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So Du mir, so ich Dir.

Salomo Schönbcin war erster Commis bei Hanke &
Blcnkert, einer großen Ausschnittwaarenhandlung in Zcheim
und eincn^ schmuckeren jungen Mann gab cs kaum unter den
weiteren 13,000 Einwohnern der kleinen aber äußerst leben-
digen Stadt.

Mit der Haute volee dabei fortwährend in Verbindung

— denn Hanke & Blcnkert führten nun einmal die billigsten
und besten Maaren im Orte — konnte es ihm auch nicht fehlen,
daß er sich deren Sitten aneigncte, soweit das nämlich den
äußeren Menschen betraf. Er ging stets ü guatrs epingles
gekleidet, trug Sonntags wie Alltags den modernsten Frack,
die brillanteste Weste, das größte Uhrgehänge, die engsten
Beinkleider und das blaueste Halstuch, und die Art, wie er
die Haare mitten über der etwas niederen Stirn scheitelte und
an beiden Seiten in sorgfältig gebrannten Locken kräuselte,
war nicht zu beschreiben.

Kein Wunder denn, daß es wenige junge Mädchen in
Xhcim gab, von denen Salomo Schönbein nicht fest überzeugt
gewesen wäre, daß sic für ihn schwärmten, und wenn es
seinen Verdiensten galt, hätte er die Wahl haben können bei
Hoch und Niedrig. Aber Salomo Schönbein trug auch ein
Herz in der Brust, und mit dem Herzen ist cs ein gar wun-
derliches Ding; das läßt sich auf keine Vernunftgründe von
Stand und Rang ein, das wiegt kein Geld und mißt keinen
Grundbesitz, und was es einmal erfaßt hat, hält cs fest —
bis cs wieder los läßt.

Salomo Schönbein liebte also, und zwar — dem Leser
nicht länger etwas vorzurnthaltcn, das er doch erfahren muß

— die Tochter seines Wirths, des Schneidermeisters Ehrlich
in der Essiggajsc Nr. 17.

Fanny war auch ein liebes prächtiges Mädchen; aufgeweckt
und heiter, mit regelmäßigen lebendigen Zügen, und von

schlanker, reizender Gestalt, jedenfalls ein Mädchen, irgend
einen jungen Mann, selbst von den Vorzügen, wir sie Sa-
lomo Schönbcin besaß, zu fesseln.

Fanny's Vater, Herr Ehrlich, war nicht reich, aber er
besaß doch ein kleines Häuschen in einem belebten Thcile der
Stadt, hatte eine vortreffliche Kundschaft, und — sollte auch
Vermögen haben, eine Eigenschaft, die Salomo Schönbein fehlte.
Der Meister besaß außerdem auch noch eine gute Portion ge-
sunden Menschenverstand, und hatte schon mit dem jungen
Manne darüber gesprochen, daß cs bei seiner Bekanntschaft gar
keine so üble Spekulation sein würde, wenn er sich selber
ctablirte. Credit konnte ihm Herr Ehrlich schon verschaffen,
und manche der Geschäftsfreunde von Hanke & Blcnkert wür-
den ihn ebenfalls mit Vergnügen ^unterstützt haben.

Salomo Schönbcin wollte im Anfang nicht recht daran,
denn sein gutes Herz sagte ihm, daß er seine früheren Prin-
zipale, wenn er Ihnen Concurrenz cröffnctc, ruinircn würde,
aber, lieber Gott, Jeder ist sich selbst der Nächste. Meister
Ehrlich erbot sich, ein kleines Kapital vorzuschießen, und die
Trauung mit Fanny ward auf den nächsten Monat festgesetzt;
die ganze Sache aber noch vor Hanke & Blcnkert geheim
gehalten, da er sic dicht vor der Messe nicht verlassen konnte,
und nicht eher kündigen wollte, bis Alles in Ordnung war.

Arme Sterbliche die wir sind — die wir Pläne für
den nächsten Morgen machen und nicht wisse», ob die Maschine
die wir unfern Körper nennen, noch bis zur Abenddämmerung
zusammenhält, oder ob das Schicksal, jenes launische Ding,
uns nicht jeden Augenblick ein Bein stellen und uns mit
allen unseren Plänen über den Haufen werfen könnte.

Fanny saß daheim und nähte mit dem Fleißc einer !
Biene an ihrer Ausstattung und Salomo hatte sich von seinen
Prinzipalen einen Tag Urlaub geben lassen, mar hinaus vor
das Thor in daö dort befindliche Lustwäldchen gegangen und j

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