
schwerfällig auf nnd ab ging.

„Das ist ja gar der verwünschte Herr Florian!" brummte
Philipp zornig vor sich hin. „Rathsherr, ich sag dir, mach'
mich nicht-scheu, sonst sollst du merken, wer hinter dir steht!"
— Es währte aber nicht lange, so kam noch ein Anderer
des Weges, auch in einen Mantel gewickelt. Der ging auch
still auf dasselbe Haus zu, und wie tief er auch den Hut
in's Gesicht gedrückt hatte, Philipp's Falkenauge erkannte doch
sogleich, daß es der Kaufherr sei, der beim Herzog zuge-
sprochen. „Alle Heiligen," raunte er, „was soll das sein?"
Wäre der am Ende der mächtige Nebenbuhler?!" Er meinte,
er müsie vor lauter Schrecken Umfallen. Aber er fiel nicht
um, denn der Zorn hielt ihn aufrecht. Während er sich so
das Alles betrachtete, war der Kaufherr zur Seite des Herrn
Florian getreten und hatte ihn fest angeblickt. Dem wohl-
weisen Herrn ward dabei nicht wohl, er ging etwas Weniges
hin und her, in der Meinung, der Andere sollte seiner Wege
gehen. Der Kaufherr that auch dergleichen, da aber Herr
Florian wieder beim Fenster stand, stand der Andere alsbald
auch wieder bei ihm und fragte plötzlich: „Herr, was habt Ihr
da zu thun und wem gilt Euere Schildwach-'?"

„Das wird Euch wenig kümmern," versetzte Herr Florian
Hupfinsland zornig, „vielmehr frag' ich Euch, was habt Ihr
da zu thun und wem gilt Euere Schildwach'?"
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