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b • Handlungen, sowie von allen Postämtern und W ----- 4 d D • pr-i« für den Land von 26 Nummern o st 54 kr »^ "

Z c itungscrpcditi o n c n angenommen. _^ 2 Rthlr. 5 L-gr. Einzelne Nummern kosten 12 kr. oder 4 Sgr.

Poesie und Prosa.

(Fortsetzung.)

Diese hatte mit offenem Munde den lcidenlchaftlichcn Hcr-
zonscrguß Emmclincns vernommen und das tiefste Erstaunen
fesselte jetzt auch ihre Zunge. Endlich stammelte sie: „aber
wein Fräulein — Ihr unerwartetes Gcständniß — so sehr
wich Ihr Vertrauen beglückt —"

„Hinweg mit diesen Formeln der Eonvenienz!" rief ein-
fallcnd die Herrin des Eulenhorst mit leidenschaftlicher Hast,
und ihre Arme umschlangen fest und innig Clothildcn. „2ch
wuß ein Herz haben, ein theilnehmcndcs Herz und nur die
Freundschaft vermag cs mir ganz zu geben. Daher mögen denn
fallen die Schranken der Sitte und des Herkommens, lasse uns
Schwestern werden und das trauliche Du den neuen Bund be-
mogeln und dieser innige Kuß gebe ihm die Weihe!"

Und sie zog das Mädchen mit Heftigkeit an sich und
ihre Lippen brannten auf den ihren. Clothilde wußte vor
Ueberraschung nicht wie ihr geschah, sic duldete mit geschlossenen
Augen den Kuß der Freundschaft und ein leises Bebe» durch-
aus ihre Glieder. Ihre Augen wurden feucht und sie heftete
sse halb scheu, halb zärtlich auf die neue Schwester. Dann
zitterte cs leis über ihre Lippen: „welche Güte — ich verdiene
s>e ja nicht!"

„Auch die Zurückhaltung hat ihre Grenzen," sprach Emmeline
und das anmuthige Lächeln, das ihre Lippen umspielte, verlieh
ihrem Gesicht ein besonderes Interesse. Einen Augenblick schaute
Elothilde vor sich nieder und cs schien, als ob sie mit einem
Entschlüsse ringx. Dann richtete sie sich aus der gebeugten
Stellung, die sie angenommen hatte, empor, sah die Freundin
holl und klar an und sprach, indem sic ihr in die Arme sank:
--ja, ich will Dein sein, Dein — ob auch schon die Trennung,
bcn kaum sich Gefundenen winkt — zum Nimmerwiedersehen."
Die letzten Worte hatte die Hocherrcgte kaum hörbar gc-

lispelt, sie gingen unter in dem heiligen Moment, den die
Freundschaft feierte, lind kein tückischer Zufall störte die Weihe,
kein heißer Thce rieselte auf Emmclincns Arm herab, keine
zornige Wespe nahte sich, kein unberufener Lauscher weilte in
der Nähe. Oben aber in den dichten Zweige» der Flicdcrlaube |
wiegte eine Grasmücke wie nachdenklich das kluge Köpfchen
und neben Emmelincns Fuße durchwühltc, gravitätisch dahin-
kriechend, ein großer Goldkäfer den gelben Sand. Weiter pas-
sirtc nichts. —

Auf dem Eulenhorst ging's die nächsten Tage sehr still
zu. Die beiden Damen waren wie umgcwandclt und ihre
frühere Rührigkeit hatte plötzlich einem gemessene» Wesen, das
sic gegen ihre Umgebung zeigten, Platz gemacht. Der Inspek-
tor schüttelte zum Ocftern den Kopf, wenn die Gebieterin ge-
senkten Hauptes in den düsteren Partien des Parkes langsam
dahinwandclte oder Clothilde ihn zwar förmlich, doch leutseliger
als sonst grüßte. Freilich vermochte er nicht zu errathcn, daß
Gott Amor jüngst auf dem Eulenhorst pürschen gewesen und
seine Pfeile mitten in'S Ziel gesendet. Daran dachte der ehr- !
lichc Landwirth inindestcnS hinsichtlich Emmelinenö nicht, weil
diese in einem Alter sich befand, welches — er dachte sich die
Sache als paffionirter Waidmann — der wählige Gott in
dem Bereich feiner Ercursionen zu ziehen nicht mehr liebt,
kurz er stellte sich das gnädige Fräulein als ein nicht mehr
jagdbares Wild vor. Hätte dieses von dieser waidmännischcn
Anschauungsweise ihres Inspektors eine Ahnung gehabt, er
würde augenblicklich seiner Stelle verlustig geworden sein. So
aber wurde Emmeline die maliziöseste aller Kränkungen, die
ein Mädchen treffen können, erspart und nichts riß sic aus
ihren Träumereien, denen sie sich mit der ganzen Kraft ihres
leidenschaftlichen und schwärmerischen Temperaments hingab. Sie

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